Im Herzen der Feuersonne
zu vergessen, dass drauÃen der Sturm tobte, dass sie schon viel zu lange
fort war von daheim â¦
Doch endlich machte sie sich entschlossen von
Johannes los und zog sich in Windeseile an. Als Johannes zum Abschied die Arme
nach ihr ausstreckte, lachte sie leise und ging zwei Schritte zurück, bis sie
bei der Stalltür angekommen war. »Genug für heute«, meinte sie. »Ich muss mich
beeilen, gleich fängt es an zu regnen. Du weiÃt ja: Wenn du mehr von mir willst,
musst du mich zu deiner Frau machen.«
»Aber das ist â unmöglich! Unsere Familien â¦Â«
»Das kümmert mich nicht. Ich bekomme immer, was
ich will! Und ich will dich!« Trotzig warf sie die langen Locken in den Nacken.
»Bis bald! Ãberleg dir, ob du mich willst! Es gibt auch noch andere Männer, die
mich interessieren!«
Sprachlos sah Johannes ihr nach, wie sie über
den Feldweg in Richtung Hopeland ging. Mit stolz
erhobenem Kopf, leichtfüÃig, selbstbewusst. »Eines Tages gehörst du mir«,
murmelte er vor sich hin. »Und wenn ich dafür die Welt aus den Angeln heben
müsste!« Für einen Moment vergaà er seine Angst vor dem Vater und vor Ben
Ruhland. Verdrängte die Angst vor dem Skandal, den eine Beziehung zu Madeleine
hervorrufen würde. War sie es nicht auch wert, alle Schwierigkeiten zu
überwinden? Sie war schön, selbstbewusst, und nicht zuletzt würde sie über eine
stattliche Mitgift verfügen. Er folgte ihr mit seinen Blicken, bis sie hinter
einer Wegbiegung verschwand, eins wurde mit den unendlich vielen Rebstöcken, die
rund um Hopeland standen. Dann lieà er sich
rücklings ins Stroh fallen, legte die Hände unter den Kopf und sah hinauf zum
morschen Stalldach. Durch einige der breiten Ritzen konnte er die wie im Flug
dahinziehenden dunklen Wolkengebilde sehen.
Er lieà seine Gedanken an die vergangene letzte
Stunde mit den Wolken auf die Reise gehen. Dieses heiÃblütige, raffinierte,
leidenschaftliche junge Ding hatte es wirklich geschafft, ihn in sich verliebt
zu machen. Die Vorstellung, Tag und Nacht mit ihr zusammen sein zu können, lieÃ
ihn vor Verlangen erzittern. Dafür würde er alles tun, auch wenn er einen hohen
Preis bezahlen müsste.
***
Â
»Ach Karl, wenn ich dir nur helfen könnte!«
Sophie lehnte den Kopf mit den dunklen Locken an Karls Brust.
»Das tust du doch schon. Wenn ich mit dir
zusammen bin, geht es mir gut.« Er zog sie fester an sich.
Sie saÃen in der eleganten Kutsche, die Sophies
Vater ihnen überlassen hatte. Maximilian Rothausen war für einige Wochen in
diplomatischer Mission unterwegs, hatte Sophie der Fürsorge von Charlotte
Ruhland anvertraut. An diesem Abend waren Sophie und Karl zu einem Konzert in
der Englischen Gesandtschaft eingeladen gewesen und hatten für drei Tage im
Stadthaus der Ruhlands Quartier genommen. Ein Sinfonieorchester, das zu einer
Konzerttournee aus London eingereist war, spielte Musik von Haydn, Mozart und
Beethoven.
Sophie kannte sie alle, während Karl zugeben
musste, dass er erst durch sie von diesen Komponisten gehört hatte.
»War das nicht ein wundervoller Abend?« Sophie
lächelte. »Vor allem Beethovens siebte Sinfonie hat mich tief bewegt. Dieser
Mann ist ein Genie.«
»Ich war auch sehr beeindruckt.«
»Beeindruckt ⦠ja, das bin ich auch. Aber das
wird diesem Musiker nicht gerecht. Er ist in meinen Augen der beste Komponist
des Jahrhunderts. Wie ich gelesen habe, kann er schon seit einigen Jahren nicht
mehr gut hören, er soll inzwischen sogar ganz taub sein. Und doch â seine Musik
berührt die Herzen der Menschen.«
»Da kann ich dir nur beipflichten.« Karl
streichelte die zarte Haut ihrer Wangen. »Und ich bin froh, dass du mir all das
nahebringst. Ich gestehe gern, dass ich dort drauÃen auf Hopeland nicht allzu viel vom kulturellen Leben mitbekommen
habe.«
»Wir wollen noch vieles miteinander teilen«, gab
Sophie zurück. Dann, die Kutsche hielt soeben vor dem groÃzügig angelegten
Gebäude, das Maximilian Rothausen erst gemietet, dann gekauft und ausgebaut
hatte, meinte sie: »Komm mit, ich möchte dir noch was zeigen.«
»Aber â¦Â«
Sophie lachte. »Nun sag nicht, dass es sich nicht
schickt, dass wir zwei jetzt noch allein ins Haus gehen.«
»Genau das meinte ich.«
»Ach was, es sind genug Dienstboten da, mein
guter Ruf bleibt
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