Im Glanz Der Sonne Zaurak
Lea n der unwillig.
Das Gespräch mit Dr. Pinn kommt ihm in den Sinn. Tag e lang hat er sich wie ein Aussätziger gefühlt, glaubte gehässiges Flüstern und Tuscheln hinter seinem Rücken zu hören. Ihm war klargeworden, daß Ahab ihn in der Hand hatte. Wenn Ahab den anderen gegenüber auch nur ein Wort verlauten lassen würde… Aber das Wissen um die Feigheit und das Versagen des Vaters hat seinen Ehrgeiz noch mehr entfacht, Leander noch mehr Kraft gegeben in seinem Bestreben, allem und jedem die Stirn zu bieten. Jetzt hat er die erste Chance, zu beweisen, daß Leander Malden ein anderer Mensch ist als Anatol Malden. Leander Malden läßt einen Gefährten nicht im Stich, das sollen alle sehen!
Er schwingt sich aus dem Gleiter. Gedankenschnell fängt er den Aufsprung mit weich federnden Knien ab. Sekunden später muß er über sich selbst lachen: Mag die Decke noch so dünn sein, auf der er steht, wenn sie den schweren Gleiter trägt, sind seine Sprünge und Sätze für sie wie das vorsichtige Trippeln eines Flohs.
Osmar meldet sich wieder: „Wie war das mit den beiden Blitzen, die du gesehen haben…, äh, die du gesehen hast, Pyron?“ Er hat sich taktvoll verbessert, als ihm offenbar einfiel, in welcher Lage sich der Gefährte befindet. „Wenn das Leute von der Agamemnon waren, müßten sie sich doch schon bemerkbar gemacht haben!“
Pyron antwortet einsilbig: „Ich habe sie aber gesehen, zwei Feuerstrahlen, wie aus den Nüstern eines Drachens…“
„Na, hoffentlich hat unser Siegfried sein Wunderschwert griffbereit!“
Leander horcht mißtrauisch auf. Von Sargon ist er Spott nicht gewöhnt. „Wie meinst du das?“ fragt er aufbrausend.
„Reg dich nicht gleich auf, Malden. War bloß ein Spaß“, beschwichtigt ihn Osmar und fährt fort: „Sag lieber, ob du irgendwo Spuren der beiden Erkunder siehst. Menschen hinterlassen immer Spuren, ob in Parkanlagen oder auf fremden Planeten, sie müssen immer etwas in Baumrinden ritzen, an Wände krakeln oder die Wiesen und Wälder mit Papierfetzen dekorieren…“
Leander geht ein paar Schritte und sieht sich um. Die frem d artige Natur macht einen unberührten Eindruck. Seine Füße treten langhaarige, ineinander verfilzte Moospflanzen nieder. Oder soll er das, was den trügerischen Boden unter seinen Füßen bedeckt, Rasen nennen oder Gras oder Wiese oder wie?
Die Fauna des Planeten hält sich vor dem Eindringling versteckt. Nichts rührt sich zwischen dem bizarren Flechtwerk der Büsche.
„Hier ist kein Mensch außer uns, wer weiß, was Pyron gesehen hat“, antwortet er leichthin.
„Ekalla hat auch Lichtblitze gesehen!“ begehrt Pyron auf.
„Ekalla!“ sagt Algert verächtlich. Es ist seit Minuten das erstemal, daß er etwas von sich hören läßt.
Leander blickt nach eben und beschattet die Augen mit der Hand. Osmar und Algert kreisen immer noch ruhig und gleichmäßig über ihm. Wie Raubvögel! kommt es ihm in den Sinn. Dann macht er sich auf den Weg. Nach einer Strecke von vielleicht hundert Metern trifft er auf Spuren, die die Kufen des Gleiters Echnaton hinterlassen haben. Tiefe, handbreite Rillen, an den Rändern mit dem inzwischen ausgehärteten Glei t schaum. Die Kufen haben das Geflecht wie ein Rasiermesser zerschnitten…
An der Absturzstelle klafft ein meterlanger Riß im Boden. Seltsam ist nur, daß er lediglich einen knappen Meter breit ist. Leander sieht sich die Sache genauer an. Der Riß bildet das Ende einer Spur, die die rechte Kufe hinterlassen hat, gleic h zeitig wird der Abdruck der linken schwächer. Dann stellt sich Leander an den Rand des Risses und wippt. Tatsächlich, der Boden gibt nach! Nun ist auch das klar! Der Gleiter ist über die rechte Kufe abgekippt, weil der Boden dort schneller nachgab. Danach federten die beiden Hälften der Schnittstelle wieder zurück und ließen nur noch eine schmalen Schlitz frei.
Leander schaltet seinen Helmscheinwerfer ein und leuchtet hinunter. „Ich sehe dich, genau über mir!“ ruft Pyron erfreut aus.
Tief unten glaubt Leander ein metallisches Blinken wahrz u nehmen. Wie soll er dort hinuntergelangen? Und vor allem: Wie sollen sie den Gleiter wieder herausbekommen? Den müssen sie wohl vorläufig abschreiben. „Hat einer von euch zufällig eine Seilwinde oder Strickleiter im Gepäcknetz?“ fragt er die anderen. Die schweigen. Also nicht. Dann muß er so hinunter, wenn Pyron eingeklemmt ist und sich nicht selbst befreien kann. Mit den Füßen Halt suchend, zwängt Leander sich
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