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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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besser schwimmen gehen sollen.«
    »Sie können doch nicht einfach meine Nähstunde beenden!«
    Eine Meeresbrise strich über seine Haut. Aus dem Schulraum auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung erschollen die Stimmen der Schüler, die gemeinsam eine Zahlenreihe aufsagten.
    »Die Frauen mögen Sie«, sagte er, ohne auf ihren Einwand einzugehen.
    »Meinen Sie wirklich?« Sie sah ihn an, und für einen Augenblick wirkte sie wie ein kleines, verunsichertes Mädchen. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen.
    Er nickte. »Es fällt schwer, Sie nicht zu mögen.«
    Ihr Gesicht nahm wieder denselben abweisenden Ausdruck an, den er jetzt schon öfter bei ihr gesehen hatte. Er sollte aufpassen. Bei einem so kostbaren Geschöpf wie ihr musste er behutsamer vorgehen.
    »Ich wollte Ihnen etwas zurückgeben.« Er reichte ihr die silberne Streichholzdose, die er aus Conrads Hütte genommen hatte. »Sie haben recht: Es gehört mir nicht.«
    »Danke.« Sie nahm sie entgegen.
    »Und dann habe ich noch etwas für Sie.«
    »Noch etwas?«
    Wieso nur kam er sich plötzlich vor wie ein kleiner Junge? Er zog das kleine geschnitzte Krokodil, das er vorhin eingesteckt hatte, aus der Hosentasche.
    Ihr Gesicht leuchtete auf. »Das ist wunderschön! Woher haben Sie das?«
    »Selbstgemacht.«
    »Für mich? Aber – wieso?«
    »Weil ich mich freue, dass Sie in Simbang bleiben.«
    »Vorerst«, stellte sie klar. »Nur für ein paar Wochen.«
    »Und dann?«
    »Dann …« Sie zögerte. »Ich weiß es noch nicht. Ich muss mir erst noch über einiges klarwerden.«
    »Zum Beispiel?«
    »Wohin ich gehöre. Was ich in Zukunft tun will.« Sie strich über das hölzerne Krokodil in ihren Händen, dann sah sie auf. »Das ist wirklich sehr schön.«
    Erneut blickte sie auf ihre Hände. Gleich würde sie sich steif bedanken, aber darauf bestehen, dass sie sein Geschenk nicht annehmen könne. Schließlich war er nur ein Halbweißer.
    »Danke«, sagte sie schlicht und lächelte. »Dann haben Sie all die anderen Figuren, die auf Ihrer Veranda stehen, auch selbst gemacht?«
    Er nickte.
    »Wo haben Sie das gelernt?«
    »Bei den Kandangai am Kaiserin-Augusta-Fluss. Sie sollten einmal die Masken und Ahnenfiguren in den Langhäusern sehen.«
    Lautes Gekreische und Gelächter ließ ihn aufblicken. Am Strand, nahe der breiten Flussmündung, stürzten sich Kinder und Frauen ins Wasser und bespritzten sich lachend. Isabel seufzte auf und fächelte sich mit einem kleinen Stück Stoff Luft zu.
    »Möchten Sie auch schwimmen gehen?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht schwimmen.« Er hörte das Bedauern in ihrer Stimme.
    »Was halten Sie davon, wenn ich es Ihnen beibringe?«
    Natürlich würde sie nicht darauf eingehen. Aber allein die Vorstellung, ihr auf diese Weise noch einmal körperlich näher zu kommen, hatte etwas zutiefst Verlockendes. Bei keiner anderen Frau hatte er je so empfunden. Nicht einmal bei Jetty.
    »Nein, danke«, sagte sie, doch es klang fast wehmütig. Und eindeutig besser als die schroffe Ablehnung, die er eigentlich erwartet hatte. »Aber gehen Sie nur, wenn Sie schwimmen möchten.«
    »Ich finde es eigentlich ganz bequem hier.« Er lehnte sich an einen der Pfähle, die die Hütte trugen. »Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten?«
    Sie sagte nichts, sah ihn nur fragend an.
    »Möglicherweise bin ich gar kein halber Deutscher.«
    »Ach nein?«
    Er beugte sich verschwörerisch vor. »Ja. Möglicherweise war mein Vater Russe.«
    »Tatsächlich? Sprechen Sie etwa auch Russisch?«
    Er lächelte. »Nicht dass ich wüsste. Haben Sie schon einmal von Nikolai Miklucho-Maklai gehört?«
    Eine ihrer Augenbrauen hob sich. »Der russische Forscher, nach dem die Maklai-Küste benannt wurde?«
    »Genau der.« So leicht konnte man sie offenbar nicht überraschen. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so viel über dieses Land wissen.«
    Sie hob halb entschuldigend die Schultern. »Ich bin Lehrerin. Und ich habe in Deutschland jedes Buch zu Kaiser-Wilhelms-Land verschlungen, das ich in die Finger bekam. Heißt es nicht, die Küstenstämme verehrten Maklai noch heute? Und wurde er nicht Mondmann genannt, wegen seiner weißen Haut? Irgendwo habe ich das gelesen – ich glaube sogar, bei Herrn Finsch.«
    Er nickte. »Maklai war der erste Weiße, der unter den Stämmen der Astrolabe-Bucht lebte. Das war vor ungefähr zwanzig Jahren – die Zeit könnte also passen. Und er hat in Deutschland studiert, also sprach er Deutsch.«
    »Sie

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