Im Herzen der Wildnis - Roman
Sattel zu heben. Sein Hengst war deshalb in vollem Galopp aus dem Tritt gekommen und wäre beinahe gestürzt. Fluchend hatte Rob nach Eoghan geschlagen. War er betrunken gewesen? War er deshalb so rücksichtslos gewesen?
Der Boden war unter ihnen vorbeigeflogen! Wütend über Eoghans Fouls und Rockys Tod hatte Rob mit aller Kraft zugeschlagen und den Ball hart und präzise getroffen. Der Korkball war in hohem Bogen zwischen den Torpfosten hindurchgeflogen, und Robs Schläger hatte Eoghan unbeabsichtigt ins Gesicht getroffen. Blut war aufgespritzt, und Eoghan war aus dem Sattel gestürzt. Rob hatte gewendet und war zurück zu Eoghan getrabt. Mit blutüberströmtem Gesicht hatte er regungslos im Sand gelegen. Eoghan war tot.
Und ich habe ihn mit meinem Schlag getötet, aus Unachtsamkeit und aus Wut über den Verlust von Rocky!, dachte Rob. Darüber komme ich einfach nicht hinweg. Ich werde nie wieder Polo spielen.
Der Kopfschmerz wurde jetzt noch unerträglicher. Stöhnend fasste er sich an die Stirn.
»Rob, was ist denn mit dir? Du bist ganz blass.«
Er winkte ab.
»Können wir über uns reden?«
Rob richtete sich auf. Sissys Hand lag auf ihrem Bauch. In den letzten Wochen hatte sie ein wenig zugenommen. Charlton nahm sie oft mit zu seinen Geschäftsessen.
»Ja? Nein?«, fragte sie nach, und es war etwas in ihrer Stimme, das Rob nicht deuten konnte. Sie wirkte aufgewühlt.
»Sissy, ich werde Shannon nicht verlassen, und sie wird mich nicht noch einmal sitzen lassen.« Wieso redete er plötzlich so undeutlich?
Mit einem Ruck setzte sie sich auf.
»Ich liebe dich, Sissy«, versuchte er, sie zu trösten. In letzter Zeit brach sie oft in Tränen aus, wenn sie zusammen waren. »Mein Liebes, wir … sehen uns … jede Woche«, lallte er benommen. Der Schmerz in seinem Kopf wurde stärker. Und das Brausen in seinen Ohren immer lauter.
»Rob, das reicht mir nicht!«
Er schüttelte den Kopf, rappelte sich hoch, rutschte umständlich vom Bett und sprang taumelnd auf.
»Rob?« Sissy klang besorgt.
Ein Dröhnen, als donnerte ein Zug an ihm vorbei, trieb ihn trotz der Schmerzen vorwärts. Gegen die aufsteigende Panik ankämpfend, stolperte er ins Bad. Er schloss die Augen, aber der Schwindel blieb. Sein linker Mundwinkel war gefühllos, aber er spürte, wie ihm der Speichel übers Kinn rann. Seine linke Hand kribbelte, und ein reißender Schmerz wanderte seinen Arm hinauf. Dann wurde die ganze linke Körperseite mit einem Schlag gefühllos. Und eine Sekunde später wurde alles um ihn herum undeutlich, und der Schwindel wurde noch stärker.
»Rob! Was ist denn?«, rief Sissy aus dem Schlafzimmer.
Er konnte nicht antworten, denn er brachte kein Wort heraus, nur ein dumpfes Stöhnen. Er tastete nach dem Rand der Badewanne, verfehlte ihn, taumelte und stürzte auf die Fliesen, die von dem Bad mit Sissy vorhin noch nass waren.
Das Letzte, was er hörte, bevor es dunkel und kalt um ihn wurde, war Sissys Schrei. Doch sein letzter Gedanke galt nicht ihr, der Geliebten, sondern Shannon, seiner Frau.
Sissy sprang aus dem Bett und hastete ins Bad. Rob lag verdreht auf den nassen Fliesen. War er ausgerutscht und gestürzt? Blut rann über seine Stirn! Er hatte sich den Kopf angeschlagen! Sissy kniete sich neben ihn und drehte ihn auf den Rücken. »Rob?«
Kein Stöhnen, kein Schnaufen, nichts.
»Um Gottes willen, Rob!« Sie schüttelte ihn, und sein Kopf fiel haltlos hin und her. »Rob!«
Er reagierte nicht.
Panisch sprang Sissy auf und rannte zurück ins Schlafzimmer. Sie ließ sich auf das Bett fallen. Unbewusst streichelte ihre Hand den gewölbten Bauch.
»Ich habe eine gute Nachricht für Sie, Mrs Burnette!«, hatte ihr Arzt ihr gestern gesagt. »Sie erwarten ein Kind.«
Sie war schockiert gewesen. Sie war schwanger!
Ihr Arzt hatte ihr Erschrecken falsch gedeutet: »Rufen Sie Ihren Mann in New York an, Mrs Burnette! Es ist alles in Ordnung! Erzählen Sie ihm von seinem Kind!«
Nichts ist in Ordnung!, dachte Sissy jetzt. Gar nichts!
»Er wird sich freuen, dass er endlich Vater wird!«
Nein, Lance wird nicht erfreut sein!, dachte sie. Und Rob …
Sissy fasste sich ein Herz und nahm den Telefonhörer ab. Ihre Stimme kippte, als sie sich verbinden ließ. »Shannon Conroy, bitte! Und schnell, dies ist ein Notfall!«
V ON : J OSH B RANDON , B RANDON C ORPORATION , V ALDEZ .
A N : S HANNON C ONROY , C ONROY E STATES , S AN F RANCISCO .
S HANNON , NACH M ONATEN DES U MHERIRRENS BIN ICH HEUTE IN V ALDEZ ANGEKOMMEN .
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