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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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umhergekrabbelt waren, um die Vorbereitungen für den langen Winter zu treffen, hatte Lani Andeutungen wegen einer Beeinflussung der Schichteinteilung gemacht. Sie wollte in die erste Schicht und während der nächsten eineinhalb Tage wach bleiben, wenn fast alle anderen schlafengelegt wären.
    Nicht wenige Expeditionsmitglieder schienen mit ihr den Glauben zu teilen, daß Virginia über einen geheimen Zugang zum Zentralrechner der Expedition an Bord der Edmund Halley verfüge. Manche hatten sich nicht gescheut, noch dreistere Ansinnen an sie zu richten, sie aber war all diesen mehr oder minder offenen Unterstellungen mit jener höflichen Unverbindlichkeit begegnet, die besser aufgenommen wurde als eine direkte Ablehnung.
    Um ehrlich zu sein, hatte Virginia Lanis schüchterne Bitte über allem Herumlaufen und der Aufregung um die Übersiedlung ins Innere des Kometenkerns vergessen, bis sie jetzt daran erinnert worden war.
    Die Anziehungskraft des Kometen war so gering, daß Lani die Lattenkiste anschieben mußte, um sie so raumsparend wie möglich zwischen dem übrigen Material unterzubringen.
    »Ich weiß, Sie können es nicht offen zugeben, aber ich bin Ihnen wirklich dankbar. Es wäre mir schrecklich gewesen, in meinem Gemütszustand einfach in den Tiefschlaf zu gehen… soviel Zeit zu verbringen… Es gibt verschiedenes, was ich noch innerlich verarbeiten muß.«
    Obwohl sie ihre Position während der Arbeit ständig verändern mußte, konnte Virginia ihr Gesicht jetzt durch die Visierscheibe des Helms sehen. Die junge Vietnamesin, deren gesundem, glattem Gesicht nicht so leicht eine Gefühlsregung anzumerken war, schien von einer inneren Unruhe ergriffen, denn selbst als sie geendet hatte, arbeitete ihr Mund weiter, als suche sie nach Worten, ihren Zustand auszudrücken.
    Nun, es war kaum verwunderlich. Schon vor dem Antritt der Reise hatte man ihnen allen eingeschärft, daß sie einander abwechselnd als Therapeuten, Zuhörer und Seelenhirten zu dienen hätten. Außerdem war die Expedition ein Rettungsanker für manche gewesen, die in der Heimat aus persönlichen, beruflichen oder politischen Gründen nicht vorangekommen waren.
    Eine Versammlung von seelisch oder körperlich Verkrüppelten, von Flüchtlingen und Vertriebenen, dachte sie seufzend. Und wenn sie ehrlich mit sich selbst sein wollte, mußte sie zugeben, daß sie nicht weniger verwirrt war als dieses arme Mädchen.
    Sie wartete, und nach einer Weile setzte Lani das Gespräch fort. Die automatische Trägerwelle schaltete sich einen Augenblick vor Ankunft ihrer Stimme ein.
    »Sagen Sie, Virginia, was halten Sie von den Gesetzen über den Aufenthaltsort bei Geburten und für Mütter mit Kleinkindern?«
    Virginia war froh, daß die andere ihr erstauntes Gesicht nicht sehen konnte. »Nun, ich weiß nicht… Manche finden sie nicht mehr zeitgemäß, aber ich denke mir, daß es Argumente zugunsten beider Seiten gibt. Sicherlich finden Sie diese Gesetze lästig, Lani. Schließlich sind Sie…«
    »Astronautin, ja. Meine Großeltern waren nach Kalifornien ausgewandert, und meine Eltern sind dort von ihrer Ausbildung her ganz und gar naturwissenschaftlich geprägt worden. Mein Vater war so begeistert von der Raumfahrt, daß er mir schon Geschichten über die Zukunft des Menschen im Weltraum erzählte, als ich kaum das Säuglingsalter hinter mir hatte. Er meinte, irgendwie werde die Menschheit eines Tages hier herausziehen und wieder reich und glücklich und großherzig sein. Nur die Langweiler und Stubenhocker würden noch auf der Erde leben. Natürlich sehe ich heute, daß das eskapistische Phantasien waren, denn niemals wird es im Sonnensystem außerhalb der Erde Lebensraum für Milliarden Menschen geben, aber ich ließ mich von diesen Ideen begeistern und wählte meinen Beruf…«
    Virginia rückte unbehaglich auf ihrem Platz hin und her, und die Maschine draußen an der Oberfläche reagierte mit der entsprechenden Körperverlagerung.
    »Ihre Eltern hatten sicherlich darin recht, daß die Raumfahrt der Menschheit eines Tages mehr Nutzen wird bringen können, als sie kostet. Freilich weiß niemand, wann das sein wird, aber selbst die Reaktionäre und Leute aus dem Sonnenkreis glauben mehr oder weniger daran. Warum hätte Hawaii sonst so viel in diese Expedition investiert? Diese Hoffnungen werden sich einmal bewahrheiten.
    Wenn so viele Menschen und Nationen mißtrauisch abseits stehen, dann liegt es, so glaube ich, vor allem daran, daß die schweren Zeiten

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