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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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sagte sie, froh über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte. »Wir alle haben unser Letztes geben müssen, Carl. Du kannst dir keine Vorwürfe machen, weil du nicht für alle Leute alles gewesen bist.«
    Er antwortete nicht, befühlte geistesabwesend die Leitungen der Überwachungsaggregate, deren Kontakte Sauls Körper bedeckten. Virginia sah, wie sein Gesicht einen Ausdruck trauriger Nachdenklichkeit annahm. Er seufzte, dann blickte er in Sauls entspanntes Gesicht und fragte: »Können Sie verstehen?«
    Ein Nicken.
    »Sie kommt mit Ihnen.«
    Ein leichtes Lächeln. Die faltige Haut um seine Augen runzelte sich in unverkennbarer Freude.
    Sie fragte Carl: »Sein Sprachzentrum…?«
    »Ich kann es wieder anschließen, wenn du willst. Oder Matsudo rufen, wenn du meinem Gefummel nicht traust.«
    Sie drückte ihm zärtlich die Hand, bekümmert, daß es so hatte kommen müssen. »Nein, laß nur! Ich denke, wir verstehen uns auch ohne Worte.«
    Saul nickte.
    Carl blickte von Saul zu ihr und zurück. Seine Miene war starr. Virginia verspürte Mitleid; ein rücksichtsloses Geschick hatte ihn allzu rasch in den Mittelpunkt der Ereignisse gestoßen. Sie bedauerte, daß sie gezwungen gewesen war, zu unwürdigen Mitteln zu greifen, um ihr Ziel zu erreichen. Aber es gab kein Zurück.
    »Wir werden dich innerhalb der nächsten Wochen ins Kühlfach stecken«, sagte Carl in geschäftsmäßigem Ton, nachdem er aus einem inneren Reservoir Kraft geschöpft hatte. »Zuerst tauen wir deine Ersatzperson auf, damit du sie unterweisen kannst. Wir werden die Sache mit dem Ausschuß regeln müssen und sehen, ob eine Einigung erzielt werden kann, wer wiedererweckt wird: ein Percell oder ein Ortho. Das Übliche. Das sollte weniger als einen Monat in Anspruch nehmen. Wir werden die nötigen Schritte einleiten, sobald die Maschinen ihre Arbeit aufgenommen haben und Johnvons Programm geändert ist.«
    Sie konnte ihn nicht ansehen und ließ ihren Blick auf Saul ruhen. »Ich werde Johnvon durch eine der Maschinen eine permanente manuelle Funktion geben.«
    »Die Einzelheiten interessieren nicht. Du hast gewonnen. Darauf kommt es an.«
    Sie nickte, unfähig zu sprechen oder ihn anzusehen.
    Lange stand er schweigend im feuchten Dunst der Kühlhausatmosphäre. »Die Leute, an denen mir am meisten lag, entgleiten mir alle…« Dann hob er die Schultern. »Weißt du… ich werde euch zwei vermissen.«

 
VIERTES BUCH

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Der Fels in der Wüste:
2092
     
     
Was uns die Natur nicht tut,
wird von unseren Mitmenschen getan.
    TOM LEHRER

 
1

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SAUL
     
     
    Die Welt kehrte langsam zurück, und nicht allzu angenehm. Es prickelte bis in die Wurzeln seiner Nerven, und dann fing alles an zu jucken.
    Er konnte sich nicht kratzen.
    Später, als das Prickeln endlich nachließ, stellte sich zum erstenmal ein Gefühl empfindlicher Kälte ein.
    Diese allmähliche Rückkehr zum Bewußtsein glich einem fiebrigen Frösteln, einer schlimmen Krankheit, in deren Verlauf der Geist gelähmt und die Gedanken in Bruchstücken zerstreut sind, und doch weiß ein Kern, daß er denken will, daß er herausbringen muß, was fehlt und wie es behoben werden kann.
    Auch war es wie ein Alptraum, mit verschwommenen Bildern, undeutlichen Geräuschen und Stimmen, die murmelten und wieder verschwanden, ohne Erklärung und Sinn. Nur der Träumer wußte, daß es diesmal kein rasches, erleichtertes Erwachen geben würde.
    Es gab nur einen Weg aus diesem Traum: ein langes, langsames Weiterdämmern bis zum Ende.
    Die erste Gewißheit, daß er nicht phantasierte, kam für Saul, als eine leere weiße Fläche über ihm langsam Schärfe gewann. Seine Augenlider zuckten in zögernder Rückkopplung, gehorchten dann seinem Willen.
    Schließen, lautete sein Befehl. Das Licht wurde zu einem angenehm gedämpften rosigen Ton.
    Öffnen! befahl er hastig, in Sorge, die Welt sei wieder von ihm gewichen. Aber Nerven und Muskeln reagierten prompt: ein Sturzbach von Licht brach über ihm herein.
    Es ist kalt… Kalt wie das Herz des Hohenpriesters.
    Und ein trockener, frostiger Morgen in den Hügeln Judäas erstand in der Erinnerung, der Duft hundertjähriger Zedern und die Beklemmung einer zu Grabe getragenen Hoffnung.
    In der Richtung von Gan Illanna rötete Feuerschein den Himmel. Auch auf dem Herzlberg brannte es. Aber in Jerusalem rückten die Armeen des Herrn singend vor, auf einer Seite angeführt von einem Dickicht goldener Kreuze, auf der anderen Seite vom Mahdi und den Mullahs der

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