Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Stützpunkt nur Offizieren zustand; zuvor war er ja auch noch nie als Offizier dort gewesen. Es hatte zwar kaum eine Bedeutung, war aber eine Geste. Der Wüstenstaub stellte jedoch schnell das frühere Aussehen des Leihwagens wieder her.
    Er kannte den Weg im Schlaf, und jetzt, wo er den Red Mountain überquert hatte, ging es hundert Kilometer mit geringem Verkehr geradeaus, bis zur Abzweigung nach Barstow und zur Edwards Air Force Base.
    Er versuchte, sich auf die Probleme mit seinen beiden Offiziersanwärtern zu konzentrieren, um nicht an anderes, Unangenehmes denken zu müssen.
    Die beiden waren jetzt in ihrem dritten Jahr. Folglich hatten sie seit mehr als einem Jahr ihre persönlichen Handfeuerwaffen gewählt, eine Pistole und einen Revolver; die gleiche Prozedur hatte er vor sehr langer Zeit, die ihm eine Ewigkeit her vorkam, selbst durchlaufen.
    Ihre Wahl sagte einiges über ihre Persönlichkeit aus. Zeige mir deine Pistole, und ich sage dir, wer du bist.
    Åke Stålhandske war natürlich den gröbsten Kalibern auf den Leim gegangen. Sein Revolver war der monströse Smith & Wesson Model 29 des Kalibers .44 Magnum, eine Waffe, die ganze 47 Unzen wog und selbst einen Clint Eastwood ein wenig hätte zögern lassen. Zumindest bei dem Modell mit dem kurzen Lauf, dem Åke Stålhandske den Vorzug gab.
    Bei Entfernungen über zehn Metern war an Präzision nicht zu denken, zumindest nicht unter realistischen Bedingungen. Schnelles Feuern war genauso ausgeschlossen, da die Waffe einen so starken Rückstoß hatte, daß man am besten nicht nur mit dem Zweihandgriff, sondern sogar mit einer Stütze schoß. Wenn man aber traf, tötete man alles, was in der Schußbahn stand, bis hinauf zum Grizzlybären.
    Folglich hatte Stålhandske auch eine Pistole gewählt, deren Fabrikat Carl schon beim Anblick des Revolvers erraten hatte, einen Colt Combat Commander Automatic, selbstverständlich im Kaliber .45. Walnußkolben. Nur sieben Schuß im Magazin. Ach ja, natürlich: »Wer von einer .45er getroffen wird, wird nicht nur sauer«, wie Skip zu sagen pflegte. Skip litt an der überhitzten Wahnvorstellung, daß alles unter Kaliber .45 etwas für Weiber sei, zudem gefährlich für den Schützen, wenn er von seinen ersten beiden Schüssen nur einen ins Ziel brachte. Somit lief das gesamte Training darauf hinaus, mit den ersten beiden Schüssen zu treffen.
    Wie Carl sich schon beim Anblick der beiden Offiziersanwärter während der Streß und Sprengstoffübungen gedacht hatte, als er auf der anderen Seite des Einwegspiegels stand, besaß Joar Lundwall im Vergleich zu seinem schwedischen Kameraden einen erlesenen Geschmack.
    Lundwalls Revolver war ein Combat Masterpiece, Smith & Wesson Model 15, in dem im Vergleich zu Stålhandskes Wahl mickrigen Kaliber .38 special. Und Lundwalls Pistole war interessanterweise die neue 9-Millimeter-Polizeipistole von Heckler & Koch, die eine raffinierte Einrichtung besaß: die Waffe wurde in dem Moment entsichert, in dem man den Kolben umfaßte. Carl hatte seit einem knappen Jahr auch mit dieser Waffe geschossen und erwogen, sie gegen seine Beretta einzutauschen. Neun Schuß im Magazin waren jedoch ein Nachteil im Vergleich zu den fünfzehn der Beretta, doch der Vorteil, in dem Moment, in dem man die Pistole auf das Ziel richtete, eine entsicherte Waffe in der Hand zu halten, wog vielleicht schwerer.
    Nein, er wollte jetzt an nichts anderes denken. Er verjagte den Gedanken an bestimmte deutsche Waffen, an seine Erinnerungen, und kehrte zu seinen beiden Offiziersanwärtern zurück.
    Vielleicht sollte er Stålhandske nicht zu hart beurteilen. Die übliche amerikanische Vorstellung von der Wirksamkeit einer Waffe war auf fast sexuell intime Weise mit der Größe des Kalibers verknüpft. Männer wie Skip Harrier konnten in dieser Hinsicht verführerisch überzeugend wirken, und die beiden Schweden waren fast zehn Jahre jünger als Carl.
    Oder war es einfach so, daß Joar Lundwall seine Schularbeiten besser gemacht hatte? Ein vollummanteltes 9-Millimeter-Parabellum-Geschoß durchdringt eine schußsichere Weste selbst dort, wo nicht einmal ein Bleiklumpen aus Stålhandskes .44er Magnum etwas ausrichtete. Ein Hohlspitzengeschoß des Kalibers 9 Millimeter der schwedischen Firma Norma hatte eine Wirkung, die vermutlich die des normalen amerikanischen Kalibers .45 übertraf. Überdies war die Waffe leichter zu handhaben, und im übrigen ging es darum, aus größerem Abstand zu treffen, und nicht nur dann, wenn

Weitere Kostenlose Bücher