Im Herzen der Wildnis - Roman
fest, während der Butler dessen Kopf in die Schüssel mit kaltem Wasser tauchte.
Zuerst zuckten Skips Schultern, dann versuchte er panisch, sich aus dem Griff zu befreien. Schließlich richtete er sich prustend auf und begann zu husten. Schwach sank er gegen sie. Es dauerte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte. »Shannon!«, schluchzte er, immer noch benommen von Absinth und Laudanum.
Mit dem Handtuch trocknete sie ihm Gesicht und Haare. »Skip! Du hast mich vielleicht erschreckt!«
»… mir leid«, nuschelte er.
»Ist schon gut.«
»… wünschte, ich wäre so stark und mutig wie du.«
Mir tut sie so weh wie dir, dachte Shannon. »Wie geht’s?«
»Beschissen.«
»So kann es nicht weitergehen. Du richtest dich zugrunde.«
Er nickte langsam.
»Kannst du aufstehen? Ich fahr dich nach Hause.«
»Caitlin …«
»Sie wird nichts erfahren. Komm schon, du musst ins Bett!«
Skip versuchte aufzustehen, sank aber wieder in sich zusammen. Der Butler legte sich seinen Arm über die Schulter und zog ihn auf die Beine. Skip taumelte gegen ihn und drohte an ihm herunterzurutschen, doch Mr Wilkinson hielt ihn fest.
Sie verließen den Raum. Mr Sutherland geleitete sie zu einem Seiteneingang, wo Mr Wilkinson mit Skip wartete, bis Shannon den Duryea geholt hatte. Er schob ihren Bruder in den Zweisitzer, drückte ihm sein Buch in die Hand, dann klopfte er mit der flachen Hand auf das zusammengeklappte Verdeck. »Bringen Sie ihn ins Bett, Ma’am. Ich besorge noch rasch eine Flasche Coca-Cola aus der Apotheke. Die wird ihm guttun.«
Beklommen fuhr Shannon los. Mit der Rechten hielt sie Skips Hand, um ihm Mut zu machen, mit der anderen umklammerte sie die Lenkstange. Zwei Blocks weiter jagte sie den Duryea die steile Straße hinauf zum Nob Hill. An jeder Kreuzung machte der Wagen einen Satz, dann stieg die Straße mit einem erneuten Ruck weiter an. In Sichtweite von Brandon Hall schoss der Duryea über den höchsten Punkt hinweg.
Jetzt war Skip einigermaßen wach. »Hat dieser Rennwagen eigentlich auch Bremsen?«, fragte er, während sie den Nob Hill auf der anderen Seite hinunterrasten, und deutete nach vorn. »Wenn nicht, landen wir nämlich gleich in der Bay, es sei denn, du biegst in die Jefferson Street … falls du sie bei diesem Tempo nicht verfehlst und ins Hafenbecken platschst. Wie wär’s, wenn wir an der Fisherman’s Wharf noch einen Kaffee trinken, und du erzählst mir von deinem Gespräch mit Tom?«
»Du willst nicht nach Hause.«
»Ich lade dich zum Essen ein. Unten an der Marina gibt es ein Restaurant, wo du einen Hummer mit Limonensauce …«
»Wir fahren nach Hause.«
Shannon bog in die Pacific Avenue ab, die geradewegs zum Presidio führte. Skip blickte sich im Wagen um, als erwöge er ernsthaft, während der Fahrt abzuspringen. Sie schaltete in den zweiten Gang, und er gab auf. Er sagte kein Wort mehr.
Als sie wenig später in den Presidio Forest abbogen, war das Tyrell Castle auf dem Hügel vor ihnen schon zu sehen. Mit verkniffener Miene blickte Skip an Shannon vorbei auf das Fort, wo Aidan als Major der US Army stationiert gewesen war, bevor er seinen derzeitigen und vermutlich letzten Wohnsitz in seiner Zelle auf Alcatraz bezogen hatte.
Shannon parkte den Duryea im Hof vor den Pferdeställen und eskortierte Skip ins Haus.
»Wenn es dir nicht passt, kannst du jederzeit von deinem Posten im Vorstand zurücktreten!« Caitlins erregte Stimme drang bis ins Foyer.
Die Flügeltür des Speisesaals stand weit offen, und es war nahezu unmöglich, über die große Marmortreppe unbemerkt nach oben zu gelangen. Mit Ausnahme von Colin und Aidan war die Familie zum Dinner versammelt. Es kam Caitlin nicht in den Sinn, dass einer ihrer Söhne oder Enkel sich ein eigenes Haus und eine eigene Familie wünschen könnte. Keiner ihrer Enkel war bisher verheiratet. Oder verlobt – Aidans Verlobung mit Claire, der Tochter des jüdischen Unternehmers Nathaniel Sasson, wurde von Caitlin nicht anerkannt. Wegen dieser Affäre hatte Aidan sich mit seinem Vater zerstritten und in den Wochen vor seiner Inhaftierung unten im Fort gewohnt.
»Ich dulde nicht, dass du dich aufführst, als wärst du der Chef von Tyrell & Sons. Du magst der letzte Überlebende der Sons im Firmennamen sein, aber das gibt dir nicht das Recht, gegen mich zu intrigieren, um mich zu entmachten!«
Skip grinste schwach. »Offenbar ist Onkel Reámon in die Schusslinie geraten«, flüsterte er. »Und Caitlin schießt scharf.«
»Ich habe
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