Im Herzen der Feuersonne
hin.
»Lass sie!« Ben ging mit forschen Schritten auf
den Mann zu. Dessen Gesicht hatte etwas Grobes, seine pockennarbige Haut war von
der Sonne verbrannt. Ben bemerkte, dass er leicht hinkte â sein linkes Bein
schien kürzer zu sein als das rechte.
»Ein Sklavenfreund«, höhnte der Mann. »Das hab
ich gern!«
»Sie ist eine Sklavin?«, entfuhr es Ben.
»Stell dir vor«, erwiderte der Hinkende in
schlechtem Englisch. Sein Akzent lieà vermuten, dass er aus Holland oder
Flandern stammte. »Und sie ist nicht die Einzige. Meine Ãcker kann ich
schlieÃlich nicht alle selber bestellen. Und mein Haus putze ich auch nicht.
Dafür ist Sina da. Aber dieses Miststück â¦Â« Er versetzte der Frau einen Tritt,
so dass sie wieder zu Boden geworfen wurde.
»Schluss damit!« Ben hatte zwar gehört, dass die
Sklaverei in Südafrika üblich war, aber er selbst lehnte es ab, sich auf diese
Weise Arbeiter zu beschaffen; Menschen waren schlieÃlich keine Ware. »Ich ⦠ich
kaufe die Frau.« Er erschrak vor den Worten, die er unwillkürlich ausgestoÃen
hatte. Was sagte er da? War er wahnsinnig geworden? Aber er wusste genau, dass
es im Moment der einzige Weg war, die junge Frau vor dem brutalen WeiÃen zu
retten.
Schallendes Gelächter war die einzige
Antwort.
Ben tastete nach seinem Geld. Der kleine
dunkelbraune Lederbeutel hing an einem schmalen Lederstrick um seine Hüfte, von
Hemd und Joppe verborgen. Mit den Jahren hatte er gelernt, dass es ratsam war,
das Geld dicht am Körper zu tragen, denn so bot man Dieben weniger Gelegenheit.
Viel besaà er nicht mehr. Ein paar Taler und ein paar holländische Dukaten,
englische Sovereigns, mit denen sein Kapitän ihn zuletzt bezahlt hatte. Dazu
noch sieben Louis dâor â ein kleines Vermögen, das er bei allem Mitleid auf
keinen Fall anrühren konnte. Mit diesen Goldstücken musste er noch mehr Land
kaufen, ein Haus bauen, die Existenz gründen. Dafür hatte er jahrelang eisern
gespart. Aber da waren noch ein paar Silbertaler. Es waren deutsche Taler, er
hatte sie nie angerührt in den letzten Jahren, er wusste nicht einmal, ob sie
hier in der Fremde als Zahlungsmittel Gültigkeit hatten. Er konnte nur hoffen,
dass der Kerl sie annahm. Noch bevor er recht überlegt hatte, hielt er die
Münzen schon in der Hand. »Hier, mehr hab ich nicht.«
Das gierige Glitzern in den Augen des anderen
hätte ihm verraten müssen, dass er viel zu viel geboten hatte. Aber Ben trat
schon zu der jungen Schwarzen und reichte ihr den Arm.
Sie duckte sich, als erwartete sie erneut
Schläge.
»Sie gehört dir«, rief der Mann ungeduldig. »Ich
hab nicht ewig Zeit!« Er ging zu seinem Pferd zurück.
»Ich will sie und den Jungen.«
»Dann leg noch mal die Hälfte drauf.« Der
Hinkende war wieder aufs Pferd gestiegen, als fühlte er sich hier sicherer,
überlegener.
»Nein. Nehmt das Geld oder lasst es.« Ben gab
sich betont gleichgültig, doch er hoffte inständig, dass der andere sein Angebot
annehmen würde. Die Frau tat ihm leid, aber zu viel konnte er nicht für sie
opfern.
»Meinetwegen«, sagte der Reiter und nahm die
Münzen entgegen. »Aber ihre armselige Habe behalte ich!« Der hochbeinige Wallach
stieg wieder auf die Hinterhand, als der Pockennarbige ihm die Sporen fest in
die Flanken drückte. Der Reiter rief noch: »Los jetzt, Peer!«, dann preschten
die Männer davon. Zurück blieb nur eine bräunlich gelbe Staubwolke.
Ben sah den beiden Kerlen einen Augenblick lang
wie benommen nach, dann beugte er sich zu der jungen Schwarzen hin, die mühsam
aufgestanden war und die jetzt versuchte, ihm die Hände zu küssen.
»Lass das!« Als sie ihn verständnislos ansah,
fügte er hinzu: »Ich will das nicht. Sag mir lieber, was ich jetzt mit dir
machen soll.«
Die Frau zog ihren Sohn schützend an sich. » Dunno, Master â¦Â« Sie senkte den Blick, als hätte sie
Angst vor neuen Schlägen.
Ben sah es und schüttelte den Kopf. »Steh auf,
ich werde dir ganz bestimmt nichts tun«, versicherte er langsam und deutlich auf
Englisch. »Und deinem Kind erst recht nicht.« Unsicher blickte er sich um. Die
StraÃe war belebt, Kutschen fuhren rasch vorüber, ein paar Frauen standen auf
dem Gehweg und sahen neugierig herüber. Auch drei Soldaten waren Zeugen des
Zwischenfalls
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