Im Kille-Kille-Keller
Hills
Hotel entsprochen, aber ich sagte mir, im Polizeipräsidium übernachteten
wohl auch nicht allzu viele Filmstars.
Gegen zehn Uhr erschien die
Tante mit dem Hexengesicht in Gesellschaft eines Uniformierten und schloß meine
Zelle auf. Der Beamte geleitete mich nach oben und ins Büro von Leutnant Frome,
und der erste, den ich darin erblickte, war Johnny Rio. Er und der Leutnant
saßen da und starrten mich an, worauf ich ihre Blicke natürlich erwiderte. Wenn
ich mich an etwas gewöhnt habe, dann ans Angestarrtwerden .
»Mavis«, sprach Johnny endlich,
»es war alles mein Fehler. Ich muß verrückt gewesen sein, dich in diesem Haus
allein zu lassen.«
Ich starrte ihn nur weiter an
und gab keine Antwort.
»Mavis?« sagte er. »Bist du
schwerhörig geworden?«
»Sprechen Sie mit mir?« fragte
ich ihn kühl. »Mein Name ist Ebhart — Clare Ebhart.«
»Aber ja doch«, sagte er. »Und
morgen heißt du Nixon, gelt?«
»Mrs. Donald Ebhart«, sagte ich
und blickte ihn giftig an.
Er blickte ebenso giftig
zurück. »Die Mrs. Ebhart kannst du ad acta legen. Der Leutnant kennt die ganze
Story.«
»Du hast es ihm verraten?«
sagte ich enttäuscht. »Was ist denn plötzlich mit dir los, Johnny?«
»Ich möchte vermeiden, daß du
in der Gaskammer landest«, sagte er mit Nachdruck. »Es könnte mir nämlich einen
ganzen Tag die Laune verderben.«
»Toll«, meinte ich. »Nach
allem, was ich durchgemacht habe, da kommst du und ...«
»Und hole dich aus dem Kittchen
und befreie dich von einer Mordanklage«, schimpfte er. »Der Leutnant hat
gesagt, du seist jetzt frei — also gehen wir, ehe er’s sich wieder anders
überlegt.«
»Ja«, sagte Frome heiser.
»Gehen Sie — weit, weit weg, und bitte: Kommen Sie niemals wieder!«
»Von mir aus, gern«, sagte ich.
»Ich merke schon selber, wenn ich wo nicht erwünscht bin, und wenn Sie den
Mörder nicht erwischen, dann machen Sie bitte mir keinen Vorwurf daraus.
Vergessen Sie’s nicht: Sie waren es, der mich weggeschickt hat.«
Der Leutnant ballte eine Faust
und trommelte sich gegen die Stirn. »Schaffen Sie sie raus, Rio«, flehte er.
»Ich hab’ noch nie eine Frau geschlagen, aber einmal passiert auch das!«
Johnny packte mich am Arm,
schleifte mich zum Büro und auch gleich zum Präsidium hinaus. Sein Wagen parkte
davor, und er quartierte mich eilends auf dem Beifahrersitz ein. Dann stob er
davon, als wolle er in zehn Minuten L. A. erreichen — oder was.
Wir hielten vor einem Motel an
der Küste, und Johnny ging in sein Zimmer voraus, das im zweiten Stock lag und
aus dessen Fenster man auf den Pazifik blickte. Ich nahm auf der bequemen Couch
Platz und betrachtete mir das Fernsehgerät, das Radio und das exquisite
Mobiliar, derweil Johnny Eis aus dem Kühlschrank holte und uns etwas zu trinken
einschenkte.
»Ich muß dich geradezu
bedauern«, meinte ich. »Ich kann gar nicht verstehen, wie du deine langweiligen
letzten achtundvierzig Stunden überhaupt totgeschlagen hast. Ich komme mir
schon regelrecht schuldig vor, wenn ich daran denke, wie ich mich in all den
Leichen und Ketten und feuchten Kellern gesuhlt habe und...«
»Oh, hör schon auf!« unterbrach
er mich unhöflich.
Er brachte die Gläser mit und
setzte sich neben mir auf die Couch. »Ich hab’ ein paar Neuigkeiten für dich,
mein Kind«, sagte er gehässig. »Du brauchst gar nicht so zu jammern, du darfst
nämlich zum Haus zurückfahren und dich noch ein bißchen mehr suhlen.«
»Johnny«, sprach ich sanft,
»dieser Marinesergeant hat mir beigebracht, wie man jemandem mit einem Schlag
das Rückgrat bricht. Es kommt auf die Technik an, nicht auf die Kraft. Und zum
erstenmal in meinem Leben habe ich das Gefühl, daß ich diesen Schlag bald anwenden
werde.«
»Aber nicht doch, Mavis«,
meinte er lässig. »Probier’s doch lieber bei dem Würger aus, hm?«
Ich nahm ein paar Schlückchen.
»Du sollst nicht so reden, da werde ich gleich wieder nervös.«
»Erzähl mir mal, was letzte
Nacht passiert ist«, sagte er.
»Ich habe diesen dummen
Polizisten so oft erzählt, was letzte Nacht passiert ist, daß es mir schon
schlecht davon wird«, sagte ich. »Bitte, Johnny, ich möchte nicht noch einmal
damit anfangen.«
»Nur noch ein einziges Mal,
Mavis.« Seine Stimme war wie Samt. »Oder wäre es dir lieber, wenn deine
Laufbahn in einem Motelzimmer endete und man dich mit deinem eigenen BH
erwürgte?«
Also erzählte ich ihm die ganze
Story, von meiner raffinierten Idee, Fabian eine Falle zu stellen,
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