Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
mit einem konzentrierten Ausdruck in dem hübschen stupsnasigen Gesicht zu. Eine Brise wehte durch die offenen Wände des Küchenhauses und kühlte Isabels erhitzte Haut. Sie fühlte sich noch ein bisschen schwach. In der vergangenen Nacht hatte sie erneut eine leichte Malariaattacke erlitten, aber eine Dosis Chinin hatte Schlimmeres verhindert.
Sie gab Mehl, Salz und Ei zum Kartoffelteig und begann, alles vorsichtig durchzumischen, aufmerksam beäugt von den Frauen.
»Komm«, forderte sie dann Yerema auf Deutsch auf. »Versuch es auch.«
Auch wenn die junge Jabim die Worte nicht verstand, begriff sie doch deren Bedeutung, und nach kurzem Zögern stellte sie sich neben Isabel, tauchte ihre Hände in den Teig und half ihr, die klebrige Kartoffelmasse durchzukneten.
»Und jetzt«, sagte Isabel, »machen wir Folgendes damit.« Sie benetzte ihre Hand in einer bereitstehenden Wasserschüssel, nahm dann einen faustgroßen Klumpen Teig und formte daraus einen runden Kloß. Yerema tat es ihr nach, kaum weniger geschickt, und bald schon lagen die ersten Klöße auf der Tischplatte.
Sie erfüllten damit eine Bitte von Bruder Laumer. Gestern, nach dem gemeinsamen Mittagessen, hatte er sich fast verlegen an Isabel gewandt. Er habe lange schon keine echt fränkischen Kartoffel- Gniedla mehr gegessen, und sie würde ihm und seinen Mitbrüdern eine große Freude bereiten, wenn sie sich einmal daran versuchen wolle. Isabel war sich zwar nicht sicher, ob sich auch aus den einheimischen Süßkartoffeln Klöße zubereiten ließen, aber sie wollte es zumindest probieren.
Als sie sich vorbeugte, um den nächsten Kloß zu formen, fiel die Hibiskusblüte herunter und landete im Teig. Wie eine große Blutlache sah sie aus in der orangefarbenen Masse. Isabel war peinlich berührt. Yerema sah die Bescherung, dann begann sie zu lachen, mit breitem, offenem Mund. Auch die anderen Frauen stimmten kichernd mit ein. Es klang so herzerfrischend, dass auch Isabel lachen musste. Erst zaghaft, dann voller Erleichterung, während sie die mit Kartoffelteig verklebte Blüte aus der Schüssel fischte. Für ein solches Missgeschick hätte ihre Mutter sie böse gescholten, aber hier fand niemand etwas Schlimmes daran.
*
Die Tage schienen immer schneller zu vergehen; Isabel konnte kaum glauben, dass sie nunmehr schon eine Woche in Simbang lebte. In gut drei Wochen würde das Schiff nach Deutschland ablegen, aber allmählich erschien ihr die Heimat wie ein ferner, unbekannter Planet. Ob sie wirklich wieder dorthin zurückkehren sollte? Es wurde Zeit, ein paar Dinge zu klären.
»Ich fürchte, ich habe Ihre Gastfreundschaft lange genug in Anspruch genommen«, begann sie daher nach dem nächsten gemeinsamen Mittagessen.
Bruder Laumer blickte auf, offensichtlich bestürzt. »Heißt das, Sie wollen demnächst abreisen?«
»Aber das dürfen Sie nicht!«, fiel Bruder Lorenz hastig ein. »Wir brauchen Sie hier, Schwester Maritz! Auch ledige Frauen können im Missionsdienst arbeiten.«
»Eine weiße Frau hier an diesem Ort ist ein Gottesgeschenk«, setzte zu ihrem Erstaunen auch noch der sonst so mürrische Bruder Schwarz hinzu und kratzte sich im Nacken. Die Hitze und das übermäßige Schwitzen hatten den als »roten Hund« bekannten juckenden Ausschlag hervorgerufen, die Haut seines Halses war mit hirsekorngroßen Bläschen übersät.
»Gibt es denn einen Grund, Schwester Maritz, weshalb Sie uns verlassen möchten?«, fragte Bruder Lorenz. »Hat sich jemand in Ihrer Gegenwart schlecht benommen? Einer der Jabim? Dann werde ich sofort –«
»Nein, nein«, wehrte Isabel ab, sie spürte, wie ihr wieder einmal die Hitze ins Gesicht stieg. »Niemand hat sich schlecht benommen, und ich möchte auch nicht abreisen. Im Gegenteil«, setzte sie mit einem kleinen Lächeln hinzu. »Ich würde sehr gern noch ein bisschen länger bleiben.«
Die Freude in den drei bärtigen Gesichtern war echt. Auch Isabel fühlte sich plötzlich ganz leicht und frei. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, wie wohl sie sich hier fühlte, und dass sie noch länger bleiben durfte, erfüllte sie mit tiefem Glück.
»Wunderbar, ganz wunderbar, Schwester Maritz.« Bruder Laumer wischte sich mit der Hand über seinen wirren dunklen Bart, in dem ein paar Speisereste hingen. Isabel bemühte sich, nicht darauf zu starren, dennoch wurde ihr Blick wie magisch davon angezogen. »Und Sie müssen unbedingt noch einmal Gniedla kochen. Das letzte Mal war ein Gedicht!«
»Danke. Das tue ich sehr
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