Im Glanz Der Sonne Zaurak
getäuscht haben. Lassen Sie Viktor in Ruhe!“
Marius Askart macht keinerlei Anstalten, sich den frechen Ton zu verbitten. Im Gegenteil, sein Gesicht nimmt den Ausdruck tiefsten Schuldbewußtseins an, und er murmelt stockend: „Sie haben recht, Leander, entschuldigen Sie…“ Dann dreht er sich um und verläßt steif die Kombüse.
Bevor er die Tür hinter sich zuzieht, sieht er Algert Ponape hinter einer Biegung des Korridors eiligen Schrittes ve r schwinden.
„Leander, mein Gott, du bist so unbeherrscht“, sagt Viktor vorwurfsvoll. „Du bringst dich noch mal um Kopf und Kragen… Trotzdem, danke schön!“
Leander reagiert nicht darauf. Wütend starrt er vor sich hin. „Was ist nur in ihn gefahren…“ Viktor hantiert wieder mit der Schweißklammer. Nach einer Weile sagt er wie beiläufig: „Wenn es nicht so ulkig wäre, würde ich glatt behaupten, Askart ist eifersüchtig.“
Ächzend hinkt Ahab in der Kapitänskajüte auf und ab. Irgend etwas ist mit der Beinprothese nicht in Ordnung, das Knieg e lenk hat nicht mehr die volle Beweglichkeit, und so knallt der Fuß der Prothese bei jedem Schritt wie ein Pferdehuf auf den Boden. Es ist ihm nicht gelungen, den Fehler ausfindig zu machen. Jeder Schritt ist wie eine Ohrfeige für ihn.
Fast ist es ihm gelungen, die quälenden Gedanken an sein Martyrium zu verdrängen, sie in einem Schwall von Arbeit zu ertränken, zu ersticken, sie gewaltsam niederzutrampeln – da muß ein winziger Fehler in der Mechanik das mühsam errichtete Kartenhaus, das zum Gefängnis der peinigenden Erinnerungen werden sollte, wie bei einem Windstoß zusa m menfallen lassen.
Ahab humpelt zum Kontrollbildschirm und will sich gerade mit der Brücke in Verbindung setzen, da sieht er auf dem matt schimmernden Glas sein Spiegelbild. Unter den in die Stirn fallenden fettigen schwarzen Strähnen hervor blitzen zwei böse, von einem Strahlenkranz kleiner Fältchen eingeschloss e ne Augen. Die von den Nasenflügeln abwärts verlaufenden tiefen Falten geben dem schmallippigen Mund einen harten und leidenden Zug. Es ist das Gesicht eines tyrannischen alten Mannes.
Als er den eigenen bösen Blick auf sich ruhen fühlt, zuckt Ahab zusammen. „Das ist also aus dir geworden, Remgar Arnold“, flüstert er verbittert. „Ein alter einsamer Mann, ohne Freunde, ohne Frau, ohne Kinder…“ Dann ballt er die Fäuste und lacht kurz und häßlich auf. „Genug, Kapitän Arnold. Mach dich an die Arbeit, statt unnütz vor dich hin zu greinen, dazu hast du genug Zeit, wenn man dich endgültig aufs Abstellgleis geschoben hat.“
Bevor er die Ruftaste drücken kann, um sich das Bild der Brücke auf den Bildschirm geben zu lassen, klopft es schüc h tern gegen die Kabinentür. „Herein“, sagt er unwirsch und dreht sich um.
Algert Ponape tritt zögernd ein, schließt die Tür und nimmt Haltung an. „Kapitän, gestatten Sie, daß ich eine Meldung mache?“ Die Stimme klingt vor Erregung schrill.
Ahab mustert ihn kühl. Kein Zweifel, Ponape will jemanden denunzieren. Sein Adlergesicht glänzt vor Erregung wie eine Speckschwarte. „Reden Sie, Ponape!“ befiehlt Ahab herrisch.
Algert schluckt und holt tief Luft. Er weiß, Ahab kann Petzer nicht ausstehen, doch es geht gegen Malden, und gegen diesen Namen ist Ahab noch allergischer als gegen Denunziationen. „Es handelt sich um Kadett Malden, Kapitän!“
Ahabs Gesicht nimmt einen noch finsteren Ausdruck an. Ein böser Geist scheint die Leviathan heimgesucht zu haben in der Gestalt des Menschen Leander Malden, schießt es ihm durch den Kopf.
„Ich bin Zeuge einer Auseinandersetzung zwischen Malden und dem Chefnavigator geworden, in deren Verlauf Malden seinem Vorgesetzten gegenüber äußerst disziplinlos und ohne jeden Respekt aufgetreten ist. Er hat den Chefnavigator sogar beschimpft!“
Ahabs Augenbrauen kriechen wie zwei schwarze, borstige Raupen aufeinander zu und schieben die Haut über der Nasenwurzel zu einer steilen Falte zusammen. Seine Augen scheinen in ihren Höhlen zu versinken wie Kindermurmeln im Schlamm, und nur das zornige Blitzen dringt durch das Gestrüpp der Wimpern. „Worum ging es?“ stößt er schnaubend hervor.
Algert überlegt kurz. Ihm bietet sich jetzt die einmalige Chance, auch Askart in Mißkredit zu bringen, soll er sie nutzen? Er beschließt, vorsichtig zu sein. „Malden warf dem Chefnavigator vor, den Koch Viktor Sandies zu…, zu schik a nieren, und drohte ihm. Er…“
Ahab unterbricht ihn. „Malden und
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