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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orwell George
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aber sie sehen es wie durch ein umgekehrtes Fernrohr. Das beeinträchtigt den Wert ihrer Bücher keineswegs. Der Prüfstein jedes Kunstwerks ist das Überleben, und es ist eine Tatsache, daß ein Großteil dessen, was in der Zeit von 1910 bis 1930 geschrieben worden ist, noch heute lebt und allem Anschein nach auch noch länger fortleben wird. Man braucht nur an Ulysses zu denken, an Of Human Bondage ( Des Menschen Hörigkeit von Somserset Maugham, ersch. 1915), an die meisten frühen Schriften von Lawrence, besonders an seine Kurzgeschichten, und praktisch an alle Gedichte von Eliot bis etwa um 1930, um sich zu fragen, was vom gegenwärtigen literarischen Schaffen sich so gut halten wird.
    Aber in den Jahren 1930–35 ereignet sich etwas. Das literarische Klima verändert sich, eine neue Gruppe von Schriftstellern, Auden, Spender und alle anderen, trat in Erscheinung; und obwohl diese ihren Vorgängern technisch viel verdanken, ist ihre Richtung gänzlich anders. Mit einem Schlag sind wir aus dem Zwielicht der Götterdämmerung herausgetreten und in eine Pfadfinder-Atmosphäre mit nackten Knien und gemeinschaftlichem Singen geraten. Der typische Literat ist nicht mehr ein kultivierter Emigrant mit einem Hang zur Kirche, sondern ein fleißiger Schüler mit kommunistischen Neigungen. Wenn der Grundton bei den Schriftstellern der zwanziger Jahre das »tragische Lebensgefühl« war, so ist es jetzt bei den neuen die »ernste Zielsetzung«.
    Die Unterschiede zwischen den beiden Richtungen werden in dem Buch Modern Poetry von Louis MacNeice ausführlich behandelt. Dieses Buch ist natürlich ausschließlich vom Standpunkt der jüngeren Gruppe geschrieben und sieht die Überlegenheit ihrer Maßstäbe als gegeben an. Nach MacNeice sind »Die Dichter von New Signatures’ …, anders als Yeats und Eliot, gefühlsmäßig parteiisch. Yeats trat für eine Abkehr von Begierde und Haß ein; Eliot lehnte sich zurück und beobachtete mit ennui und ironischem Selbstmitleid die Gefühle anderer Leute. Die gesamte Lyrik von Auden, Spender, Day-Lewis auf der anderen Seite schließt persönliche Begierden und Haß in sich ein, und weiter die Überzeugung, daß man das eine wollen und das andere hassen sollte.«
    Und an anderer Stelle:
    »Bei den Dichtern von New Signatures ist das Pendel zurückgeschwungen, bis zu der griechischen Vorliebe für Information und Aussage. Das erste Erfordernis ist, daß man etwas zu sagen hat, und danach, daß man es so gut sagen muß, wie man kann.«
    Mit andern Worten, es gibt wieder ein Ziel, die jüngeren Schriftsteller sind »in die Politik gegangen«. Wie ich bereits ausgeführt habe, sind Eliot & Co. in Wahrheit nicht so unparteiisch, wie MacNeice vorgibt. Und trotzdem ist es im weitesten Sinne wahr, daß der Akzent in der Literatur in den zwanziger Jahren mehr auf der Technik lag und weniger auf dem Sujet wie heute.
    Die führenden Persönlichkeiten dieser Gruppe sind Auden, Spender, Day-Lewis, MacNeice, zu denen noch eine lange Reihe von Schriftstellern mehr oder weniger derselben Tendenz kommen: Isherwood, John Lehmann, Arthur Calder-Marshall, Edward Upward, Alec Brown, Philip Henderson und noch viele andere. Wie schon vorher fasse ich sie alle zusammen, einfach ihrer Tendenz nach. Fraglos sind sie sehr unterschiedlich talentiert. Aber wenn man diese Schriftsteller mit der Generation Joyce-Eliot vergleicht, so fällt einem sofort auf, wieviel leichter es ist, sie in eine Gruppe zusammenzufassen. Technisch stehen sie einander näher, politisch sind sie fast ununterscheidbar, und die Kritik, die einer am Werk des andern übte, war immer (gelinde gesagt) nachsichtig. Die prominentesten Schriftsteller der zwanziger Jahre kamen aus ganz verschiedenen Schichten, ein paar waren durch die normale englische Erziehungsmühle gedreht worden (übrigens waren bis auf Lawrence die besten keine Engländer), und die meisten hatten zu Zeiten mit Armut, Nichtbeachtung und sogar mit regelrechter Verfolgung zu kämpfen. Andererseits paßten fast alle jüngeren in das Internat-Universität-Bloomsbury-Schema. Die wenigen, die aus dem Proletariat stammen, gehören zu denen, die früh im Leben ihrer Klasse entrückt wurden, erst durch Stipendien, dann durch die Bleiche der Londoner »Kultur«. Bezeichnenderweise sind viele dieser Gruppe nicht nur Schüler gewesen, sondern später auch Lehrer an Public Schools geworden. Vor ein paar Jahren habe ich Auden »eine Art saftloser Kipling« genannt. Als Kritik war das

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