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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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besprochen haben«, flüsterte er, ohne sich dessen bewußt zu werden. In der rechten Hand hielt er seinen Revolver, den er zwischen den Knien versteckt hatte, damit die Fahrerin ihn nicht sah.
    Inzwischen war es bedeutend heller geworden. Der Kairoer Verkehr hatte seinen morgendlichen Höhepunkt noch längst nicht erreicht, doch in dem Meer von Autos, Lastwagen und Eselskarren würde es kaum möglich sein, einen Verfolger zu entdecken, dem es wiederum schwerfallen würde, den vorausfahrenden Wagen im Auge zu behalten.
    Carl gefiel Eva Ekströms Fahrweise. Sie fuhr ruhig und dennoch beherzt und vermied es zweimal geschickt, vor Ampeln halten zu müssen; er hatte ihr eingeprägt, daß es bei Rot besonders kritisch werden könne.
    Als sie sich dem Stadtrand näherten, herrschte nicht mehr so dichter Verkehr, und sie kamen zügig voran. Den ersten kritischen Punkt hatten sie hinter sich gelassen. Auf dem Weg zum Flughafen zwischen den zahlreichen Militäranlagen war das Risiko nach Carls Ansicht bedeutend geringer.
    Der nächste kritische Punkt war der Flughafen selbst.
    »Ich kann es selbst kaum glauben, das darf doch nicht wahr sein. Ich kann gar nicht fassen, was ich tue«, flüsterte sie, als sie am diesigen Horizont die Flughafengebäude entdeckten. Carl hatte den Eindruck, daß sie nur etwas sagte, um das Schweigen zu brechen.
    »Möglich, aber wenn du irgendwann als ältere schwedische Dame erkennst, daß du einen Beitrag zur Geschichte geleistet hast, wirst du den Gedanken wohl akzeptieren. Das heißt, wenn du überlebst«, erwiderte Carl ein wenig zu lässig und bereute seine letzte Bemerkung sofort. Sie blieb eine Zeitlang stumm.
    »Es fällt mir jedenfalls schwer, das hier zu glauben«, brummelte sie schließlich. Sie fuhr immer noch ruhig, schnell und geschickt.
    »Schwer, was zu glauben?« hakte Carl nach, während er den Blick konzentriert zwischen dem rechten Rückspiegel und der Windschutzscheibe wandern ließ.
    »Es ist alles so übertrieben. Ich fühle mich ganz einfach lächerlich.«
    Carl antwortete nicht, da ihm klar war, daß jede weitere Unterhaltung sinnlos sein würde. Außerdem waren sie fast am Flughafen angelangt.
    Sie hielten wie verabredet auf dem Parkplatz. Eva Ekström ging mit den Tickets in die Halle und checkte ein. Unterdessen studierte Carl zum letztenmal den Aufriß eines Airbus A 300 der Air France; etwa achtzehn Passagiere in der Ersten Klasse und 210 in der Touristenklasse. Immerhin hatten die Franzosen keine Affenklasse eingeführt wie die Scandinavian Airlines. Eva Ekström ließ auf sich warten. Carl zerknüllte irritiert die Broschüre und spähte intensiv zum Ausgang, durch den sie bald kommen mußte. Der Vizeadmiral stöhnte leise in seiner unbequemen Stellung zwischen Vorder und Rücksitz.
    »Sie können sich jetzt richtig hinsetzen, Herr Vizeadmiral, aber bitte, halten Sie den Kopf unten«, befahl Carl.
    Der Russe krabbelte hoch und nahm eine etwas bequemere Stellung ein.
    »Wie geht es, mein junger Herr Korvettenkapitän?« flüsterte er.
    »Wir haben zwei Hindernisse passiert und drei noch vor uns«, flüsterte Carl zurück. Gleichzeitig sah er Eva Ekström wiederkommen. Sie ging gut - weder eilig noch nervös. Carl drehte sich zum Rücksitz um, zog seine Tasche hervor und steckte den Revolver in das Schulterholster.
    »Hier sind die Bordkarten. Ihr habt die Plätze 3A und 3B«, flüsterte sie und reichte Carl die beiden roten Karten.
    »Nichts Auffälliges?« flüsterte er.
    »Nein, soweit ein einfacher Amateur wie ich das sehen kann.«
    »Kein Ärger, weil du für andere eingecheckt hast?«
    »Nein, die sind so was gewöhnt, besonders in der Ersten Klasse.«
    »Zeit, Lebewohl zu sagen. Das hast du prima gemacht.«
    »Das wird die Geschichte zeigen, nicht wahr?«
    Sie lächelte ironisch, als sie den Motor anließ und vom Parkplatz fuhr. Carl spürte plötzlich eine unerwartete Sehnsucht nach ihr, während er den Vizeadmiral am Arm zum Eingang führte.
    Sie begaben sich auf dem kürzesten Weg zu den Toiletten. Der Russe ging, wie zuvor etliche Male geübt, in eine der Kabinen. Er zog seine schußsichere Weste aus und ordnete die Kleidung. Als Carl vorsichtig an die Tür klopfte, schob er sie unter der Tür hinaus. Carl faltete sie schnell zusammen und steckte sie in einen Papierkorb. Er schaffte es gerade noch, sie mit Papierhandtüchern zuzudecken, bevor zwei Männer eintraten. Die hatten es jedoch eilig, an die Pissoir-Rinne zu kommen. Carl wusch sich ausgiebig die

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