Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
Vom Netzwerk:
Aber sie kannte keinen der Männer, die neugierig zu ihnen herübersahen. Ob Colin und Rob sich wohl schon auf den Weg durch die Chugach Mountains gemacht hatten? Und noch eine andere Frage hielt sie in Atem: Ob Jay noch in Valdez war? Sie hoffte so sehr, dass sie ihn finden würde!
    Mit großen Schritten folgte sie Skip die Mole entlang und drückte einem herumlungernden Jungen eine Hand voll Münzen in die Hand, damit er das Boot und die Vorräte bewachte. Dann ging sie mit ihrem Bruder hinüber zum Handelsposten von Tyrell & Sons, keine hundert Schritte entfernt. Wie alle Häuser in Valdez war auch dieses zweistöckig. In Valdez lag der Schnee oft mehr als zehn Fuß hoch, sodass die Häuser nur durch eine Tür im oberen Stockwerk verlassen werden konnten. Zwischen den Häusern wurde dann ein ganzes Labyrinth von Tunneln durch den Schnee gegraben.
    Der Laden und die Poststelle waren geschlossen. Ein Schild neben der Tür klärte Shannon über die Öffnungszeiten auf.
    »Wie spät ist es eigentlich?«, fragte sie.
    Skip zog seine Uhr aus der Tasche von Aidans Uniformhose. Wie sie trug er darüber einen Parka mit Fransen und Perlenstickerei. »Kurz vor zehn.«
    »Morgens oder abends?«
    Skip lachte. »Abends.«
    »Freitag? Seit dem Sturm ist meine Zeitrechnung ein bisschen durcheinandergeraten.«
    Skip nickte, sagte aber lieber nichts dazu.
    »Stürzen wir uns ins aufregende Nachtleben! Gehen wir in den Saloon.« Sie deutete auf ein großes Haus mit grasbewachsenem Dach hinter dem Handelsposten der Brandon Corporation. Einige Schritte weiter lag das riesige Zeltlager der Goldsucher, die über den Valdez-Trail nach Norden aufbrechen wollten. Eine leichte Brise trieb den Rauch von Lagerfeuern durch die Straßen. Irgendwo jaulte ein Husky den aufgehenden Mond an, und die ganze Meute fiel in das Geheul mit ein, das von den Abhängen der Berge und dem Wasser des Fjords widerhallte.
    Der Saloon war so überfüllt, dass sie Mühe hatten, sich noch hineinzudrängen. Auf der Suche nach Jay ließ Shannon ihren Blick durch den Raum schweifen. Am Tresen lehnten Dutzende von Männern, die meisten von ihnen schon längst nicht mehr nüchtern. Auf der anderen Seite des Raums, jenseits der runden Tische, standen die Spieltische, an denen Poker und Roulette gespielt wurde. Leinensäckchen mit Goldstaub lagen neben den Goldwaagen auf den Tischen. Die Rufe der Zuschauer, die sich um die Pokertische drängten, verrieten, dass die Einsätze zwischen zehn- und zwanzigtausend Dollar lagen. Auf der Tanzfläche wirbelten die Männer ausgelassen zu einem flotten Reel herum, der auf einem leicht verstimmten Klavier gespielt wurde. Weil es zu wenig Frauen gab, hatten sich einige der Gentlemen bunte Tücher um den Arm gebunden und galten während des Tanzes als Ladys.
    Jay war nicht hier.
    »Setzen wir uns!« Es war so laut, dass sie schreien musste. Sie deutete auf einen Tisch nahe der Bar. Auf dem Weg dorthin musste sie eine ganze Horde Männer abwehren, die sie zum Tanzen auffordern wollten. Dass sie Hosen und eine Fransenjacke trug, kümmerte hier niemanden – völlig egal, sie war eine Frau! Der Andrang an ihrem Tisch war so groß, dass fast eine Schlägerei ausbrach.
    Skip, der den Tumult besorgt beobachtete, zog den Parka aus und hängte ihn über den Stuhl. In der Uniform eines Majors der US Army mit einem Colt im Patronengurt ließ er sich Shannon gegenüber nieder, schlug lässig die Beine übereinander, wippte mit dem Stiefel und blickte sich um. Der Revolver machte Eindruck. Sofort kehrte wieder Ruhe ein.
    Während sie den Patronengurt mit ihrem Colt abschnallte und zusammengerollt auf den Stuhl neben ihr legte, drängte sich der Barkeeper durch die Menge. »Bourbon«, bestellte Skip, und Shannon ergänzte: »Kaffee.«
    Kurz darauf brachte er den Bourbon für Skip und den Kaffee für Shannon. Wortlos zog sie den Bourbon zu sich heran und schob Skip den Kaffee zu. »Hey!«, protestierte er.
    »Du hast es mir versprochen.«
    Skip verdrehte genervt die Augen und nippte am Kaffee.
    Ein Mann in Uniform trat an ihren Tisch. »Major Aidan Tyrell von der US Army?«
    Skip blickte auf. »Ja?«
    »Captain Abercrombie von den Pionieren, Sir.« Er salutierte schneidig. Dann reichte er Shannon die Hand. »Ma’am.«
    Sie nickte ihm zu. »Captain.«
    Skip deutete auf den freien Stuhl. »Setzen Sie sich doch.«
    »Danke, Sir.« Mit durchgedrücktem Rücken nahm Captain Abercrombie auf der Stuhlkante Platz. »Ihren Bruder Colin haben Sie leider

Weitere Kostenlose Bücher