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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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drei oder vier Leute von dieser Sorte. Das sei zwar schlimm genug, aber trotzdem nicht wie in manchen Bezirken Stockholms.
    Tore Hammar war auch ein Karate-Narr. Er hatte einen Schwarzen Gürtel in irgendeinem Pyjama-Sport, bei dem alles darauf hinausläuft, Mitbürger zu Tode zu treten. Überdies war er fast zwei Meter groß und hatte seine Muskeln im Keller des Polizeihauses nach und nach ausgebaut.
    Also ein Karate-Fußtritt?
    Das war durchaus möglich. Die Gerichtsärzte in Linköping hielten das bei näherem Überlegen für die wahrscheinlichste Möglichkeit.
    Und dabei wußten sie nicht, daß man einen Verdächtigen von der Polizei hatte.
    Jedoch waren auch Tore Hammars Erklärungen für das eine oder andere durchaus glaubhaft. Und bisher war es nicht gelungen, ihm eine Lüge nachzuweisen.
    Hammar kannte das Opfer recht gut. Sie hatten ein halbes Jahr lang ein Verhältnis gehabt, das jedoch Tore Hammar zufolge schon vor einem Jahr zu Ende gegangen sei, als er sich eine feste Freundin zugelegt habe - übrigens eine Kollegin vom Betrugsdezernat.
    Das stimmte. Man hatte auch sie vernommen.
    Wie es überhaupt zu einer Bekanntschaft mit einer so hochqualifizierten Frau wie Maria Szepelinska-Adamsson hatte kommen können, war schon einige Überlegungen wert. Sie stand intellektuell gelinde gesagt nicht nur erheblich höher als Kollege Hammar, sondern war auch noch fünf Jahre älter.
    Hammars Erklärung lief unter Abzug aller Vulgaritäten darauf hinaus, die Bekanntschaft oder das Verhältnis habe ausschließlich auf der beiderseitigen Wertschätzung sexueller Fähigkeiten beruht. Hammar zufolge sei Frau Szepelinska-Adamsson ein erotisches Genie gewesen. (Wenn man seine Gedankengänge ein wenig modifizierte.)
    Er sei nie bei ihr zu Hause gewesen, sondern sie sei immer zu ihm gekommen. Und das habe, so Hammar, daran gelegen, daß sie zu Hause einen Babysitter gehabt habe. Auch das konnte stimmen, da sich der Umgang der beiden auf die Wochenenden beschränkt hatte.
    Folglich hatte die Beziehung ein Ende gefunden, als Tore Hammar sich mit der Kollegin vom Betrugsdezernat angefreundet hatte. Möglicherweise war es so gewesen.
    Immerhin besaß er noch ihre Telefonnummer, die man in seinem Notizbuch gefunden hatte. Und sie hatte seine Nummer in ihrem roten kleinen Büchlein gehabt, und das war der Grund gewesen, weshalb man ihn vernommen hatte.
    Er hätte sie an dem fraglichen Abend also anrufen und fragen können, ob die Luft rein sei. Was sie in diesem Fall auch gewesen wäre. Sein Dienst war an dem fraglichen Abend um 23 Uhr zu Ende gegangen, was mit dem gewöhnlichen Schichtwechsel nicht übereinstimmte. Seine Erklärung: Er sei noch auf der Wache geblieben und habe mit einigen überfälligen Berichten Überstunden geschoben.
    Die Berichte waren vorhanden. Dafür stimmten die Zeitangaben in den Berichten nicht. Seine Erklärung: Er habe mit manchen Zeitangaben etwas geschummelt, um zu verbergen, daß er sich nicht unmittelbar im Anschluß an die jeweiligen Festnahmen an den Schreibtisch gesetzt habe.
    Das war zwar möglich, aber nicht sonderlich glaubwürdig. In früheren Tagen hätte man ihn mit diesem Eingeständnis wegen eines Dienstvergehens belangt, aber derlei gab es nicht mehr. Heutzutage hieß das »Rüge«.
    Die Tatsache blieb jedoch: Polizeiassistent Tore Hammar hatte das Polizeihaus an dem fraglichen Abend gegen 23 Uhr verlassen, um dann, so seine Angabe, in die Kneipe zu gehen statt zu seiner Verlobten. Das blieb also noch zu klären. Es war in jedem Fall ein seltsames Verhalten.
    Hammar hatte also die Gelegenheit gehabt und auch über die Mittel verfügt, die Tat zu begehen, zumindest, was diesen Karate-Tritt betraf. Das Messer hätte er von zu Hause mitnehmen können. Er war zwar gewöhnlicher Polizist und nicht bei der Spurensicherung, aber auch so hätte er schon auf der Polizeischule genug Wissen erwerben können, um Spuren so zu zerstören oder falsche Fährten zu legen, wie es der Täter getan hatte.
    Vor etwa einer Stunde hatte der Polizeidirektor angerufen und gefragt, ob man Polizeiassistent Tore Hammar vorläufig vom Dienst suspendieren solle. Rune Jansson hatte mit nein geantwortet. Gegen den Verdächtigen lag kein hinreichender Tatverdacht vor, und so hatte man ihn in Erwartung weiterer Verhöre bis auf weiteres laufen lassen. Und wenn kein Grund vorlag, ihn zu verhaften, ein Standpunkt des Staatsanwalts, den Rune Jansson teilte, so gab es auch keinen vernünftigen Grund, Hammar vom Dienst zu

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