Im Innern des Wals
Gefühl für die Typographie, die Breite des Buchrandes etc. etc. Von Kursbüchern abgesehen, ist kein Buch ganz frei von ästhetischen Erwägungen.
3. Sinn für Geschichte. Der Wunsch, die Dinge zu sehen, wie sie sind, den Wahrheitsgehalt von Ereignissen herauszufinden und sie für die Nachwelt aufzuzeichnen.
4. Politisches Engagement wobei ich das Wort »politisch« im weitesten Sinne benutze. Der Wunsch, der Welt eine bestimmte Richtung zu geben, die Anschauungen anderer über ein gesellschaftliches Ideal zu verändern. Jedenfalls ist kein Buch wirklich frei von politischen Elementen. Wenn man behauptet, Kunst sollte nichts mit Politik zu tun haben, so ist das selbst schon eine politische Haltung.
Man muß dabei feststellen, daß diese verschiedenen Beweggründe zwangsläufig miteinander im Streit liegen und sich je nach Person und Zeit ändern. Von Natur aus – Natur als der Zustand verstanden, den man als Erwachsener erreicht hat – gehöre ich zu den Schriftstellern, bei denen die drei ersten Motive das vierte überwiegen. In friedlichen Zeiten hätte ich vielleicht reich ausgeschmückte oder auch rein beschreibende Bücher verfaßt, ohne mir überhaupt eines politischen Standpunktes bewußt zu werden. So wie die Dinge liegen, sah ich mich fast gezwungen, eine Art Pamphletist zu werden. Zunächst verbrachte ich fünf Jahre in einer Stellung, die nicht zu mir paßte (der Indian Imperial Police in Burma), und anschließend erfuhr ich, was Armut und Mißerfolg bedeutet. Das führte bei mir zu einem wachsenden Haß auf die Autorität und brachte mir zum erstenmal zum Bewußtsein, daß es eine arbeitende Klasse gab. Meine Tätigkeit in Burma hatte mir Einsicht in das Wesen des Imperialismus verschafft; aber meine Erfahrungen reichten nicht zu einer klaren politischen Ausrichtung. Dann kamen Hitler, der Spanische Bürgerkrieg etc. etc. Ende 1935 war ich noch immer unentschlossen. Ich erinnere mich an ein kleines Gedicht, das ich um diese Zeit verfaßte und das mein Dilemma ausdrückte:
A happy vicar I might have been
Two hundred years ago
To preach upon eternal doom
And watch my walnuts grow;
But born, alas, in an evil time,
I missed that pleasant haven,
For the hair has grown on my upper lip
And the clergy are all clean-shaven.
And later still the times were good,
We were so easy to please,
We rocked our troubled thoughts to sleep
On the bosoms of the trees.
All ignorant we dared to own
The joys we now dissemble;
The greenfinch on the apple bough
Could make my enemies tremble.
But girls’ bellies and apricots
Roach in a shaded stream,
Horses, ducks in flight at dawn,
All these are a dream.
It is forbidden to dream again;
We maim our joys or hide them;
Horses are made of chromium steel
And little fat men shall ride them.
I am the worm who never turned,
The eunuch without a harem;
Between the priest and the commissar
I walk like Eugene Aram;
And the commissar is telling my fortune
While the radio plays,
But the priest has promised an Austin Seven,
For Duggie always pays.
I dreamed I dwelt in marble halls,
And woke to find it true;
I wasn’t born for an age like this;
Was Smith? Was Jones? Were you?
[Vor zweihundert Jahren wäre ich vielleicht ein glücklicher Pfarrer gewesen, hätte über die ewige Verdammnis gepredigt und meine Walnüsse wachsen sehen./ Aber leider in schlechten Zeiten geboren, verfehlte ich diesen schönen Hafen, denn auf meiner Oberlippe sprießen die Haare, während die Geistlichen alle rasiert sind./ Auch später noch waren die Zeiten gut, wir waren so schnell zufrieden, wir wiegten unsre wirren Gedanken an der Brust der Bäume in Schlaf./ Ganz unwissend wagten wir das Glück zu besitzen, das wir uns heute verhehlen; ein Grünspecht auf dem Apfelast konnte meine Feinde zittern machen./ Aber Mädchenbäuche, Aprikosen, Plötzen im schattigen Fluß, Pferde, Enten im Flug in der Dämmerung: alle sind sie ein Traum./ Es ist verboten, noch einmal zu träumen; wir verstümmeln oder verstecken unsere Freuden; unsere Pferde sind jetzt aus Chromstahl, und kleine Fettwänste werden sie reiten./ Ich bin der Wurm, der sich niemals gekrümmt hat, der Eunuch ohne Harem; zwischen Priester und Kommissar gehe ich wie Eugene Aram;/ und der Kommissar weissagt mein Geschick, während das Radio spielt, aber der Priester hat einen Austin Sieben versprochen, denn Duggie zahlt immer./ Mir träumte, ich wohne in Marmorhallen, und so war’s auch, als ich erwachte; ich bin nicht
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