Im Innern des Wals
literarischen Schaffen sich so gut halten wird.
Aber in den Jahren 1930-35 ereignet sich etwas. Das
literarische Klima verändert sich, eine neue Gruppe von
Schriftstellern, Auden, Spender und alle anderen, trat in
Erscheinung; und obwohl diese ihren Vorgängern technisch viel verdanken, ist ihre Richtung gänzlich anders. Mit einem Schlag sind wir aus dem Zwielicht der Götterdämmerung
herausgetreten und in eine Pfadfinder-Atmosphäre mit nackten Knien und gemeinschaftlichem Singen geraten. Der typische
Literat ist nicht mehr ein kultivierter Emigrant mit einem Hang zur Kirche, sondern ein fleißiger Schüler mit kommunistischen Neigungen. Wenn der Grundton bei den Schriftstellern der
zwanziger Jahre das »tragische Lebensgefühl« war, so ist es jetzt bei den neuen die »ernste Zielsetzung«.
Die Unterschiede zwischen den beiden Richtungen werden in dem Buch Modern Poetry von Louis MacNeice ausführlich behandelt. Dieses Buch ist natürlich ausschließlich vom
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Standpunkt der jüngeren Gruppe geschrieben und sieht die
Überlegenheit ihrer Maßstäbe als ge geben an. Nach MacNeice sind »Die Dichter von New Signatures'..., anders als Yeats und Eliot, gefühlsmäßig parteiisch. Yeats trat für eine Abkehr von Begierde und Haß ein; Eliot lehnte sich zurück und beobachtete mit ennui und ironischem Selbstmitleid die Gefühle anderer Leute. Die gesamte Lyrik von Auden, Spender, Day-Lewis auf der anderen Seite schließt persönliche Begierden und Haß in sich ein, und weiter die Überzeugung, daß man das eine wollen und das andere hassen sollte.«
Und an anderer Stelle:
»Bei den Dichtern von New Signatures ist das Pendel zurückgeschwungen, bis zu der griechischen Vorliebe für
Information und Aussage. Das erste Erfordernis ist, daß man etwas zu sagen hat, und danach, daß man es so gut sagen muß, wie man kann.«
Mit ändern Worten, es gibt wieder ein Ziel, die jüngeren
Schriftsteller sind »in die Politik gegangen«. Wie ich bereits ausgeführt habe, sind Eliot & Co. in Wahrheit nicht so unparteiisch, wie MacNeice vorgibt. Und trotzdem ist es im weitesten Sinne wahr, daß der Akzent in der Literatur in den zwanziger Jahren mehr auf der Technik lag und weniger auf
dem Sujet wie heute.
Die führenden Persönlichkeiten dieser Gruppe sind Auden,
Spender, Day-Lewis, MacNeice, zu denen noch eine lange
Reihe von Schriftstellern mehr oder weniger derselben Tendenz kommen: Isherwood, John Lehmann, Arthur Calder-Marshall,
Edward Upward, Alec Brown, Philip Henderson und noch viele andere. Wie schon vorher fasse ich sie alle zusammen, einfach ihrer Tendenz nach. Fraglos sind sie sehr unterschiedlich
talentiert. Aber wenn man diese Schriftsteller mit der Generation Joyce- Eliot vergleicht, so fällt einem sofort auf, wieviel leichter es ist, sie in eine Gruppe zusammenzufassen. Technisch stehen sie einander näher, politisch sind sie fast ununterscheidbar, und
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die Kritik, die einer am Werk des ändern übte, war immer
(gelinde gesagt) nachsichtig. Die prominentesten Schriftsteller der zwanziger Jahre kamen aus ganz verschiedenen Schichten, ein paar waren durch die normale englische Erziehungsmühle gedreht worden (übrigens waren bis auf Lawrence die besten keine Engländer), und die meisten hatten zu Zeiten mit Armut, Nichtbeachtung und sogar mit regelrechter Verfolgung zu
kämpfen. Andererseits paßten fast alle jüngeren in das Internat -
Universität-Bloomsbury-Schema. Die wenigen, die aus dem
Proletariat stammen, gehören zu denen, die früh im Leben ihrer Klasse entrückt wurden, erst durch Stipendien, dann durch die Bleiche der Londoner »Kultur«. Bezeichnenderweise sind viele dieser Gruppe nicht nur Schüler gewesen, sondern später auch Lehrer an Public Schools geworden. Vor ein paar Jahren habe ich Auden »eine Art saftloser Kipling« genannt. Als Kritik war das natürlich unverantwortlich, lediglich eine boshafte
Bemerkung, denn tatsächlich merkt man in Audens Frühwerk
einen Aufschwung - etwas, das von Kiplings »If« oder Newbolts
»Play Up, Play Up and Play the Game!« nicht so weit entfernt scheint. Oder ein Gedicht wie »Ihr geht jetzt fort und nun kommt es auf euch an, Jungens!« - Das ist reines Pfadfindertum, genau der Ton des offenen Zehn-Minuten-Gesprächs über die
Gefahren der Selbstbefriedigung. Fraglos ist darin ein gewollt parodistisches Element, ungewollt ist die Ähnlichkeit mit den eben genannten Beispielen. Die selbstgefällige Note der meisten
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