Im Interesse der Nation
Arsch stecken müssen.«
Carl saß vornübergebeugt und zog sich gerade warme Socken an. Er überlegte kurz, ob er tun sollte, als hätte er nichts gehört. Doch dann entschloß er sich, so hart wie möglich einzugreifen. Er erhob sich langsam, ging zu Stålhandske und brüllte plötzlich und überraschend los, er solle aufstehen. Der Befehl wurde natürlich mit blitzschneller amerikanischer Disziplin befolgt.
Stålhandske hatte Haltung angenommen und blickte mit ausdruckslosem Gesicht starr geradeaus. Carl ging um ihn herum, während er das Schweigen wirken ließ.
»Feldwebel Åke Stålhandske«, begann er dann betont langsam und leise. »Man hat dich für eines der wichtigsten und gefährlichsten Vorhaben ausgewählt, in das die schwedischen Streitkräfte je verwickelt gewesen sind, seit wir um deine alte Heimat gekämpft und verloren haben. Wir sind drei Personen, nur drei Personen. Wenn einer von uns versagt, versagen wir alle. Wenn einer von uns stirbt, werden vermutlich alle drei sterben. Wenn einer von uns etwas vermasselt, wird das böse Konsequenzen haben. Feldwebel Lundwall orientiert sich unter Wasser am besten von uns dreien, du bist der beste Taucher in extremen Tiefen, und ich bin der Chef. Hast du verstanden?«
Carl brüllte den letzten Satz mit voller Kraft, und Åke Stålhandske antwortete mit einem ebenso automatisch wie nervös gebrüllten Yes Sir!
»Also«, fuhr Carl mit leiser Stimme fort, »dieses Projekt, diese Operation Big Red, wird uns drei für immer vereinen. Ich kann nicht von dir verlangen, daß du uns magst, so wie wir dich vielleicht auch nicht mögen. Aber ich will verdammt sein, wenn ich nicht verlangen kann, daß sich diese Zusammengehörigkeit nicht bloß auf drei oder vier Tage beschränkt, sondern für immer gilt, bis wir uns in der Ewigkeit wiedersehen. Ich werde lieber das Risiko auf mich nehmen, einen etwas schlechteren Mann zu nehmen, als du es bist, als irgendwelche Unverschämtheiten hier im Base Camp hinzunehmen. Verstanden?« brüllte Carl und hob dabei wieder die Stimme zu voller Lautstärke. Stålhandske brüllte seine Bestätigung.
»Na also«, fuhr Carl in ruhigem Ton fort. »Entschuldige dich auf geeignete Weise. Mach dich bereit, die zweite Wache zu übernehmen. Wegtreten.«
Carl drehte sich schnell um, ging hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Draußen wehte ein feuchter, eisig kalter Wind, und im Baumschatten lagen hier und da noch weiße Schneereste. Carl bereute fast, eine Wache angeordnet zu haben. Doch einmal war es für jede Reue zu spät, zum andern fiel ihm ein, daß ihr gesamtes Zusammensein weitestgehend militarisiert und entpersönlicht werden mußte. Er war jedoch überzeugt, von Stålhandske zum absolut letzten Mal eine Anspielung auf Joar Lundwalls Homosexualität gehört zu haben. Es war natürlich höchst unsicher, ob diese Veränderung in Stålhandskes Verhalten die Beziehung der beiden wesentlich verbessern würde. Doch im Moment war eine kalte, berufsmäßige Beziehung eher nötig als eine kameradschaftliche und persönliche. Dafür blieb später noch Zeit genug, falls die Operation Big Red überhaupt stattfand.
Wenn die Tauch und Orientierungsübungen wie geplant verliefen, blieben vielleicht weniger als drei Tage, bis er dem OP 5 den Übergang zu Alarmbereitschaft Rot melden konnte.
6
Der Ministerpräsident stand an seinem Fenster und sah auf das Wasser des Strömmen zwischen Rosenbad und Reichstagsgebäude hinunter. Vereinzelte Eisschollen passierten den kleinen Wasserfall unter der Riksbron. Der Ministerpräsident sah blaß und etwas grünlich im Gesicht aus, doch das lag vielleicht am Panzerglas.
Er war bekümmert, weil es ihm nicht gelungen war, die Standpunkte einander anzunähern, denn gerade dieses Talent, das seinem ermordeten Vorgänger gefehlt hatte, schrieb er sich als besonderes Verdienst zu. Sein Vorgänger hätte ohne viel Federlesens eine offizielle Linie festgelegt, und es wäre vermutlich die Linie gewesen, die Staatssekretär Peter Sorman jetzt befürwortete.
Hinter diesem denkbaren Beschluß stand nicht nur eine zynische realpolitische Haltung, es handelte sich auch um einen ziemlich kühnen außenpolitischen Plan, um etwas, was Sorman fast beiläufig, möglicherweise um der Angelegenheit besonders Gewicht zu geben, die Palme-Linie genannt hatte.
Die Beziehungen zur Sowjetunion waren ein mühsames Geschäft; sie erträglich zu halten, war für Schweden absolut lebensnotwendig. Das entscheidende Problem
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