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Im Heimlichen Grund

Im Heimlichen Grund

Titel: Im Heimlichen Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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könnten sie jeden Augenblick niedergehen.
    Von dorther kamen die Steinschläge, vor denen niemand sicher war, der es wagte, zur Zeit der Schneeschmelze, nach Regenwetter oder gar bei einem Gewitter in die Klamm einzudringen, um den Heimlichen Grund aufzusuchen! Der Alte legte die Stirn in Falten. Ging das Gewitter vor Nacht nieder, dann würde sich der Klammbach in ein gischtendes Wildwasser verwandeln, das die schmale Schlucht hoch anfüllte; kam es in der Nacht, während sie in der Klamm waren, so brachte es ihnen den sicheren Tod. Im offenen Gelände aber durften sie nicht vordringen. Jeder, der ihnen auf die Spur kam, konnte sie dem Gericht ausliefern. Erst im Dunkeln durften sie den Abstieg wagen.
    Der alte Köhler bangte um die Kinder, die noch das Leben vor sich hatten, und um seine Schwester, die ihnen als Pflegemutter unentbehrlich war. Eilig nestelte er seinen Rucksack auf, in dem er neben dem Feuerzeug und den notwendigsten Werkzeugen den Alraun versteckt hatte. Er öffnete das Kästchen des Schutzgeistes, um sich von ihm Rat zu holen. Da rollten einige Erzstücke, die beim Tragen ihre Lage verändert hatten, dem Alraun auf die verbogenen Füße. Er richtete sich von seinem Lager auf und blieb dann ruhig sitzen, das Gesicht der Klamm zugekehrt. Jetzt gab's für den Alten keinen Zweifel mehr: Der Alraun wies nach der Klamm!
    In der Mittagssonne des überheißen Sommertages überkam den alten Mann eine große Mattigkeit; er wäre eingeschlafen, wenn der Durst ihn nicht so gepeinigt hätte. Rasch weckte er die Schwester.
    Sie rüttelte die Kinder wach und teilte vom geringen Rest an Brot, Speck und Käse aus ihrem Rucksack jedem sein Mittagsmahl zu. Die Kinder schliefen wieder ein.
    Am Spätnachmittag wurden sie unruhig. Zuerst wachte Eva auf, rieb sich die Augen und klagte über Hunger und Durst. Dann erhob sich Peter, holte sein Messer aus derJoppe und begann nach Hirtenbubenbrauch Eberwurzen und Sauerklee in seinen Hut zu sammeln. Hier und dort fand er auch eine Schwarzwurzel. Er selbst kaute während der Arbeit mit vollen Backen, dann bewirtete er mit den flüchtig ausgeschälten Blütenböden der Eberwurzdistel, den noch recht mageren Schwarzwurzeln und dem Sauerklee die anderen.
    Das Gewitter schien den Flüchtenden noch so weit entfernt, daß sie vor seinem Ausbruch durch die Klamm zu kommen hofften. In abergläubischem Vertrauen zum Alraun begannen sie den Abstieg. Als sie bei den Zirbelkiefern des Talgrundes anlangten, ließ ein Knistern im Bodenreisig sie vor Schreck zusammenfahren. Gott sei Dank, es waren keine Verfolger! Zwei Stück Rehwild brachen durch das Jungholz und verschwanden im dunklen Wald. Endlich standen die Flüchtlinge im Bett des Klammbachs, dem einzigen Weg durch die Klamm. Im kühlen Wasser watend, drangen sie durch die Schlucht aufwärts, zwischen den Felswänden durch, die das Murmeln des Baches zum Getöse anwachsen ließen. Gegen das strömende Wasser, das ihnen über die Knöchel, manchmal sogar bis zu den Knien reichte, gingen sie mühsam an. Langsam schritt der Alte voran; seine Rechte tastete die Felsblöcke ab, mit der Linken zog er Peter nach sich, der Eva führte. Die Ahnl folgte als letzte.
    Solange der Widerschein des Mondlichtes auf dem unruhigen Wasserlauf lag, bewegte sich der Alte sicher vorwärts. Als esaber völlig finster wurde und er nicht wußte, ob ein überhängender Fels oder eine Wolke das Licht verdeckte, begann er zu stolpern, so daß er sich wiederholt die Schienbeine blutig schlug. Dann kamen Stellen, wo der Bach über Felsblöcke niedersprühte, die überklettert werden mußten. Das Getöse des stürzenden Wassers schwoll an solchen Stellen betäubend an und machte jedes Wort unverständlich. Als der erste Blitz die Finsternis erhellte und ein lang nachrollender Donner das Losbrechen des Gewitters anzeigte, wurde dem Alten bewußt, daß von der Schnelligkeit ihrer aller Leben abhing. Je höher sie in der Klamm emporkamen, desto schwieriger wurde das Vordringen. Stärker rauschte das Wasser, das nun steiler fiel. Dazu gesellte sich das Scheuern und Anschlagen des vom Bach geschobenen Gerölls; von den nahen und fernen Felswänden kam der Schall tausendfach gebrochen als Nachhall und Widerhall zurück.
    Plötzlich flammte wieder grellweißes Licht auf und zerriß für einen Augenblick die schwarze Nacht. Unmittelbar darauf erzitterte die Luft von einem Donnerschlag. Ihm folgte ein scharfes Knattern und grollendes Rollen. Das Gewitter war da. Blitz

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