Im Herzen des Kometen
des vergangenen Jahrhunderts noch frisch in jedermanns Erinnerung sind und im allgemeinen Bewußtsein nachwirken. Zuerst muß die Raumfahrt der Erde dienen, ihren Kostenaufwand einbringen, bis die Erholung vollständig ist. Aber da würde ich mir an Ihrer Stelle keine Sorgen machen; bestimmt werden Sie noch Ihre Dritte Ebene zu Gesicht bekommen.«
Die Linsen der Maschine hatten sich dem Halbdunkel in der Luftschleuse angepaßt, und Virginia sah, wie Lani den Kopf schüttelte.
»Für mich wird es wahrscheinlich zu spät sein. Wenn ich Kinder haben will, werde ich sie auf der Erde zur Welt bringen müssen, und kein Astronaut wird seinen Beruf aufgeben, um mit mir dort zu bleiben.«
Da war es, wie eine offengelegte Wunde. Virginias Unbehagen nahm zu. Wenn es ein Thema gab, das sie lieber nicht erörterte, dann war es dies.
»Kommen Sie, Lani«, sagte sie mit gespielter Unbekümmertheit. »Sehen Sie das nicht etwas einseitig? Ich meine, als Sie sich für den Beruf entschieden, werden Sie gewußt haben, daß er mit Kindern und Familienleben nicht zu vereinbaren ist.«
Lani blickte auf. Ihre dunklen Augen waren traurig.
»Sicher habe ich es gewußt, und anfangs war ich nur für meinen Beruf Feuer und Flamme, aber mit den Jahren… Viele von uns lassen Spermien und Eizellen in Banken auf der Erde einfrieren. Manche suchen sich Leihmütter, die ihre Kinder austragen, aber meistens endet es dann mit einer Adoption… Anders sieht es für diejenigen aus, die keine Leihmütter oder Pflegeeltern finden, weil sie Percelle sind. Sie sind noch schlechter dran als wir Orthos.«
Wenigstens, dachte Virginia ironisch, hatte das Mädchen noch etwas einzulagern. Eine Fahrkarte in die Zukunft, wenn man so wollte. Was hatte demgegenüber sie, außer ihrer Arbeit?
»Die Strahlungsmengen, in denen Sie leben und arbeiten müssen, machen das notwendig, das wissen Sie selbst, Lani.«
Lani zuckte die Achseln. »Wenn man uns richtige Raumkolonien bauen lassen würde, statt provisorische Verarbeitungsanlagen und enge kleine Wohnzellen mit mangelhafter Strahlenisolation, könnten wir Astronauten heiraten und Familien gründen. Wie die Dinge liegen, müssen die weiblichen Astronauten, die in die Heimat zurückkehren, weil sie Kinder aufziehen möchten, dort bleiben. Fast alle von ihnen heiraten schließlich Männer aus anderen Berufen, weil kein Mann wie Car… weil kaum ein Astronaut freiwillig seinen Beruf aufgeben würde.«
Virginia versuchte dem Gespräch wieder eine Wendung ins Abstrakte zu geben, wo sie sich sehr viel wohler fühlte. »Das ist eine harte Entscheidung Lani, kein Zweifel. Aber wer sollte die Errichtung solch vollkommener Raumkolonien finanzieren, und wo sollten sie entstehen? Ich glaube, wir können auf die Gesetze vorläufig nicht verzichten…«
»Diese Gesetze sind untauglich! Sie wissen, daß es nur reaktionäre Maßnahmen gegen etwas sind, was für die Massen neu und beängstigend ist! Man will die Herrschaft über uns hier draußen nicht verlieren! Man fürchtet die Veränderung!«
Virginia unterdrückte ihre erste Reaktion – dem Mädchen zu sagen, es solle sie nicht belehren. Was in aller Welt hatte ein gesundes Mädchen ihr über die Bedingungen des Lebens zu sagen? Über Bitterkeit und den dunklen Schatten der Bedrängnis? Hier draußen gab es nur einen, auf den Virginia hörte und der in ihren Augen das Recht hatte, etwas über diese Fragen zu sagen.
Etwas von dieser Zurückweisung mußte in die Haltung der sechsbeinigen Maschine eingegangen sein. Lani richtete sich auf und hob wie beschwichtigend die Hand.
»Entschuldigen Sie, daß ich laut geworden bin, Virginia.«
»Das ist schon gut, Lani. Kommen Sie, ich helfe Ihnen den Rest hereinschaffen! Sie wissen, daß selbst die Hölle nicht dem Zorn eines Unteroffiziers über unverrichtete Arbeit gleichkommt. Wir müssen fertig sein, ehe Seine Zornröte, Astronaut erster Klasse Carl Osborn, eintrifft.«
Lani lachte, aber es endete mit einem Schnupfen. Virginia streckte vorsichtig einen Greifarm der Maschine aus und berührte den Ärmel des Schutzanzugs. Lani nickte, und sie zogen wieder hinaus unter die Sterne, um den letzten Lattenverschlag hereinzuschaffen.
Sie hatten ihn eben halbwegs zur Luftschleuse gezogen, als von links ein Lichtkegel herübertastete, gefolgt von einer weißlichen Wolke ausgestoßenen Gases.
Gleich darauf kam eine große, in ihrem Schutzanzug unförmig wirkende Gestalt in Sicht. Virginia, die eine jahrelange gute Bekanntschaft mit
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