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Im Heimlichen Grund

Im Heimlichen Grund

Titel: Im Heimlichen Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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und die Firne leuchten rot. Komm zum Bach!« Das Waschen im kalten Bachwasser machte sie munter und froh. Unterwegs zur Höhle mühte sich Eva, mit den Fingern ihr wirres Haar zu ordnen, und Peter zeigte ihr stolz den Schmuck über dem Höhlenzugang.
    »Jetzt essen wir aber!« Die zähe Bockszunge war mit harter Haut bedeckt und trotz aller Würze ungenießbar. Enttäuscht gingen sie an eine Arbeit, die recht unangenehm war, die aber nicht aufgeschoben werden durfte.
    Die Gedärme des Bocks mußten gereinigt werden. Peter wußte von früher her, wie er das anzupacken hatte. Erst wurde es zwischen Holz und Stein vom anhaftenden Fett freigeschabt, an einem Ende vorgestülpt und unter dem Druck des einströmenden Bachwassers das Innere nachaußen gekehrt, so daß sich der Darminhalt in den Bach entleerte. Dann wurde es mit einem Schabholz von den Schleimhäuten befreit und gewaschen und schließlich noch durch die Hand gezogen und die eingedrungene Luft hinausgedrückt.
    Am Gedärm des Eichhörnchens, das lose vor der Höhle hing, hatte Peter die Erfahrung gemacht, daß es beim Trocknen zu einem hornigen Klumpen eingeschrumpft war. Deshalb verwandelte er das Bocksgedärm durch Drehen in eine Art Saite, die er dann zum Trocknen spannte.
    Nun sah er sich nach etwas um, womit er sie glatt machen könnte. Er fand am Bachrande einen dazu tauglichen Oberschenkelknochen eines Rehes. Wo das Grübchen unterm Rollgelenk war, durchlochte er den Knochen mittels eines spitzen Hartsteinsplitters so, daß er das obere Ende der Saite durchfädeln konnte. Dann band er die Saite an einem Eschenbäumchen fest, drückte sie mit dem Daumen über das glatte Rollgelenk und setzte sich rückschreitend in Bewegung. So mußte die Saite durch das Loch im Knochen gleiten, wobei die Luftbläschen inihrem schlaff herabhängenden Teile weitergetrieben wurden. Der neue Saitenglätter entließ die Saite wie rundgeschliffen und spannte sie gleichzeitig. Sie wurde länger. Seiner Erfindung froh, verwahrte Peter das gelungene Werkzeug nach Beendigung dieser Arbeit zu künftigem Gebrauch. Dann wickelte er die Saite so straff auf einen Stab, daß sich dieser bog. Das gab zwölf Mannslängen starken Bindfaden. Diesen kostbaren Vorrat trug er zur Höhle hinauf und hängte ihn ans obere Ende des Steigbaums.
    Jetzt erinnerte sich Peter des Bocksrumpfes, den er an der Steinschlaglehne gelassen hatte. Ob dort das Raubzeug schon beim Fraße war?
    Er schulterte seinen Korb, nahm den Faustkeil an sich und sagte Eva, daß er allein fortgehen wolle.
    Sie wollte ihn nicht von sich lassen.
    Da stellte er sich herrisch vor sie hin: »Das Jagen ist Männersach'. Du wärst mir nur im Weg. Mach du zu Haus deine Arbeit.« Seine Stimme klang rauh.
    »Ja, was denn?« wandte sie weinerlich ein.
    »Ordentliche Körb' mit runden Böden.«
    »Aus freier Hand geht's nicht«, gab sie zurück.
    »So, dann will ich dir eine Unterlag' bringen.« Und fort war er.
    Durch einen Tränenschleier sah Eva ihm nach; so grob hatte er sie noch nie behandelt. Erbitterung überkam sie. Sie hörte, daß er mit wuchtigen Hieben irgendein Holz bearbeitete. Er blieb lange aus. Dann sah sie, wie er keuchend einen Baumstrunk heranwälzte, rührte sich aber nicht von der Stelle, um ihm zu helfen.
    Als er mit dem unförmigen Ding vor der Höhle angelangt war und sich den Schweiß von der Stirn strich, tat er ihr wohl leid, aber sie rührte keine Hand. Da fuhr er sie an: »Steh nicht so da, der Werkstrunk muß 'nauf. Ich heb' ihn und du ziehst.«
    Langsam und sperrig ließ sich die Last emporschieben. Endlich langten die beiden oben an. Peter, noch atemlos, bearbeitete schon den Lehmboden, um für die Wurzelstummel des Strunkes Vertiefungen auszuheben. Dann aber mußte er die splittrige, quer von Ameisengängen durchzogene Bruchfläche des Strunkes lange mit Schneid- und Schlagsteinen bearbeiten, bis sie nur halbwegs eben wurde. Zum Schluß holte er einen grobkörnigen Granitbrocken und raspelte damit die letzten Unebenheiten weg.
    Dann rutschte er über die Felsrinne hinunter und holte Waldreben. Mit Fäustel und Steinmesser hackte und schnitt er die schmiegsamen, oft wirr ineinanderverflochtenen Ranken nahe über dem Boden ab, bis er einen schweren Bund beisammen hatte. Den schaffte er in die Höhle, kniete sich vor den Strunk und begann die Flechtarbeit, wie er sich's ausgedacht hatte.
    Eva reichte ihm neue Ranken zu, die er zur Verdichtung des Grundsterns als Zwischenstrahlen einlegte, dann über den

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