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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orwell George
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Hauptgegner. Von Anfang an waren sie imstande, die meisten Dinge zu durchschauen, für welche ihre Vorgänger gekämpft hatten. Alle weigerten sich gefühlsmäßig, den »Fortschritt« zu feiern. Nicht nur, daß sie ihn leugnen, sie wollen ihn auch gar nicht. Bei aller Übereinstimmung in dieser Frage gibt es natürlich zwischen den Schriftstellern, die ich genannt habe, unterschiedliche Einstellungen, wie Unterschiede im Talent. Der Pessimismus Eliots ist zum Teil der des Christentums, der eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber menschlichem Elend einschließt, zum Teil die Klage über den Niedergang der westlichen Zivilisation (»Wir sind die ausgehöhlten Menschen, wir sind die vollgestopften Menschen« etc. etc.), eine Art Götterdämmerungs-Stimmung, die ihn schließlich, wie in Sweeney Agonistes , so weit führt, das moderne Leben für ärger zu erklären, als es wirklich ist. Bei Strachey handelt es sich nur um den urbanen Skeptizismus des 18. Jahrhunderts, verbunden mit einer Neigung, alles herunterzuziehen. Bei Maugham ist es eine Art stoischer Resignation, der Hochmut des Pukka-Sahib irgendwo östlich von Suez, der seine Geschäfte weiterführt, ohne an sie zu glauben, wie ein antonionischer Kaiser.
    Lawrence scheint auf den ersten Blick kein pessimistischer Schriftsteller zu sein, weil er wie Dickens ein Mann der »inneren Wandlung« ist und unentwegt dafür eintritt, das Leben wäre hier und jetzt völlig in Ordnung, wenn man es nur ein wenig unter einem andern Gesichtspunkt betrachten würde. Was er fordert, ist eine Bewegung »los von unserer mechanisierten Zivilisation«, die natürlich unmöglich ist, und das weiß er auch. Daher führt sein Unmut über die Gegenwart wieder zu einer Idealisierung der Vergangenheit, diesmal eine abgesicherte, mythische Vergangenheit, das Bronze-Zeitalter. Wenn Lawrence uns die Etrusker ( seine Etrusker) vorzieht, so kann man nur schwer widersprechen, und doch ist es nach allem eine Art von Defätismus, weil es nicht in der Richtung liegt, in der sich die Welt bewegt. Die Art von Leben, auf die er immer hinweist, ist ein Leben, das sich um die einfachen Mysterien dreht – Geschlecht, Erde, Feuer, Wasser, Blut –, also eine verlorene Sache. Herausgekommen ist bei ihm auch nur der Wunsch, die Verhältnisse möchten sich in einer Weise entwickeln, in der sie sich ganz offensichtlich nicht entwickeln. »Eine Welle von Nächstenliebe oder eine Welle des Todes«, erklärt er, aber klar ist, daß es auf dieser Seite des Horizonts keine Wellen der Nächstenliebe geben wird. So flüchtet er nach Mexiko und stirbt mit 45, wenige Jahre bevor die Welle des Todes anrollt. Man wird wieder sehen, daß ich von all diesen Leuten spreche, als ob sie keine Künstler wären, sondern bloße Propagandisten, die eine Botschaft verkünden. Und wiederum liegt es auf der Hand, daß sie alle mehr sind. Es wäre zum Beispiel absurd, in Ulysses eine Anprangerung der Schrecken des modernen Lebens zu sehen, der »schmutzigen Daily-Mail-Era «, wie Pound sie nannte. Joyce hat wahrhaftig mehr von einem »reinen Künstler« als die meisten Schriftsteller. Aber den Ulysses hätte keiner schreiben können, der bloße Wortgebilde zusammenbaut; es ist das Produkt einer besonderen Lebensanschauung, der Anschauung eines Katholiken, der seinen Glauben verloren hat. Was Joyce aussagt, ist: »Hier habt ihr das Leben ohne Gott. Seht es euch an!« Seine technischen Neuerungen, so bedeutend sie sind, dienen in erster Linie diesem Leitsatz.
    Besonders bemerkenswert bei all diesen Autoren ist, daß ihre Zielsetzung in den Wolken schwebt. Die dringenden Tagesprobleme bleiben unbeachtet, vor allen Dingen die Politik im engeren Sinn. Unsere Augen richten sich nach Rom, nach Byzanz, nach dem Montparnasse, nach Mexiko, auf die alten Etrusker, auf das Unterbewußtsein, den Solar-Plexus – auf alles, nur nicht auf das, was sich wirklich abspielt. Bei einem Rückblick auf die zwanziger Jahre erscheint einem nichts so sonderbar wie der Umstand, daß eigentlich kein einziges großes Ereignis in Europa von der englischen Intelligenz zur Kenntnis genommen wurde. Die Russische Revolution zum Beispiel kommt in England zwischen dem Tod Lenins und der Ukrainischen Hungersnot etwa zehn Jahre lang überhaupt nicht zum Bewußtsein. In dieser ganzen Zeit ist Rußland ein Synonym für Tolstoi, Dostojewski und emigrierte Großfürsten als Taxifahrer. Italien bedeutet Gemäldegalerien, Ruinen, Kirchen und Museen, nicht etwa

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