Im Herzen der Wildnis - Roman
an, und Colin und er sprangen ab. »Was ist los?«
»Wills Pfoten sind blutig.«
Auch Colin suchte auf seinem Schlitten nach den Lederstiefelchen für die Hundepfoten, während Ian nach vorn ging, um die aufgeregt winselnden Huskys zu untersuchen.
Josh warf den Sack mit den Booties neben Rob in den Schnee. »Übernimm du Randy, Will und Jack, ich versorge die anderen.«
Rob schnappte sich ein Paar Stiefelchen für den Leithund.
Josh kniete sich neben ihn und zog Shorty das erste Paar Booties über. »Sie halten die empfindlichen Pfoten warm und schützen sie vor dem scharfen Gletschereis.«
Ian kam zu ihnen herüber, als sie gerade fertig waren. Er sah Rob ins Gesicht und zog ihm die Kapuze vom Kopf. Wortlos nahm er die Dose mit Seehundtran und rieb Rob das sonnenverbrannte Gesicht damit ein. »In Aussieland mag es ohne Sonnenschutz gehen.« Großzügig verteilte er noch eine Hand voll Tran auf Robs Stirn. »Aber nicht in Alaska.«
»Ich bin eben ein Cheechako«, meinte Rob.
»Ach, Quatsch!« Ian schraubte die Dose zu. »Du kommst mit den Hunden klar, und du kannst den Schlitten lenken. Außerdem bist du ein toller Kerl.«
»Du auch, Ian.«
Josh fragte sich, was Rob und Ian während des Rittes zum Gletscher besprochen hatten. Er legte Rob die Hand auf die Schulter. »Willst du weiterfahren?«
»Yeah. Ruh dich aus, Josh.«
»Dann los!«
Rob stieg auf die Kufen, während Josh es sich auf dem Schlitten bequem machte. »Mush! Randy, Will, Jack, na los!«
Der Anstieg zum Gipfel war steil, und der Wind blies ihnen als eisiger Schneesturm entgegen. Die Schneekristalle blieben ihnen in den Augenbrauen und den Bärten hängen und machten ihre Gesichter gefühllos. Josh zog einen der Kaninchenfellschlafsäcke zwischen der Ausrüstung hervor und schlüpfte hinein. »Geht’s noch?«, rief er nach hinten.
»Yeah.«
»Wie fühlst du dich?«
»Wie erfroren.«
Josh lachte. »Hey, das hier ist der Sommer! Was willst du denn im Winter sagen? Da wird es hier richtig kalt.«
»Wie kalt?«
»In Fort Yukon hatten Ian und ich mal zweiundsechzig Grad unter Null. Das war kalt. Wenn du bei der Kälte die Handschuhe ausziehst, frieren dir die Finger ab, die Haut brennt wie Feuer, und das Atmen tut weh. Im Sommer wird’s dafür heiß. Bis zu achtunddreißig Grad im Schatten.«
»Na, das ist ja noch auszuhalten«, frotzelte Rob. »Als ich am Ayer’s Rock war, hatten wir achtundfünfzig Grad im Schatten. Nur dass da eben kein Schatten war.«
Am späten Nachmittag erreichten sie schließlich den Lagerplatz auf der Höhe des Gletschers.
»Was für eine Aussicht!«, staunte Rob, als er die schneebedeckten Gipfel betrachtete. Dann half er Josh, die Hunde zu versorgen, die sich sofort in Schneemulden verkrochen und ihre Nasen unter die buschigen Ruten schoben. Gemeinsam errichteten sie das Zelt und holten die Decken und Schlafsäcke vom Schlitten. Mit einem Stück Rinde entzündete Josh das rasch aufgeschichtete Lagerfeuer aus mitgebrachtem Feuerholz, um das sie sich zum Abendessen scharten: Rob grillte Kängurusteaks und briet Bratkartoffeln mit Speck, und Colin sprang auf und holte vier Flaschen Bier von seinem Schlitten. Bei Kaffee und Blaubeerkuchen zog Ian später seine Karten hervor, und sie pokerten und unterhielten sich, bis die Huskys eine wüste Rauferei begannen. Ein erbostes Kläffen hob an, als Orlando und Randy aneinandergerieten und sich balgten. Josh und Colin hatten alle Hände voll zu tun, die Hunde zu beruhigen. Als endlich wieder Ruhe eingekehrt war, legten die Männer sich wieder ans Feuer, wickelten sich in ihre Schlafsäcke und redeten noch eine Weile, bevor sie in ihre Zelte krochen. Die Sonne stand noch hoch am Himmel.
Sobald Shannon die Lone Cypress an die Mole heranmanövriert hatte, ließ Skip das Segel killen, sodass das Boot an Fahrt verlor. Mit einem Ruderschlag drehte sie das Boot längsseits. Noch während es langsam auf die Mole zuglitt, sprang ihr Bruder hinüber, um die Leinen vorn und achtern festzumachen. Valdez – na endlich!
Beschwingt holte sie das flatternde Segel ein, nahm ihre Winchester und sprang ebenfalls an Land. Skip fing sie auf, wirbelte sie ausgelassen lachend herum und stellte sie ab. Nach neun Tagen auf See zum ersten Mal wieder mit festem Boden unter den Füßen, taumelte sie erst einmal wie betrunken. Sie musste sich an Skip festhalten, sonst wäre sie einfach umgekippt.
Nachdem sie vorhin Robs Schiff im Fjord gesehen hatten, blickte sie sich jetzt aufmerksam um.
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