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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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glauben also ernsthaft, dieser Russe könnte Ihr Vater sein?«
    »Möglicherweise.«
    Sie sah bezaubernd aus, wie sie mit gefurchten Brauen nachdachte.
    Dann schüttelte sie den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich glaube nicht, dass er Ihr Vater ist.«
    »Nein?«
    »Nein. Und Sie glauben es auch nicht.«
    Konnte sie jetzt auch noch Gedanken lesen? »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil Sie lange mit deutschsprachigen Personen zusammengelebt haben müssen und nicht bloß kurze Zeit. Maklai hat Kaiser-Wilhelms-Land aber schon nach gut einem Jahr wieder verlassen. Und haben Sie je nach ihm gesucht?«
    Er verneinte.
    »Wieso nicht?«
    Er verzog das Gesicht, denn plötzlich fühlte er sich so unwohl, als hätte er verdorbenen Fisch gegessen.
    »Wer sagt denn, dass ich meinen Vater finden will?«
    *
    »Nein, nein!« Isabel wedelte mit den Armen und versuchte, Koki zu verscheuchen, aber es war bereits zu spät: Der Kakadu hatte zielsicher einen großen weißen Platscher auf das frisch gewaschene und zum Trocknen ausgebreitete Moskitonetz gesetzt. Sie schüttelte verärgert den Kopf. Vier Stunden hatte sie mit Sabiams Hilfe daran gewaschen, etappenweise in einer mit Seifenlauge gefüllten Zinkwanne, nachdem der gestrige Regen die Zisternen endlich einmal gut gefüllt hatte.
    Sabiam sah schuldbewusst zu Boden, als Isabel mit ihm schimpfte. Der Junge hatte schließlich aufpassen sollen, dass so etwas nicht passierte. Stattdessen hatte er schlafend im Gras gelegen.
    »Ich wegmachen«, bot er Isabel an. »Mi klinim.«
    Isabels Ärger verflog, und sie strich dem Jungen über den Kopf. »Gut, Sabiam, tu das.«
    Es war später Nachmittag, für Isabel neben dem Morgen die schönste Zeit des Tages. In zwei Stunden würde die Sonne untergehen und die Abendandacht beginnen. Im Garten der Mission arbeiteten zwei Kostschüler zusammen mit Bruder Laumer. Sie beseitigten das Unkraut, lockerten die Erde zwischen den ordentlichen Reihen von Süßkartoffeln und Kürbissen und gossen die Pflanzen mit Wasser aus der Zisterne. Es war nicht mehr so heiß wie den größten Teil des Tages, das Licht verlor seine grelle Helligkeit und nahm allmählich eine sanftere Färbung an. Ein guter Zeitpunkt, um ein paar der prachtvollen Orchideen zu pflücken, die hier überall in üppiger Fülle auf den Bäumen wuchsen und mit denen Isabel Conrads Hütte schmücken wollte.
    Sie ging ein kurzes Stück in den Wald hinein. In den Palmen und Schraubenbäumen zwitscherte und summte es, zwei blaue Schmetterlinge tanzten wie trunken durch die Luft, die erfüllt war von schweren, tropischen Gerüchen. Nicht weit entfernt, hinter dem überbordenden Gewirr von Lianen und Blättern, standen die Hütten des Jabim-Dorfes. Dann hörte sie hinter all dem Summen und Zwitschern ein weiteres Geräusch, wie ein leises Stöhnen. Sie blieb stehen, lauschte. Ja, da stöhnte jemand, in kurzen, regelmäßigen Abständen! Hatte sich womöglich jemand verletzt? Brauchte er oder sie Hilfe? Isabel ging dem Geräusch nach, bog vorsichtig ein paar der glänzenden fleischigen Blätter eines Buschs beiseite und lugte durch die frei gewordene Lücke.
    Es war Yerema, die da stöhnte. Sie lag rücklings auf dem Boden, ihre Knöchel auf den nackten, schweißglänzenden Schultern ihres Mannes Kamelun, der zwischen ihren gespreizten Schenkeln hockte und mit seiner Leibesmitte in sie hineinstieß. Auf Yeremas dunklem Gesicht lag ein Ausdruck von Ekstase.
    Isabel brauchte einen Moment, um zu erkennen, was hier vor sich ging. Für ein paar Sekunden war sie nicht in der Lage, sich zu rühren, sondern stand wie angewurzelt da und sah den beiden zu, gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen. Dann erst zog sie sich zurück, so leise wie möglich, um sich nicht doch noch durch eine unachtsame Bewegung zu verraten, und floh den Weg zurück, den sie gekommen war.
    Was die beiden da taten, gehörte ins Dunkel der Nacht und unter die Bettdecke! Isabel zitterte vor Scham und Bestürzung – bis ihr einfiel, dass sie so etwas auch mit Conrad hätte tun müssen, wenn sie erst verheiratet gewesen wären. Wie hatte sie sich davor gefürchtet! Es sei schmerzhaft, im besten Falle unangenehm, hatte ihre ältere Schwester ihr einmal unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, aber es gehöre natürlich zur Pflicht einer Ehefrau, sich dem Mann auch in dieser Hinsicht zu unterwerfen. Männer hätten nun mal Bedürfnisse, die Frauen fremd seien. Nie hätte Isabel gedacht, dass eine Frau dabei Vergnügen empfinden konnte.

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