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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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dünnem Haar. Er räusperte sich nervös, bevor er antwortete.
    »Nun, es ist unklar, was wir aus der Hand geben können. Das liegt gerade zur Prüfung beim Sektionschef in Stockholm. Ich kann nur soviel sagen, daß Maria Szepelinska die Tochter eines Luftwaffenobersten namens Vladimir Szepelinski ist. Das mit Vladimir halten wir für interessant, es ist nämlich ein russischer Name und kein polnischer. Sie ist also die Tochter eines Luftwaffenobersten und hat einen schwedischen Flugingenieur mit einem Job der höchsten Sicherheitsstufe bei Saab in Linköping geheiratet. Das eröffnet einige interessante Perspektiven, aber ich sehe mich bis auf weiteres leider außerstande, die näheren Umstände darzulegen.«
    »Das nenne ich eine erschöpfende Auskunft. Was für ein Glück, daß wir eine Sicherheitspolizei im Lande haben«, schnaubte einer der Stockholmer Kollegen.
    »Ja, wir werden da wohl ein wenig abwarten müssen«, sagte Rune Jansson begütigend, ohne sich auch nur einen Augenblick einzubilden, daß er die Äußerung des Säpo-Mannes vergessen machen könnte. Die Anwesenden waren hörwie sichtbar stöhnend zusammengesunken, als sie die Bemerkung des Kollegen von der Sicherheitsabteilung hörten. So war das immer bei diesen Brüdern. Selbst wollten sie alle Informationen bekommen, aber nichts davon aus der Hand geben.
    »Und die Mordwaffe?« wechselte Rune Jansson das Thema, »wissen wir etwas über die Mordwaffe?«
    »Messer. War nicht mehr am Tatort. Außerdem gibt es Grund zu der Annahme, daß es ein verdammt scharfes Messer war, der tödlichen Wunde nach zu schließen«, erwiderte einer der Kollegen vom Morddezernat in Norrköping. Es war der erste Kollege aus Norrköping, der sich überhaupt äußerte.
    »Nun, dann geht es um Arbeitskollegen und andere Bekannte«, stellte Rune Jansson mit einer schmerzerfüllten Grimasse fest. Das Bein hatte sich wieder in Erinnerung gebracht. »Damit machen wir weiter bis morgen nachmittag sechzehn Uhr, denn dann haben wir das Gutachten des Pathologen hier, und das gibt uns vielleicht neue Hinweise.«
    »Ja, man kann nie wissen«, sagte der aufreizend smarte Stockholmer Kollege mit einem dünnen Lächeln, und damit erhoben sich alle. Jeder ging für ein paar Stunden an seine Arbeit.
    Rune Jansson kehrte in sein Zimmer zurück. Dort lagen zwei rote Telefonzettel, beide mit der Nummer der Kindertagesstätte »Eichhörnchen«. Er zerknüllte die Zettel und warf sie in den Papierkorb.
    Behutsam legte er das schmerzende Bein auf den Schreibtisch und versuchte eine Weile nachzudenken. Was hatte es für eine Bedeutung, daß der Vater des Opfers einen russischen Vornamen hatte? Natürlich konnte es wichtig sein, daß der Vater des Opfers Luftwaffenoberst war. Hatte sie diesen Adamsson vielleicht nur geheiratet, um an militärische Geheimnisse heranzukommen? Es wäre nicht das erstemal, daß so etwas passiert. Hatte sie die Zusammenarbeit beendet, war sie sozusagen Schwedin geworden, mit schwedischem Kind und allem, was dazugehört? Hatten sich ihre Auftraggeber mit ihr getroffen und sie liquidiert, damit sie ihren Verrat nicht noch weiter trieb? - Natürlich waren es solche Dinge, über die man in der Sicherheitsabteilung nachdachte. Das würde möglicherweise die erschreckende Kompetenz des Mörders erklären. Jedenfalls war es kein unmöglicher Gedankengang.
    Das Schrillen des Telefons unterbrach seine Überlegungen. Das waren sicher diese Tanten vom »Eichhörnchen«, die seine Tochter nach Hause schicken wollten. Er nahm den Hörer nicht ab, obwohl es mehr als zwanzigmal läutete. Doch nach kurzer Zeit erschien eine Kollegin vom Empfang und teilte mit, er habe Besuch. Das war doch nicht möglich? Schreckten sie nicht einmal davor zurück, mit seiner Tochter im Polizeihaus zu erscheinen?
    »Ist es weiblicher Besuch?« fragte er erschreckt.
    »Ja, und ziemlich hübsch dazu«, kicherte die Kollegin vom Empfang.
    »Hat sie ein kleines Kind bei sich?«
    »Nein, wirklich nicht. Hast du Angst, du könntest in deinem Alter noch eine Vaterschaftsklage kriegen?«
    »In Ordnung, ich komme runter.«
    Mit einem Stöhnen hob er behutsam sein schmerzendes Bein vom Schreibtisch und humpelte zum Fahrstuhl. Einige Minuten später hatte er seine Besucherin nach oben geleitet, wobei er sich Mühe gegeben hatte, nicht zu humpeln.
    Es war eine von Maria Szepelinskas Kolleginnen, offenbar ihre engste Freundin. Sie war wütend wie eine gereizte Wespe und hatte sich kaum hingesetzt, als sie schon zu

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