Im Herzen des Kometen
Arbeitsmaschinen keine brauchbare Leistung herausbringen.«
»Das ist Ungehorsam! Erpressung!«
»Nenne es, wie du willst! Aber tu es!« Virginia preßte die vollen Lippen zu einer dünnen, blassen Linie zusammen.
»Wir brauchen dich.«
»Es gibt andere Programmierer – ihr könnt einen aufwecken. Und Johnvon kann eine Menge Funktionen übernehmen. Ich habe seine Fähigkeiten verbessert.«
»Ein Computer kann dich nicht ersetzen.«
Gut. Wenn es gelang, ihn zu rationalem Argumentieren zu bringen, war die Partie halb gewonnen. »Johnvons allgemeine Organisationsstrukturen sind besser als die meinigen. Er beherrscht auch Selbstprogrammierungen höherer Ordnung. Das macht ihn sehr anpassungsfähig.«
»Aber deine Erfahrung…«
»Hör zu, ich verhandle hier nicht. Ich verlange.«
Carl seufzte, und sie sah, daß er abgespannt war. Nicht körperlich – sein festes Kinn und die vollen Wangen waren gesund und gerötet, ein willkommener Anblick in diesen Tagen –, aber geistig. Ould-Harrad war ein frustrierender Vorgesetzter. Carl mußte seine liebe Not haben, dringende Entscheidungen von ihm zu erhalten. Und sie machte es ihm nicht leichter.
»Willst du mir weismachen, Johnvon würde mit einem anderen Computerspezialisten arbeiten? Schließlich ist er dein Baby, ganz auf dich zugeschnitten.«
»Ich habe ihn angewiesen. Als Vorschrift, unter Verwendung des alten Programmrahmens. Genauso wie ich ihm befohlen habe, die Maschinen stillzulegen, bis ich ihm den Gegenbefehl gebe.«
Carl blitzte sie zornig an. »Also doch Erpressung!«
»Nenne es eine Verhandlungsposition.«
»Du sagtest, daß du verlangtest, nicht verhandeltest.«
Ein Achselzucken. »Das kannst du übergehen. Laß mich ins Kühlfach, oder nichts wird getan!«
»Wir könnten Johnvon stillegen und die Maschinen über den Zentralrechner einschalten.«
Damit hatte sie gerechnet. »Wenn ihr ihn bei Bedarf wieder einschalten müßt, wird er sofort wieder die Maschinen stillegen.«
Carl zeigte mit dem Finger auf Saul. »Er hat dich dazu angestiftet.«
»Nein. Ich habe darüber nicht mit ihm gesprochen. Ich habe… mich selbst entschlossen.«
Carls Stimme klang gepreßt, als er weniger laut als zuvor sagte: »Du… liebst ihn so sehr?«
Dies war nicht die Zeit, sich um irgend etwas anderes als um Resultate zu kümmern. Carls Gesicht war gerötet, sein Atem ging schwer. Wenn er merkte, wie unsicher sie selbst war, wieviel Nervenkraft es sie kostete, dies zu tun – »Ja. Du hast es die ganze Zeit gewußt.«
Irgendwie dämpfte diese einfache Erklärung Carls Zorn. »Du… willst die gleiche Zeit im Kühlfach verbringen?«
»Wir gehören zusammen.«
Carl seufzte wieder. »Verdammt ernste Sache, die Maschinen zu blockieren. Klarer Fall von Sabotage. Ich könnte dich in die Haftzelle stecken und schmoren lassen, bis du schwarz wirst oder die Sperre aufhebst.«
»Ich mußte zeigen, daß es mir ernst ist. Ich will ohne Saul nicht leben. Insbesondere nicht, weil niemand wirklich weiß, wie lange die Dinge hier noch zusammenhalten werden.«
»Wir haben die Krankheiten besiegt, sagt Saul.«
»Ja, einstweilen. Aber wie sieht es mit den langfristigen Wirkungen aus? Wir brauchen gesunde Leute, die in Jahrzehnten Dienst tun können. Leute, die in gutem Zustand aus dem Kühlfach kommen, bereit, die Arbeit aufzunehmen. Das trifft auf Saul und mich zu. Du weißt, daß wir überleben können.«
Sie brachte die Argumente vor, wie sie sie einstudiert hatte. Die Argumentation war lückenhaft, aber sie sah jetzt, daß Carl in seinem desorientierten Zustand verwundbar für sie war, unfähig, zusammenhängende Einwände vorzubringen. Vielleicht würde er tatsächlich froh sein, sie und Saul los zu sein; sie vermutete, daß ihre Liebe ihm ein ständiges Reizmittel war.
Carl wandte sich zum Assistenten. »Keoki, könnten Sie noch etwas Kleintex-Lösung aus dem Lager holen?«
Der andere nickte und ging.
Auf einmal schien Carl nachdenklich, beinahe benommen.
»Carl… ich weiß, es ist eine schwere Zeit…«
Er rang offenbar mit inneren Konflikten. »Weißt du, ich achte nie auf die Leute um mich… Weiß nie, was sie denken, fühlen…«
»Nein, das ist nicht wahr, du…«
»Ich habe Lani nie gesehen«, sagte er mit Bitterkeit. »Immer träumte ich nur von dir. Als ich sie dann in die Kühlung gehen sah, aufgefressen von dieser verdammten Krankheit… Ich hätte mich mehr um sie kümmern können, wenn ich…«
»Wenn du ein Übermensch gewesen wärst, ja«,
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