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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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Sie sie im Arm. Reden Sie mit ihr. Machen Sie ihr Mut. Es wird furchtbar für sie sein.«
    Shannon keuchte vor Schmerz, als Rob sie in den Arm nahm, ihr das schweißnasse Haar aus dem Gesicht strich und sie sanft küsste. Sie glühte vor Hitze. Die stundenlangen Wehen hatten sie völlig erschöpft.
    »Alles wird gut, mein Liebes«, flüsterte er.
    Sie brachte keinen Ton heraus und nickte nur schwach.
    »Los geht’s!«, rief Alistair, dem die Hebamme assistierte. »Sehen Sie nicht hin, Rob. Es wird kein schöner Anblick sein. Und halten Sie sie fest. Ich kann ihr nicht noch mehr Morphium geben, um ihre Schmerzen zu betäuben. Es schadet nicht nur ihr, sondern auch dem Kind.«
    Rob legte seinen Arm um Shannon und redete mit ihr, während Alistair das Skalpell ansetzte. Shannon warf sich in seinen Armen hin und her und schrie ihre Qualen heraus.
    »Bald hast du’s geschafft! Jetzt dauert es nicht mehr lange! Halt durch, Shannon! Es ist gleich vorbei!«
    Nach fünf Minuten war es endlich so weit! Behutsam hob Alistair das Kind heraus, zerknittert und blutverschmiert. Er entwirrte die Nabelschnur um seinen Hals und klemmte sie ab.
    Ronan war geboren!
    »Es ist vorbei!«, flüsterte Rob und streichelte Shannon sanft mit seinen Lippen. Sie lag ganz still und rührte sich nicht. »Unser Kind ist da.«
    Sie antwortete nicht.
    »Es tut mir so leid, was ich vorhin gesagt habe. Verzeih mir!«
    Sie nickte schwach, sagte aber nichts. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft zu weinen.
    Dann ertönte der erste Schrei, der eher einem tiefen Seufzer ähnelte. Ronan lebte!
    Die Hebamme nahm dem Doktor das Kind ab und trug es fort, um es zu waschen. Alistair ging um das Bett herum, setzte sich neben Shannon und beugte sich über sie. »Kindchen?«
    »Wie geht’s Ronan?« Ihre Stimme war nur ein Hauch.
    »Alles dran, was einen Jungen ausmacht. Ein süßes Kind. Du hast den Kleinen wirklich gut hinbekommen.« Mit dem Stethoskop horchte er den Herzschlag ab. Alarmiert blickte er auf. »Sie ist sehr schwach. Ich weiß nicht, ob sie es schafft.«
    Als Rob sie losließ und sich aufrichtete, fühlte er sich, als würde ihm bei lebendigem Leib das Herz herausgerissen.
    Shannon durfte nicht sterben!
    Alistair hatte Tränen in den Augen. »Es tut mir leid, Rob. Es tut mir so entsetzlich leid …«

25
    Mit dem Champagnerglas in der Hand schlenderte Rob langsam durch den nächtlichen Garten hinunter zum Strand. Die Musik von La Traviata , die seit dem Verlassen der Oper in ihm nachhallte, verklang im Rauschen der Wogen. Wie zärtlich streichelnde Hände glitten sie über den nassen Sand, der im Mondlicht schimmerte. Das ferne Donnern, das aus der weiten Finsternis heranrauschte, um sich zischend und im Mondlicht gleißend über den Strand zu ergießen, war mitreißend.
    Rob trank einen Schluck, bevor er das Glas in den Sand stellte, um sich die Schuhe und die Socken auszuziehen und die Hose hochzukrempeln. Während er durch die Gischt lief, die Sand und Muscheln zwischen seine Zehen wirbelte, löste er die Krawatte seines White Tie und stopfte sie in die Tasche.
    Tief atmete er die weiche Luft ein und genoss die leise Brise auf seinem Gesicht und die prickelnde Gischt zwischen seinen Zehen. Jetzt, Ende März, waren die Nächte am Meer berauschend schön. Er leerte sein Champagnerglas und steckte es in die Tasche. Ein Blick zurück: Das Haus war dunkel, nur in Ronans Kinderzimmer brannte ein Nachtlicht.
    Er ging weiter durch die Brandung, allein, mit einem Gefühl von Einsamkeit. Er blieb stehen und blickte aufs Meer hinaus.
    Kann ich mich ändern, meinen Charakter, meine Gewohnheiten, meine Schwächen und meine sexuellen Neigungen?, fragte er sich. Wenn ich versuche, zu retten, was noch zu retten ist?
    Wieder sah er zum Haus hinüber. Es war schon lange nach Mitternacht. Das sanfte Streicheln der Brise auf seiner Haut und in seinen Haaren löste Wehmut in ihm aus.
    In den letzten Monaten war er sentimental geworden, dachte er. Solange Tom noch lebte, hatte er seine gemütvollen Anwandlungen immer belächelt. Und jetzt? Was hatte Shannon in den wenigen Monaten ihrer Ehe aus ihm gemacht! Nicht, dass er nicht mehr eigensinnig oder ungestüm gewesen wäre! Aber es gab jetzt Augenblicke, in denen er tief ergriffen war. Shannon hatte ihn Achtsamkeit gelehrt. Zwischen den Sequoias zu stehen und in den Himmel hinaufzublicken. Ins Meer hinauszuwaten, bis die Wellen ihn umwarfen und die Strömung ihn mit sich riss. Diese Momente bedeuteten ihm mehr als

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