Im Interesse der Nation
Wochenende ruhig bleiben. Aber dann würde das große Spiel ernsthaft beginnen. Etwa von Montagmittag an, vermutete Samuel Ulfsson, würde die Lage ernster werden, als nur irgend jemand im Haus sich vorstellen konnte.
Als Carl aufstand und sich anzog, war es draußen noch dunkel. Er machte kein Licht. Als er hinunterging, um die Wagen zu kontrollieren, spürte er, daß sein Puls ungewöhnlich heftig war.
Niemand hatte die Wagen angerührt. Er entfernte seine Alarmanlagen und durchsuchte die Wagen sicherheitshalber noch einmal. Mit einigem Zögern hatte er Wagenheber und anderes Werkzeug zurückgelassen, um notfalls einen Reifen wechseln zu können - eine Reifenpanne war zwar unwahrscheinlich, ließ sich aber nicht ganz ausschließen -, aber im übrigen war alle überflüssige Ausrüstung entfernt. In den Kofferräumen hatte er die Reserveräder schräg gegen die Rückbänke gelehnt, so daß sie die Rücksitze schützten. Schaden konnte es jedenfalls nicht.
Er schloß die Wagen wieder ab und drehte eine Runde um das Botschaftsgrundstück. Alles war ruhig, alle Schlösser wirkten unberührt.
Dann kehrte er zur Botschafterwohnung zurück und weckte die beiden, die auf zwei Sofas im Erdgeschoß schliefen.
»Wagen eins fährt in dreißig Minuten los«, flüsterte er. Ohne eine Antwort oder weitere Kommentare über gewerkschaftliche Arbeitszeitregelungen abzuwarten, ging er ins Obergeschoß und weckte den Botschafter mit der gleichen Nachricht. Dann setzte er seinen Weg fort, ging zu seinem Gast, entschärfte die Sprengladung an der Tür und klopfte an.
»Nein, Sir! Bitte machen Sie kein Licht«, sagte er warnend, als er das Zimmer betrat. Er glaubte zu hören, daß der Russe nach der Nachttischlampe tastete.
»Wir fahren in fünfundvierzig Minuten los. Bitte ziehen Sie sich an. Ich werde Kaffee holen«, flüsterte er. Er ging zur Küche der Botschaft hinunter. Die Tür war verschlossen. Er öffnete sie mit einem Dietrich, kochte Kaffee und stellte etwas Brot und Marmelade auf den Küchentisch. Anschließend brachte er den anderen zwei Frühstückstabletts in die Botschafterwohnung, versammelte dann die Schweden im Erdgeschoß und wiederholte den geplanten Ablauf.
Göran Larsson solle den Wagen des Botschafters fahren, der Botschafter auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Die Gardinen im Fond sollten heruntergezogen werden. Anschließend solle der Wagen in Richtung Alexandria fahren. Beide dürften erst zurückkehren, nachdem sie den Flugplatz von Alexandria erreicht hätten. Das sei alles.
Wenn alles andere so gehe wie geplant, würden sie sich nicht mehr sehen.
Eva Ekström, Carl und der Vizeadmiral würden eine Viertelstunde später zum Kairoer Flughafen fahren. Ob das alles klar sei? Alle bejahten.
Etwas von Carls Stimmung hatte auf die anderen abgefärbt, so daß sie immerhin leicht nervös wirkten.
Trotzdem erkennen sie den Ernst der Lage nicht, trotzdem begreifen sie nicht, daß sie möglicherweise nicht lebend von dieser Autofahrt zurückkehren, dachte Carl. Er sagte jedoch nichts mehr, sondern ging nach oben zu seinem Gast, der soeben sein Frühstück beendet und den geänderten Anzug von Göran Larsson angezogen hatte. Unter Berücksichtigung der Umstände saß er einigermaßen anständig.
»Haben Sie Angst vor dem Tod, mein junger Herr Korvettenkapitän?« fragte der Vizeadmiral in der Dunkelheit. Carl überlegte kurz, bevor er antwortete.
»In meinem Alter glaubt man nicht, daß man sterben könnte, Sir«, erwiderte er. Er hörte, wie der Vizeadmiral ein glucksendes Lachen unterdrückte.
Dann setzten sie sich, der Vizeadmiral aufs Bett und Carl auf den Carl-Malmsten-Stuhl vor dem Schreibtisch. Sie warteten schweigend.
Sie hörten, wie der Wagen des Botschafters startete und eine Weile im Leerlauf vor dem Portal stand. Dann lauschten sie gespannt dem leiser werdenden Motorengeräusch.
»Möge Gott mit ihnen sein«, murmelte der Vizeadmiral zu Carls Erstaunen.
»Nein, möge Gott mit uns sein«, erwiderte er.
Als Carl und der Vizeadmiral die Treppe zu der wartenden Eva Ekström hinuntergingen, war es hell geworden. Eva Ekström gab dem Russen nervös die Hand und machte einen Knicks. Dann gingen sie in die Garage. Der Gast ging wie befohlen auf dem Rücksitz in Deckung. Carl öffnete das Botschaftstor, und sobald der Wagen es passiert hatte, stieg er aus, schloß es mit einem Fußtritt und setzte sich schnell auf den Beifahrersitz.
»Jetzt gilt es. Zum Flughafen, aber mit den Umwegen, die wir
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