Im Herzen der Wildnis - Roman
reden?«, fragte Rob nach einer Weile.
Was er jetzt brauchte, war ein Freund, der einfach nur zuhörte. Ein Freund wie Ian. Er erzählte Rob von ihrer ersten Begegnung vor dem Palace Hotel, seiner Suche nach ihr und ihrem Briefwechsel über den Straßenwerber. Und während er redete, kehrten all die wundervollen Erinnerungen zurück. All die schönen Erlebnisse, die sie miteinander geteilt hatten, all die Gefühle zwischen ihnen, die Sehnsucht, die Liebe und das Glück. Und dann die bittere Enttäuschung, als sie seinen Heiratsantrag nicht annahm, weinend aufstand und ihn verließ. Er erzählte Rob von seiner Verzweiflung, sie an ihn , den Kerl mit Herz und Verstand, verloren zu haben, und Rob schwieg gerührt. Nach einer Weile murmelte er versonnen: »So eine Liebe zu verlieren! Weißt du, wer er ist?«
»Nein.«
»Sie wird diese Briefe niemals lesen.« Rob drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf den angewinkelten Arm. »Und wenn ich sie Hamish gebe? Ich wohne im Palace.«
»Würdest du das tun?«, fragte Josh gerührt. »Vielleicht kehrt sie dorthin zurück und bekommt die Briefe von ihm. Es würde mir so viel bedeuten, wenn sie sie lesen würde.« Er brachte kein Wort mehr heraus. Er wandte sich dem Brief zu, damit Rob nicht sah, wie bewegt er war.
Shania, ein guter Freund hat mir eben angeboten, meine Briefe an Dich nach San Francisco mitzunehmen und sie Hamish zu übergeben. Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich mich das macht. Wenn er in einigen Tagen zurückkehrt, werde ich ihm den ganzen Stapel mitgeben und weiter nach Norden ziehen.
Josh reichte Rob den Federhalter zurück. »Danke.«
»Wenn du einen Freund brauchst, mit dem du reden willst …«
Josh schwieg eine Weile. »Meine Freundschaft mit Ian zerbricht«, sagte er schließlich.
Erst am frühen Morgen waren Ian und er im Saloon erneut aneinandergeraten. Ian war an der Hafenmole gewesen, um nach Robs Schiff Ausschau zu halten, das bereits in den Fjord eingefahren war. Seine Positionslichter waren schon auszumachen. Ian hatte sich mit dem Kapitän eines Schiffes unterhalten, das kurz zuvor aus Nome eingetroffen war, und hatte erfahren, dass am Strand von Nome noch mehr Gold gefunden worden war. Er war in den Saloon zurückgekehrt, wo um zwei Uhr früh noch getrunken, gelacht, gespielt und getanzt wurde, und hatte Colin und Josh von den Goldfunden berichtet. Josh hatte beschlossen, mit Colin nach Nome aufzubrechen, sobald sie Rob das Kupfervorkommen in den Bergen gezeigt hatten. Ian sollte Rob anschließend zurück nach Valdez begleiten. Darüber hatte Ian sich aufgeregt, denn eigentlich hätte er Colin nach Nome begleiten sollen. Er machte jetzt Joshs Job. Er war für die Geschäfte der Brandon Corporation in Alaska verantwortlich. Ian war laut geworden, und Josh hatte auf den Tisch gehauen, dass die Gläser nur so klirrten: »Es reicht, Ian!« Colin hatte eingegriffen. Er hatte Ian zum Tanz aufgefordert. Bei einem ausgelassenen Reel würde Ian sich abreagieren, bevor der Streit der beiden Freunde in einer Prügelei endete. Doch Ian hatte patzig erwidert: »Da muss ich erst meinen Boss fragen!«
Die Auseinandersetzung mit Ian ging Josh sehr nahe. Er wusste, dass er seinen Freund verlieren würde.
»Ich weiß«, gestand Rob. »Ian und ich haben während des Rittes zum Gletscher auch darüber gesprochen. Ian hat mir anvertraut, dass er mit dieser Situation nicht klarkommt.«
»Hast du ihm einen Job angeboten?«
»Er hat mich gefragt. Ich habe Ian gesagt, dass ich ihm nicht mehr zahlen werde als das Gehalt, das er von dir bekommt. Eine Million in vier Jahren und eine weitere, wenn er recht hat und am Tanana Gold gefunden wird. Josh, ich hätte Ian gern mehr gezahlt, um ihn dazu zu bewegen, für mich zu arbeiten. Aber das wäre dir gegenüber nicht fair gewesen. Ich möchte, dass Ian sich unabhängig von seinem Gehalt und seiner Karriere entscheiden kann, wie er sich dir gegenüber verhalten will. Er hat sich entschieden, für mich zu arbeiten, um seine Freundschaft mit dir zu retten.«
Josh musste tief durchatmen, bevor er antworten konnte. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, presste er hervor. »Ich weiß, dass ich ihn verlieren werde. Aber vielleicht ist das der einzige Weg, um zu retten, was noch zu retten ist.«
»Das waren auch seine Worte«, sagte Rob sanft. »Ian hat mich gebeten, mit dir darüber zu reden. Er hatte das Gefühl, es nicht zu schaffen. Ich glaube, du weißt, wie ich das meine.«
»Ian und ich
Weitere Kostenlose Bücher