Im Herzen der Wildnis - Roman
kurze Schreiben hervorzog. Sie erinnerte sich an die Stunden, die sie mit ihm verbracht hatte, an all die schönen Augenblicke, die sie einander geschenkt hatten, an all das Glück, das sie geteilt hatten, aber auch an all das Leid, das sie am Ende getrennt hatte.
Shannon,
Du bist die Liebe meines Lebens. Mit Deiner Herzlichkeit und Deiner Liebe hast Du mein Leben bereichert. Du hast es wertvoll gemacht und atemberaubend schön. Was für ein unglaubliches Geschenk Du bist. Nach all den Jahren erfüllst Du mich mit Ehrfurcht vor Deiner Stärke, mit Freude und mit Glück.
Tränen rannen ihr aus den Augen, und seine Handschrift verschwamm, als sie langsam weiterlas.
Ich bin glücklich, Shannon. Und ich wünschte, Du wärst es auch endlich wieder. Du verdienst einen Mann, der Dich von Herzen liebt, der jede Minute in Gedanken bei Dir ist, der Dir hilft, Deine Träume zu verwirklichen, und der Dich glücklich macht. Josh hat mir versprochen, dass er Dich heiraten wird, wenn ich nicht mehr da bin. Er liebt Dich so sehr – so wie ich Dich geliebt habe. Trauere nicht um mich, Shannon, sondern behalte mich in Deinem Gedächtnis. Ich denke oft daran, wie es sein wird, wenn ihr wieder zusammen seid – zu dritt. Lass mich mit euch leben, lass mich in euren Herzen sein. Ich liebe Dich. Ich wünsche Dir und Josh alles Glück der Welt.
Rob
Shannon schluchzte auf und presste den Brief gegen ihre Brust, als wäre dies die einzige Möglichkeit, ihm nah zu sein. Eine Weile gab sie sich ihren Gefühlen hin, kuschelte sich ins Kissen und schmiegte sich in die Decke. Schließlich las sie Robs Brief noch einmal. Dann faltete sie ihn sorgfältig zusammen und schob ihn zurück in den Umschlag, den sie gegen die Nachttischlampe lehnte – auf diese Weise wäre er das Letzte, was sie vor dem Einschlafen sah.
Sie zog die Schachtel mit den Opernkarten zu sich heran und holte die Schokolade heraus. Josh hatte das Papier wieder um die Tafel gelegt. Sie entfaltete es.
Ruf mich an, Josh.
Shannon beugte sich vor und nahm den Telefonhörer ab.
Es klingelte nicht lange, bevor es in der Leitung knackte. »Shannon?«
»Josh!«
»Ich bin gerade eben nach Hause gekommen.« Er klang ein wenig atemlos, als wäre er zum Telefon gerannt. »Ich habe die ganze Zeit gehofft, dass du anrufst.«
Sie atmete tief durch. »Josh …«
Er wartete ab, ob sie weitersprach. »Ja?«
»Ich habe mich entschieden …«
37
Endlich allein! Ungestüm schloss Josh die Tür der Suite, umarmte Shannon und küsste sie. Ausgelassen lachend schlang sie ihre Arme um ihn und erwiderte seinen Kuss sehr leidenschaftlich.
Am frühen Abend waren sie in die Grand Opera gefahren. Josh trug White Tie, eine weiße Weste mit Seidenkrawatte. Perlen schimmerten an seinen Manschetten, ein Seidenschal hing über seinem Frack, eine Rose steckte im Knopfloch – dazu Stock, Handschuhe und Zylinder. Shannon sah einfach umwerfend aus. Das mitternachtsblaue Seidenkleid mit den aufgestickten Glitzersternchen ließ ihre Schultern frei. Ronans sehnlichster Wunsch, seine Mommy wieder einmal auf der Titelseite der Vogu e zu sehen, würde wohl in Erfüllung gehen.
Nachdem sie Ronan ins Bett gebracht hatten, hatten sie die Suite verlassen und waren in die Oper gefahren. Vor dem Portal hatte sie ein Blitzlichtgewitter erwartet. Doch Shannon hatte ganz selbstverständlich seine Hand genommen, hatte ihre Finger zwischen seine geschoben und ihn die Treppen hinauf zu den Logen geführt. In dem sanften Licht von der Bühne war Shannon so wunderschön gewesen! Ihre Haut schimmerte wie Seide, ihr aufgestecktes Haar glänzte, ihre Augen funkelten. Nicht Enrico Caruso war der Star des Abends, sondern sie. Carmen hatte Josh nicht interessiert – er hatte nur sie gesehen. Sie waren immer näher aneinandergerückt, und er hatte seinen Arm um sie gelegt und sie fest an sich gezogen. Er hatte ihren Herzschlag gespürt und ihr Zittern. Überwältigt von ihren Gefühlen, hatten sie das Finale nicht abgewartet, sondern hatten in enger Umarmung die Loge verlassen, um ins Palace Hotel zurückzukehren.
In der Lobby, wo sie sich vor sechs Jahren kennengelernt hatten, trafen sie Charlton. Genüsslich eine Zigarre paffend, hatte er auf sie gewartet. »Vermassele es nicht wieder!«
Josh hatte ausgelassen gelacht. »Nein!«
»Viel Glück!«
»Hab ich schon.« Er hatte Shannon an sich gedrückt.
Charlton hatte gefeixt. »Dann viel Vergnügen!«
Shannon und er hatten einen Blick in den überfüllten Garden Court
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