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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ich mache trotzdem nicht mit. Es wird also nicht ganz leicht.
    Es wird wohl darauf ankommen, wie das Angebot zu Hause in Schweden konkret aussieht. Jedenfalls dürfte es kaum darum gehen, in dunklen Ecken dauernd Russen zu strangulieren, trotz all der akrobatischen Übungen hier.«
    Carl machte sich beim Zuhören gelegentlich Notizen und schob noch ein paar allgemeine Fragen nach. Er hatte sich schon entschieden.
    Joar Lundwall erschien ihm für die beim SSI übliche Kombination aus Analyse und Operations-Tätigkeit ein außerordentlich guter Neuzugang zu sein. Für sein Alter, vierundzwanzig Jahre, war er erstaunlich reif und argumentierte zudem auf eine seriöse, verantwortungsbewußte Weise, der Carl seinen Respekt nicht versagen konnte.
    Bei Lundwalls Landsmann Åke Stålhandske verhielt es sich genau umgekehrt.
    Stålhandske war angesichts der höchst theoretischen Möglichkeit, seine besonderen Fähigkeiten in die Tat umzusetzen, geradezu Feuer und Flamme gewesen. Stålhandske war bei mindestens zwei Anlässen in Schlägereien verwickelt gewesen, und in einem Fall hatte das zu polizeilichen Ermittlungen geführt. Er war zwar auf Grund besonderer kalifornischer Gesetze über das Recht auf Selbstverteidigung davongekommen (in Schweden hätte er wegen schwerer Körperverletzung vier oder fünf Monate Haft bekommen), und im Hinblick auf das, was Carl im Hangar erlebt hatte, schien es geradezu ein Wunder zu sein, daß es nicht zu einem Totschlag gekommen war. Schlimmstenfalls lag es daran, daß Stålhandske betrunken gewesen war, so daß er nicht mit voller Kraft hatte zuschlagen können.
    Carl grübelte. Joar Lundwall, der vielleicht gar kein schwedischer Nachrichtenoffizier werden wollte, hatte alles, was man sich nur wünschen konnte. Möglicherweise mit einem kräftigen Vorbehalt in der Frage der Homosexualität. In Spionagekreisen war dies ein ewiger Scherz, hauptsächlich vielleicht wegen der schrecklichen Geschichten aus Großbritannien, wo das halbe MI 6 aus homosexuellen Verrätern zu bestehen schien.
    Aber wenn es nun um Schweden ging? Das zwar nicht Japan war, aber immerhin? In enger schwarzer Gummikleidung auf kleine Jungs einzuprügeln, was bei einem prominenten schwedischen Sicherheitsmann vor ein paar Jahren zu dessen Abschied geführt hatte, käme für Lundwall nicht in Frage.
    Vielleicht war es kein Problem, und wenn man von dem absah, was vielleicht kein Problem war, machte Joar Lundwall einen ernsthaften, vertrauenerweckenden Eindruck. Er war intelligent und verantwortungsbewußt.
    Dem vermeintlich amerikanischen Offizier gegenüber hatte er nicht einmal von seiner Ausbildung an der Küstenjägerschule sprechen wollen. Bei Stålhandske war es genau umgekehrt gewesen. Von ihm war die Küstenjägerschule fast zur Ausbildung bei den US Marines gemacht worden. Was man bei einem Mann von nur vierundzwanzig Jahren als erlaubte Kindlichkeit nachsichtig durchgehen lassen konnte.
    Doch überdies hatte Joar Lundwall im Gegensatz zu Åke Stålhandske auch das Aussehen für sich. Joar Lundwall hatte einen weichen, intelligenten Blick, braune Augen, aschblondes Haar und sah aus wie ein gewöhnlicher Leichtathlet. Wenn man ihn in einen Anzug steckte und ihm eine Brille aufsetzte, würde er wie ein amerikanischer EDV-Techniker aussehen.
    Auch hier war Åke Stålhandske das genaue Gegenteil. Sein athletischer Körper würde sich unter keinem Anzug verbergen lassen, und überdies war er etwa 1,95 Meter groß und wog sicher 105 bis 110 Kilo. Er würde Aufmerksamkeit erregen, wo immer er sich zeigte.
    Die Frage war natürlich, was geschehen würde, wenn man den außerordentlich freiwilligen Stålhandske nicht akzeptierte. Dann würde er zu einem qualifizierten Sicherheitsrisiko werden, und jeder Tag ohne Berichte über die Mauscheleien des schwedischen Nachrichtendienstes in Expressen wäre eine Erleichterung. Andererseits: Was sollte man in der Analyseabteilung mit einem Mann ohne EDV-Kenntnisse anfangen, der dafür in amerikanischer Literatur Bescheid wußte?
    In der Ferne sah Carl in einer Staubwolke einen Jeep näherkommen.
    »Wovor hast du Angst?« fragte Carl plötzlich und lächelte verlegen über seine unerhört unamerikanische Frage.
    »Vor großen Höhen, Sir.«
    »Wie steht es mit der Dunkelheit, wenn du tauchst?«
    »Zu Anfang ist es nicht ganz leicht. Doch einerseits ist das etwas, was man sich wie vieles andere durch Training abgewöhnen kann, dann glaube ich, daß… Nein, Verzeihung, ich weiß

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