Im Herzen des Kometen
der Beine -
»Halt! Ich wünsche keine Anspielungen auf mein Geschlechtsleben.«
- Die Frage war gestellt.
»Wirklich?«
- Bedaure.
Ihr Kopf war in dicke Schaumstoffpolster gebettet, was sich als gute Vorsorge erwies; andernfalls wäre sie vor Verlegenheit zurückgezuckt.
»Wieviel hast du…« Nun, natürlich, dachte sie. Die Gelegenheit mit Saul.
- Wie lautet die Frage?
»Ach, es ist unwichtig. Du kannst nichts dafür.«
- Das Experiment kann abgebrochen werden.
»Nein, ich brauche es für die Maschinen.«
- Empfange jetzt wertvolle Nebendaten.
Anscheinend sollte dieser letzte Satz ermutigend sein. Das Programm hatte eine unheimliche Fähigkeit, auf ihre Vorstellungen einzugehen. Gleichwohl… »Bloß aus Neugierde, was hat meine motorische Fähigkeit im Umgang mit Werkzeugen – denn ihretwegen ziehen wir das Schleppnetz durch meine Scheitellappen, nicht wahr? – was hat das mit dem Spreizen der Beine zu tun?«
- Diese Aktionen sind in der Selbstprogrammierung assoziiert.
»Selbstprogrammierung?«
- Vom Leben gelernt.
»Ah. Du meinst, Erfahrung.«
- Ist der beste Lehrmeister, lautet ein altes Sprichwort.
»Vielleicht. Manches würde ich mir lieber gefahrlos aus einem Buch aneignen.«
-Ja.
Johnvon war diplomatisch. Schließlich hatte er nicht die Möglichkeit direkter Erfahrung.
»Kannst du die dort eingelagerte Erinnerung überfliegen?«
-Ja.
War da eine Andeutung von Zögern? »Kannst du diesen Erinnerungskomplexen eine zeitliche Zuordnung geben?«
- Ein Jahr, nein. Zeitassoziationen sind unbestimmt. Die Unterlage ist hart und kiesig und kalt. Da ist ein Geräusch. Wasserwellen, vermutlich. Im Dunkeln ist nahe ein Gesicht, und ein schmerzhaftes Stoßen im Unterleib.
Ja. Der warme hawaiianische Abend, erfüllt von Blütenduft und Verheißung. Ein Film und ein Milchshake und dann zum Strand, um ein bißchen zu schmusen. Nur war es nicht bei den warmen Küssen und liebkosenden Händen geblieben. Etwas Machtvolles hatte in einer Art und Weise, die sie sich nie hatte vorstellen können, obwohl sie nicht selten daran gedacht und in ihren Phantasien davon geträumt hatte, von ihr Besitz ergriffen, und dann hatten sie es tatsächlich und unglaublicherweise getan. Und statt einer leidenschaftlichen und zugleich erhebenden Empfindung, einer rauschhaft-mystischen Vereinigung, wie sie es sich erträumt gehabt hatte, war es roh, derb, unbequem, schmerzhaft und letztlich deprimierend gewesen.
Sie wollte Johnvon fragen, was er von alledem wisse, als ihr einfiel, daß er in Wahrheit genausoviel wußte wie sie selbst. Oder wissen würde, sobald er mit der Aufnahme ihrer Großhirnrinde fertig wäre. Und wenn er sich erst mit ihrem Kleinhirn beschäftigte, mit dem Reptilienhirn der unbewußten Persönlichkeit, würde er noch sehr viel mehr wissen. Es war ein ernüchternder Gedanke.
Johnvon sagte nichts dazu. War es Taktgefühl? Oder verfiel sie dem üblichen Vorurteil der Programmierer, die den Antworten und Reaktionen ihres Computers menschliche Züge beilegten?
Das zarte kühle Prickeln dauerte an. Sie entspannte sich und hoffte, daß die unangenehmen und wirren Empfindungen, welche die Erinnerung heraufbeschworen hatte, ihr wieder aus dem Sinn gehen würden.
Sie wußte, daß Erinnerungen nahe den Zentren physischer Assoziationen gespeichert waren, so daß der Körper in der Speicherung von Daten den Geist führte. Ein bestimmter Geruch konnte einen fernen Kindheitstag wieder wachrufen. Diese Überlegung führte sie zurück zu dem radikalen Experiment, das sie hier unternahm.
Die Maschinen bedurften der Beaufsichtigung. Spezielle Arbeitsprogramme steuerten die Bewegungen ihrer Greifarme, und sie waren durch ihre auf kybernetischen Prinzipien beruhende Konstruktion vielseitig einsetzbar, in den meisten Fällen sogar imstande, selbsttätig einfache Entscheidungen zu treffen und Fehler zu berichtigen. Aber sie waren nicht intelligent. Johnvon wiederum war ziemlich intelligent, aber er konnte einer Maschine nicht helfen, eine Schraube einzudrehen oder einen Saugschwamm zweckmäßig einzusetzen. Als stochastische Maschine war er für den Umgang mit Ungewißheiten gemacht. Er kam mit der reduktionistischen, ganz auf die Lösung der jeweils gestellten Aufgabe ausgerichteten Betrachtungsweise der Maschinen nicht gut zurecht. Und ihm fehlten die vielfältigen motorischen Geschicklichkeiten, die Evolution und Übung dem Menschen gegeben hatten.
So war sie auf eine ihrer absonderlichen, wenig
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