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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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sich mit beiden Armen auf der Kommode ab. »Wenn er überlebt, wird er ein Pflegefall sein. Rob wird gelähmt im Rollstuhl sitzen, wie sein Vater. Ob er jemals wieder sprechen lernt, kann ich nicht sagen.«
    Der Schmerz in Shannons Brust wurde unerträglich, und sie bekam plötzlich keine Luft mehr. Sissy legte ihr den Arm um die Schultern, um sie zu trösten.
    Tief in meinem Innern habe ich gewusst, dass mit ihm etwas nicht stimmte, dachte Shannon verzweifelt. Die Kopfschmerzen, die Schwindelanfälle, die Erschöpfung seit Eoghans Tod …
    »Die Genesung kann lange dauern«, sagte Alistair und verschränkte wieder die Arme – eine Gebärde der Hilflosigkeit. »Monate. Oder Jahre. In einem Sanatorium kann er …«
    »Nein.«
    »Shannon, er muss ganz von vorn anfangen.«
    »Rob wird zu Hause leben. Bei mir und Ronan.«
    »Shannon, das ist …« Alistair schüttelte den Kopf. Er wirkte besorgt. »Rob wird dich Tag und Nacht brauchen, noch mehr, als Skip dich beansprucht. Rob kann sich nicht bewegen. Er kann nicht sprechen. Er kann vielleicht nicht einmal verstehen, was du sagst. Oder sich an dich …« Er blickte Sissy an. »… an euch beide … erinnern.«
    Shannon nickte. »Ich werde für ihn da sein, wie Rob für mich da war nach Ronans Geburts.«
    Sissy drückte ihre Hand. »Wie kann ich dir helfen?«, fragte Sissy. Ihre andere Hand ruhte auf ihrem Bauch.
    Sissy ist schwanger?, dachte Shannon bestürzt. Doch nicht von Lance, der seit Monaten in New York ist!
    »Soll ich mitkommen, Shannon? Du musst es nur sagen.«
    Sie nickte schwach. »Ja, Sissy, bitte komm mit ins Krankenhaus. Ich will jetzt nicht allein sein.«
    Shannon saß allein auf dem Bootssteg, blickte auf das Meer und den Sternenhimmel, lauschte auf das Rauschen der Brandung und genoss die warme Brise auf ihrem Gesicht. Neben ihr schlug ihr Boot leise gegen den Steg, die Taue knirschten, und die Planken knarrten. Es war schon nach Mitternacht. Ein Candle-Light-Dinner am Meer. Fackeln erleuchteten den Bootssteg. Ein Zelt beschattete den Tisch mit zwei Gedecken. Der Stuhl ihr gegenüber war leer.
    Was bedeutet es, jemanden wirklich zu lieben?, fragte sie sich. Allein zu sein, traurig, obwohl man den Rest des Lebens gemeinsam verbringt? Die Träume zu verlieren, die Zärtlichkeit, die intime Nähe, die Hoffnung auf Glück? Vor zwei Jahren hatte sie gewusst, was es bedeutete: Sie hatte Josh geliebt, für immer und ewig. Morgen würde er sie anrufen …
    Während sie nachdachte, betrachtete sie die Fotos aus ihrer Zeit mit Rob und ließ die Erinnerungen an sich vorüberziehen. Diese Erinnerungen waren wohl das Einzige, was ihr geblieben war.
    Zwei Fotos lagen ihr besonders am Herzen.
    Das erste zeigte Rob mit ihrem Sohn. Er lag mit ihm auf den zerwühlten Laken des Bettes, den Kopf auf den angewinkelten Arm gestützt, die Hand schützend um Ronans Köpfchen gelegt. Der Kleine war drei Monate alt. Die Art, wie die beiden sich auf dem Foto ansahen, berührte Shannon tief. Das Foto erinnerte sie an eine Szene vor einigen Tagen. Ronan war auf Robs Rollstuhl geklettert, hatte sich auf seinen Schoß gehockt und ihn umarmt. Und Rob hatte gelacht, obwohl er, seit er nach Hause gekommen war, noch kein Wort gesprochen hatte. Er hatte gelacht! Wie wundervoll das war! Shannon war in der Tür stehen geblieben und hatte die beiden beobachtet. Robs Lachen hatte ihr die Hoffnung zurückgegeben. Sie machte sich nichts vor: Es würde schwierig werden. Aber Rob war ihr Mann. Sie würden das gemeinsam schaffen. Ergriffen rollte sie das Foto ein, schob es in die Glaskugel und schraubte sie zu.
    Das zweite Foto zeigte Rob und Ronan am Strand in Australien. Shannon erinnerte sich, dass Daddy und sein Sohn zusammen in die heranbrausenden Wellen hinausgewatet waren. Als eine Woge herangedonnert war, hatte Rob den Kleinen gepackt und in die Luft geworfen, damit die Strömung ihn nicht fortriss. In diesem Augenblick, als Ronan vor Vergnügen quietschend über den Wellen schwebte und Rob die Arme nach ihm ausstreckte, um ihn wieder aufzufangen, hatte Shannon auf den Auslöser gedrückt. Dieses Foto zeigte, was sie vor elf Tagen verloren hatten: die pure Lebensfreude. Rob würde sich nie wieder so bewegen können. Er würde nie wieder reiten können, nie wieder schwimmen, nie wieder surfen, nie wieder segeln. Er würde auch nie seinen Rollstuhl aus eigener Kraft bewegen können wie sein Vater. Seine linke Seite war gelähmt.
    Tagelang war Rob immer wieder bewusstlos gewesen, und in

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