Im Interesse der Nation
Folglich würden sie einen Bericht verlangen.
Auf der Grundlage dieses Berichts würden sie dann entscheiden, ob dem Mann in Schweden überhaupt politisches Asyl gewährt oder ob er den ägyptischen Behörden übergeben werden sollte, wie dieser hirnamputierte Botschafter in Kairo vorgeschlagen hatte.
»Ich glaube«, sagte der Marinechef langsam, während er gleichzeitig nicht vorhandene Asche von seinem dunkelblauen Uniformärmel schnippte, »daß wir ihnen einen Vorschlag machen müssen, zu dem man nicht nein sagen kann. Das liegt tatsächlich im Interesse der ganzen Nation. Das ist ohne jeden Zweifel so.«
»Du verfolgst das weiter?«
»Ja, oder der Oberbefehlshaber persönlich.«
»Darf ich fragen, wie du dir das vorstellst?«
»Ich glaube, wir müssen betonen, wie groß das Risiko ist. Es darf nichts durchdringen. Ich meine, die Öffentlichkeit darf nicht erfahren, daß wir hier einen sowjetischen Vizeadmiral bei uns haben, der alles über Mini-U-Boote und den Teufel und dessen Schwiegermutter weiß, daß die Regierung aber beschlossen hat, ihn einfach wieder zurückzugeben.«
»Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann?«
»Ja, etwa so.«
»Wann werden wir den Kerl herschaffen können? Was meinst du?«
»In spätestens vierundzwanzig Stunden müßte es losgehen. Du solltest aber mit den Vorbereitungen beginnen, sobald deine Leute auf den Beinen sind.«
Carl riß sich die Ohrenschützer vom Kopf und trank aus seiner Feldflasche. Nach anderthalb Stunden Warten draußen am Test Range 4, das fast zehn Kilometer vom Zentrum des Stützpunkts entfernt lag, da diese Anlage nur für schwerere Waffen gedacht war, fühlte er sich verschwitzt und gelangweilt. Die Gruppe der Schweden hatte mit Granatgewehren geübt und Munition in einem Tempo verpulvert, das pro Stunde gerechnet dem entsprach, was ein schwedischer Küstenjägerzug im Verlauf seiner gesamten Ausbildungszeit verschießen durfte.
Ironischerweise war die Hälfte der Zeit mit einem schwedischen Modell geübt worden. Inzwischen hatte Carl sein persönliches Gespräch mit »Al« beendet, wie Sergeant Åke Stålhandske hier genannt wurde, und Carls Notizen waren voller Ausrufe und Fragezeichen. Jetzt wartete er auf Joar Lundwall, der gerade angelaufen kam, Haltung annahm und sich zur Stelle meldete.
»Rühren. Setz dich, ich habe einige Fragen persönlicher Natur«, knurrte Carl mit einer steilen Falte auf der Stirn.
Sein Landsmann setzte sich auf einen Felsblock ein paar Meter entfernt, so daß er die Sonne im Rücken hatte. Aus Carls Perspektive war er so kaum mehr als ein schwarzer Umriß in der grellen Wüstensonne.
»Nein, nicht da, du Tölpel. Setz dich hier vor mich, daß ich dich sehen kann«, brummelte Carl unnötig irritiert.
Joar Lundwall gehorchte blitzschnell. Carl holte Luft und erklärte kurz, daß er auch einige Fragen zu Dingen stellen müsse, die er hier auf dem Stützpunkt nicht beobachten könne, um den Ausbildungsstand insgesamt einzuschätzen. Aus der Akte Sergeant Lundwalls gehe hervor, daß auf der militärischen Seite alles gut oder gar bestens laufe. Also, um gleich zur Sache zu kommen: Wie gehe es an der Universität in San Diego? Freunde? Mädchen? Sonstige persönliche Verhältnisse? Kontakt zur Familie in Schweden? Irgendwelche Schlägereien?
Nein, erklärte Joar Lundwall, nie sei er in Schlägereien verwickelt gewesen, garantiert nicht. Er sei nicht der Typ, betonte er. Mit der Ausbildung gehe es gut, und er rechne damit, ein halbes Jahr früher als vorgesehen mit dem Master of Science fertig zu sein.
Er gehöre zur Leichtathletikmannschaft der Universität, Spezialität 400 Meter Hürden, und habe einige mehr oder weniger oberflächliche persönliche Kontakte in diesen Kreisen. Er korrespondiere ziemlich regelmäßig mit seiner Mutter - nein, der militärische Teil seiner Ausbildung sei ihr unbekannt -, doch sonst habe er keinerlei Kontakte mehr mit Schweden.
Carl fragte nach Freundinnen in Schweden - ob der Sergeant nicht ein Mädchen habe sitzenlassen, zum Beispiel? - oder an der UCSD.
Joar Lundwall zögerte mit der Antwort. Er schwitzte, und seine Stirn glänzte. Doch angesichts der Temperatur und der recht anstrengenden Übung, die er gerade hinter sich gebracht hatte, war das nicht weiter verwunderlich. Dennoch zögerte er mit der Antwort.
»Na los doch, mein Junge. Spuck’s aus. Freundinnen? Intime Verhältnisse? Es ist wichtiger, daß du mir ein richtiges Bild gibst, statt irgendwelche Schweinereien zu
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