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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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stellte das Fläschchen auf den Tisch. Ein Buch fiel ihr ins Auge. Frances Hodgson Burnetts Der kleine Lord .
    »Stammt der Roman aus unserer Bibliothek?«, fragte sie.
    Der Butler nickte. »Ja, Ma’am.«
    Shannon wandte sich an Mr Sutherland. »Hat der … Nervenzusammenbruch … meines Bruders Aufsehen erregt?«
    »Nein, Ma’am. Mr Tyrell saß allein in einem Nebenzimmer und las in diesem Buch.« Er deutete auf die Geschichte des kleinen Lords, die Skip wohl schon hundertmal gelesen hatte. »Wenig später fand man ihn … in diesem Zustand.«
    »Es tut mir sehr leid, Sir. Lassen Sie uns bitte einen Augenblick allein?«
    »Ein Wort noch, Ma’am, wenn Sie gestatten.«
    »Mr Sutherland?«
    »Es ist nicht das erste Mal, dass Mr Tyrell …«
    »Ich verstehe.«
    »Aber es ist definitiv das letzte Mal«, sagte er bestimmt. »Das Auftreten Ihres Bruders ist eines Gentlemans nicht würdig. Für den Club ist sein Verhalten nicht länger tolerierbar.«
    »Sie erteilen Mr Tyrell Hausverbot?«, fragte sie beschämt.
    »So leid es mir tut, Ma’am«, sagte er sanft. »Ich kann nicht anders, und ich hoffe auf Ihr Verständnis.«
    »Ich verstehe Sie durchaus, Mr Sutherland«, presste Shannon hervor. Angesichts von Skips beängstigendem Zustand fiel es ihr schwer, noch länger Haltung zu bewahren. »Mr Tyrell wird seine Mitgliedschaft in den nächsten Tagen kündigen. Sie haben mein Wort, dass er den Club nie wieder betreten wird.«
    Mr Sutherland wirkte erleichtert. »Danke, Ma’am.«
    »Sir, wären Sie so freundlich, Mr Wilkinson und mich jetzt einen Augenblick mit meinem Bruder allein zu lassen?«
    »Ich warte vor der Tür, um Sie ohne Aufsehen aus dem Club zu bringen. Es sind einige Journalisten anwesend. Der Skandal und die Schlagzeilen … Sie verstehen.«
    »Selbstverständlich, Sir«, versicherte sie ihm. »Verbindlichsten Dank.«
    Wortlos zog Mr Wilkinson einen Umschlag hervor und überreichte ihn Mr Sutherland, der ihn sofort einsteckte – wahrscheinlich eine angemessene Entschädigung für die Unannehmlichkeiten. Woher der Butler das Geld wohl hatte? Nicht von Caitlin jedenfalls! Sie durfte auf keinen Fall hiervon erfahren! Shannon würde es ihm zurückerstatten.
    Sobald Mr Sutherland die Tür hinter sich geschlossen hatte, kniete sie sich neben ihren Bruder und strich ihm über das Gesicht. »Skip?« Kein Lebenszeichen. Sie packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn. »Skip!«
    Nichts außer einem verträumten Lächeln.
    Offenbar flüchtete sich Skip wieder in eine wundervolle Traumwelt, wo es einem kleinen Jungen mit seiner offenen und liebenswerten Art gelang, seinen kaltherzigen Großvater in einen besseren Menschen zu verwandeln, liebevoll, großzügig und stolz auf seinen Enkel. Die Geschichte des kleinen Lord Fauntleroy hatte ein Happy End, das zu Tränen rührte, nur Skips Leben hatte keines. Skip war im Alter von vier Jahren als Waisenkind in die Familie gekommen. Seine Großmutter erwies sich als wesentlich härter und kälter als der Earl of Dorincourt. Zu Herzenswärme und Großmut war sie einfach nicht fähig. Ihr ganzes Leben lang hatte Caitlin gekämpft, auf dem Kartoffelacker in Irland, während des Trecks quer durch Amerika und auf den Goldfeldern in Kalifornien, als sie Charlton während eines erbitterten Streits ihre Faust ins Gesicht rammte, ihre Sachen packte und ihn seinem Schicksal überließ. Caitlin würde sich niemals ändern, und daran verzweifelte Skip.
    Shannon sah auf. »Bitte helfen Sie mir, Mr Wilkinson.«
    Gemeinsam zogen sie ihren Bruder in eine sitzende Position. Sie hockte sich neben ihn, legte ihren Arm um ihn und lehnte seinen Kopf an ihre Schulter. »Skip, hörst du mich? Ich bin’s, Shannon.« Sie wiegte ihn wie ein kleines Kind und fuhr ihm durch das wirre Haar. »Skip! Bitte wach auf!«
    Seine Augen bewegten sich unter den Lidern hin und her.
    »Du machst mir Angst. Wenn du mich hören kannst, dann blinzele.« Na also, seine Lider flatterten. »Ich bin bei dir, Skip. Alles wird gut, ich versprech’s dir.«
    Eine Träne rann über Skips Wange. Er schluchzte leise.
    »Schhht, sei ganz ruhig. Caitlin wird nichts erfahren. Ich stehe zu dir, Skip. Ich lass dich doch nicht allein.«
    Mr Wilkinson verließ den Raum und kehrte mit einer Schüssel Wasser und einem Handtuch zurück. Er stellte die Schüssel auf den Tisch. Dann hockte er sich vor Skip auf den Boden und packte ihn an der Schulter.
    »Warten Sie, ich helfe Ihnen.« Sie kniete auf der anderen Seite und hielt Skip

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