Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
Vom Netzwerk:
darüber.
    Virginia stimmte nach kurzem Zögern zu. »In Ordnung. Tue das! Aber hinterlasse keine Spuren!«
    Natürlich war es unethisch, daß sie sich ihrer besonderen Fähigkeiten und Mittel bediente, um in anderer Leute Privatangelegenheiten zu schnüffeln. Aber Virginia hatte schon immer an ein Gemeinschaftsdenken geglaubt und gefunden, daß die Leute zuviel Geheimniskrämerei trieben. Außerdem erweiterte es die Zahl derer, an die man denken konnte. Das Dutzend Besatzungsmitglieder, das noch Dienst tat, war kaum genug, um in den sechzehn Monaten der ersten Wache auch nur ein Minimum an Klatsch aufrechtzuerhalten. Der Zwang zum sparsamen Umgang mit Lebensmitteln hatte bewirkt, daß alle anderen bereits in den Kälteschlaf versetzt worden waren, während die erste Wache die notwendigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten ausführte.
    Nun, sie hatte sich mit dem Wissen, daß es eine von den arbeitsreichsten sein würde, freiwillig für die erste Wache gemeldet. Später, so hoffte sie, nachdem sich alles eingespielt hätte, würde sie dafür ihre Chance in Gestalt langer und ungestörter Arbeitsperioden erhalten.
    Ihre Maschine beendete die langsame Drehbewegung auf der Oberfläche, und die Öffnung von Schacht 12 kam in Sicht. Zernarbt und zerkratzt, übersät mit allerlei Unrat, Schrottmetall und leeren Stahlfässern, hatte die nördliche Polarregion nichts mehr von einem unberührten Überrest der Schöpfung.
    Lattenverschläge mit Ersatzteilen und anderem Material waren auf der Oberfläche festgemacht und zum späteren Gebrauch mit Planen aus Fiberstoff abgedeckt. Schutt lag überall.
    Weiter entfernt erhoben sich sechs hohe, pyramidenartige Haufen dunklen Aushubmaterials, das beim Anlegen der Schächte und Stollen zutage gefördert worden war. Es war bereits durch eine Separatorenanlage gelaufen und vorsortiert in Haufen von Nickeleisen, platin- und iridiumreichen Erzen sowie kohlenstoffhaltigem Aushub, der den kanadischen Teersänden ähnelte. Zu einem späteren Zeitpunkt, lange nachdem Virginia ins Kühlfach zurückgekehrt wäre, würden die Wachmannschaften mit der Verarbeitung des Rohmaterials zu nützlichen Dingen wie Gehäusen für die Rückstoßgeräte beginnen.
    Nicht zum ersten und auch nicht zum letzten Mal überlegte sie, wie die Erde bei ihrer Rückkehr aussehen würde. Würde sie ihre Heimat wiedererkennen, freundlicher und aufgeschlossener finden? Oder würde sie sich in einer fremdgewordenen Welt sehen, verändert bis zur Unkenntlichkeit?
     
Sonnenwärts stürzt er
in seiner Bahn
seit Jahrtausenden -
 
Einmal in einem Menschenleben.
 
Ausschöpfend
die wechselnden Zeiten,
das Leben der Völker -
 
Mit einem Schlag seines Herzens.
     
    Hm. Glücklicherweise war sie gerade zu beschäftigt, sonst hätte sie versucht sein können, diesen Einfall aufzuzeichnen. Trotzdem ließ sich vielleicht etwas damit machen.
    - Soll ich es speichern oder löschen?
    »Johnvon, ich dachte, du hättest ausgeschaltet. Das waren persönliche Betrachtungen.«
    Eine kurze Pause verriet ihr, daß eifrige Korrelationsversuche angestellt wurden.
    - Private Betrachtungen – Überlegungen – Phantasien…
    »Genug!«
    Und Johnvon war augenblicklich still.
    Irritiert bemeisterte sie ihre abschweifenden Gedanken und konzentrierte sich darauf, die Maschine zum Ausgangsort zurückzumanövrieren. Die spinnenartigen Gelenkbeine tasteten sich langsam weiter. Oberflächenvibrationen wurden in Geräusche umgesetzt, so daß sie die Füße der Maschine im dunklen, pulverisierten Eis knirschen hören konnte.
    Während der Ausschachtungsarbeiten war eine Menge Wärme und Dampf ausgetreten, und einige der freigesetzten Gase waren hier draußen nahe dem absoluten Nullpunkt gleich wieder kondensiert und gefroren, bevor sie in den Raum entweichen konnten. So hatten sich funkelnde Schneekristalle um die aus den Stollen und Kavernen des Innern herausführenden Schächte gebildet und verschönten auch den Eingang zu Schacht 12 mit Verkrustungen aus verschiedenfarbigem Schnee.
    Die Luftschleuse selbst war ausnahmsweise mehr als eine eintönige funktionale Konstruktion; Virginia sah sie sogar als ein Kunstwerk an. Die Verstärkungsstreben waren in hohen, eleganten Bogenformen gepreßt, und die Verankerungen sahen wie die knorrigen Tatzen von Wasserspeiern aus, die sich in die Urmaterie des Kometen krallten.
    Nur wenige besonders beanspruchte Teile bestanden aus dem kostbaren kältebeständigen Metall, das aus den Transportsonden gewonnen

Weitere Kostenlose Bücher