Im Kerker der schönen Justine
sie bewusst zurückgehalten.
Er war der Mann in Grau und ein alter Freund von uns. Wer ihn nicht näher kannte, machte lieber einen Bogen um ihn, denn nicht jeder Mensch kam mit seiner bärbeißigen Art zurecht. Im Innern allerdings war er eine Seele von Mensch und ging für seine Leute durch’s Feuer.
Seinen Wagen kannten wir, nur Tanner sahen wir noch nicht.
»Der steckt bestimmt mit beiden Beinen bis zu den Knien im Müll«, meinte Suko.
»Kannst du dir das vorstellen?«
Er winkte ab. »Ich würde mich kranklachen.«
»Dann hast du bei ihm verschissen.«
»Deshalb werde ich mich auch davor hüten. Ich werde nicht mal grinsen, John.«
»So ist es gut, mein Kleiner«, sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter.
Als wir um die Ecke des Gebäudes gingen, lief uns ein Mann aus Tanner’s Mannschaft winkend entgegen. Wahrscheinlich hatte er unseren Wagen erkannt.
»Gut, dass Sie da sind«, sagte er nach der Begrüßung. »Sie werden bereits erwartet.«
Ich winkte ab. »Das ist bei Ihrem Chef immer so. Können Sie mir sagen, worum es geht?«
»Um eine Leiche.«
»Hätten wir uns beinahe denken können«, sagte ich. »Und was ist das Besondere an der Leiche.«
»Das wird Ihnen der Chef sagen. Kommen Sie bitte mit.« Er warf einen Blick auf unsere Schuhe.
»Gefallen sie Ihnen nicht?«, fragte ich.
»Doch. Nur wären Stiefel besser gewesen.«
»Das hätte man uns vorher sagen müssen.«
»Hat der Chef denn Stiefel an?«, fragte Suko.
Erst bekamen wir ein Lachen als Antwort, dann winkte der uniformierte Kollege ab. »Nein, und das ärgert ihn sehr. Er meinte sogar, dass wir für ihn hätten mitdenken können.«
»Oh, oh...«, fasste Suko zusammen. »Dann wird der gute Tanner allmählich alt.«
»Sagen Sie ihm das mal.«
»Lieber nicht, wir sind nicht lebensmüde. Der killt uns noch mit seiner Zigarre.«
Der Kollege hob den linken Zeigefinger. »Und die brennt diesmal. Sonst lässt er sie ja kalt zwischen seinen Lippen hin und her wandern, aber diesmal dampft er wie ein Kessel.«
Wenn das wahr war, dann stand unser Freund unter Hochdruck. Da musste er sich wahnsinnig geärgert haben, aber das würden wir selbst erfahren, und es dauerte nicht lange, bis wir Tanner und seine kleine Mannschaft sahen. Sie standen im Schatten eines Hügels. So sah es zumindest aus. Nur bestand dieser Hügel nicht aus Stein und Erde und er war auch nicht bewachsen – es war ein typischer Müllberg.
Er musste noch abgetragen werden, aber die großen Schaufelbagger standen wie eiserne Raubtiere in der Nähe und rührten sich nicht vom Fleck. Tanner’s Gesicht und auch sein berühmter grauer Filzhut waren von Rauchwolken umgeben. Allerdings hatte er den Kopf so gedreht, dass er uns sehen konnte. Er sagte zu einem Mann mit gelbem Helm ein paar Worte, drehte sich um und kam uns entgegen.
»Da seid ihr ja endlich!«
»Wenn wir fliegen könnten, wären wir im Zirkus«, erklärte ich ihm grinsend.
»Danke, aber Zirkus habe ich hier genug.«
Ich konnte mir die Bemerkung nicht verkneifen. »Man sieht’s an deinen Schuhen.«
Plötzlich bewegte sich nichts mehr an ihm. Selbst die Zigarre zwischen den Lippen zitterte nicht.
»Das hat noch gefehlt«, fuhr er uns an. »Ja, genau das, verdammt noch mal!«
Ich hob die Schultern. »Wieso? Was hast du denn? Ich habe dir nichts getan und nur etwas festgestellt.«
»Wir hätten die Leiche auch im Dreck liegen lassen können. Dann hättet ihr klettern müssen.«
»Und jetzt?«, fragte Suko.
»Liegt sie vor dem Hügel.« Bitterböse schaute er uns an, als trügen wir die Schuld an dem makabren Fund.
»Dann lass uns gehen«, schlug ich vor und fügte noch eine Spitze hinzu. »Neue Schuhe brauchst du trotzdem. Erzähle mir mal später, was deine Frau dazu gesagt hat.«
»Sie will, dass ich euch nicht mehr sehe. Immer dann, wenn wir Zusammenarbeiten gibt es Ärger. Dann bin ich so geschafft, dass mir das Essen nicht mehr schmeckt. Und wie ich euch schon öfter erzählt habe, kann meine Frau gut kochen.«
»Das glauben wir dir gern. Man braucht nur einen Blick auf deinen Bauch zu werfen.«
»Noch ein Wort, Geisterjäger, und ich lass dich kopfüber in den Müllberg stecken. Dann kannst du das Gleiche fressen wie die Ratten.«
»Aha, du lässt stecken.«
»Genau. Oder glaubst du, dass ich mir an dir meine Hände schmutzig mache?«
»Ich dusche jeden Tag.«
»Ich auch.«
»Aber bei dir merkt man es nicht.« Ich schnupperte. »Naja, ist ja ganz klar.«
Tanner kam nicht mehr dazu,
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