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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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Probenentnahme, mit der er gerade beschäftigt war, blickte auf und sah, daß sie am anderen Ende der Kaverne war und in einen der Seitenstollen zeigte. Als er bei ihr anlangte ging ihm ein Adrenalinstoß ins Blut, denn sein Blick fiel auf ein verräterisches Durcheinanderwogen, das auch ohne helles Licht die Anwesenheit der purpurnen Würmer verriet, welche die Schleimalgen der Wände abweideten.
    Dann sah er etwas anderes. Ungefähr hundert Meter weiter, in der Nähe eines der vom Bewuchs getrübten Leuchtstreifens, trieb eine undeutliche Gestalt.
    »Wieder ein Toter?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube, es ist Ingersoll.«
    Saul verwünschte die schlechte Beleuchtung und die als Nebenwirkung der Antihistamine periodisch auftretenden Sehstörungen. Er kniff die Augen zusammen und spähte durch den Stollen. Tatsächlich; die Gestalt war in Bewegung.
    Ingersoll. Alle hatten ihn mittlerweile für tot aufgegeben. Zuerst dachte er, der Vermißte stecke in einem grünen Schutzanzug, dem Bewuchs der Stollenwände angepaßt. Dann aber…
    »Das – das ist unglaublich!« Zu seiner Verblüffung wurde ihm klar, daß die Gestalt keine Kleidung trug.
    »Das sind getrocknete Algen, mit denen er sich bedeckt hat! Und was pflückt er da von den Wänden? Sehen Sie es, Saul? Was macht er?«
    Glücklicherweise hielten ihre Helme den Klang ihrer Stimmen zurück. Saul versuchte sich dem Mann unbemerkt zu nähern. »Ich vermute…«
    Ingersoll mußte in der Stille der dünnen Luft etwas gehört haben. Er fuhr herum, und Saul sah, daß nur sein Gesicht frei von einer dicken Schicht grüner, lebender Gewächse war. Er rollte die Augen und stieß einen unartikulierten Schrei aus, dem ein kaum verständliches Gebabbel folgte. Saul konnte nur einzelne Wörter heraushören.
    »… vollkommen… süß, süß und warm!… Wirst sehen… sehen…«
    Es war schwierig, sich auf sein hervorgestoßenes Gestammel zu konzentrieren, wenn man sah, was Ingersoll tropfend aus dem Mund hing: eine dunkelrote, blutende Masse.
    Dann wandte sich der Mann plötzlich um, stieß sich ab und war verschwunden. Lani und Saul starrten ihm nach, zu verblüfft, um an Verfolgung auch nur zu denken.
    Lani faßte sich zuerst. »Der schmiert sich nicht nur mit dem Zeug ein, er ißt es!« Sie schauderte sichtbar.
    Saul nickte. »Na, wenigstens das wird mir erspart bleiben. Ich an seiner Stelle würde wahrscheinlich allergisch sein.«
    Er faßte sie beim Arm und nickte ihr lächelnd zu, und als sie sich zum Gehen wandten, konnte sie sein Lächeln erwidern.
    Saul wurde mehrmals von heftigem Niesen geschüttelt.
    »Die Wirkung dieser verdammten Antihistamine läßt wieder nach. Lassen wir es gut sein, Lani. Wir markieren diesen Stollen und gehen nach Hause!«
    Nach einem letzten Blick in den Stollen machten sie sich auf den Rückweg, allein mit ihren bedrückenden Gedanken.
     
    Eine Stunde später näherten sie sich wieder dem Zentralkomplex und gerieten in die am meisten gefährdete Grenzzone, wo die Wärme, die Luft und die Feuchtigkeit der menschlichen Wohnungen die einheimischen Lebensformen am stärksten anzogen. Lani stellte den umgebauten Mikrowellenbohrer wieder auf die für die Würmer tödlichen Frequenzen ein, da die Gefahr bestand, daß sie sich den Weg freikämpfen mußten. Saul hingegen fühlte sich unversehens in gehobener Stimmung. Jenseits des Niemandslandes gab es Wärme und Essen und auch jemand, der auf ihn wartete.
    Seine Gedanken waren ein Wirrwarr von Formen und Details. Die sexuell geprägte Vorstellung von Virginias Brustwarzen, warm von seinen Händen und aufgerichtet. Ihr leiser Atem in seinem Ohr, und die elektronisch verstärkte Fühlerberührung ihrer Empfindungen, direkt in sein eigenes Wahrnehmungszentrum geleitet…
    Und dazwischen wieder die Querschnitte der kleinen Zellen, die sich üppig vermehrten, in gefleckten, vielfach getönten Schwärmen wuchsen und kooperative Makroorganismen bildeten, wo niemand vermutet haben würde, daß sie existieren, geschweige denn gedeihen konnten.
    Die Bilder hatten eine Gemeinsamkeit, stellten sie doch nichts anderes als den Triumph biochemischer Selbstkopie dar. Die sexuelle Erregung zweier Liebender, ihre tiefe emotionale Bindung, unterschied sich im Prinzip nicht von der brandenden Flut der heimischen Lebensformen, die sich anschickten, eine Hitzewelle zu nutzen, welche nur einmal in sechsundsiebzig Jahren wiederkehrte…
    Nur indirekt und ohne böse Absicht schadeten diese einheimischen

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