Im Kinderzimmer
aus Spitze, die sie benutzt hatte, die von derselben Quelle stammten – und nicht von Davids Geld bezahlt worden waren, so weit sie wußte, damals nicht. Nein, ganz bestimmt nicht. Denn David war über Katherines treffsicheren Geschmack auch überrascht gewesen, vielleicht sogar ein wenig verärgert, also konnte er nicht das Geld gegeben haben. Du liebes bißchen! Sophie kratzte sich den Kopf, bemerkte, wie schlapp die Locken von der Hitze waren. Katherine hatte sie früher sogar zum Friseur begleitet. Katherine hatte sie immer geliebt, doch, das hatte sie. Konnte Mary sagen, was sie wollte.
Der Abend war plötzlich niedergefallen wie der Vorhang nach einem kurzen Akt, tauchte Sophie unverhofft in Dämmerlicht. Sie fühlte sich auf einmal erschöpft, zu müde, um sich um irgend etwas zu kümmern. Was spielte das auch schon für eine Rolle, es hatte nichts mit Daddy zu tun. Morgen wäre Zeit genug. Sie hatte auch keine Lust, sich mit den Freundinnen herumzuschlagen oder mit Katherines Schwester, die beim kleinsten Wink sofort herbeigeeilt käme. Erst, als sie zu Bett gegangen war, ohne aufzuräumen, abgesehen von den Schubladen im Schlafzimmer, die sie schloß, damit nicht ungewohnte Schatten an den Wänden sie beunruhigten, erst dann begann sie zu zittern und steigerte sich in die Vorstellung hinein, die Einbrecher könnten zurückkehren. Die Gitter vorm zersplit-terten Fenster wären doch ein Kinderspiel für dieses Gesindel. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß die Verwüstung das Werk eines einzigen Jugendlichen sein könnte (was es war). Sie lag bibbernd im 249
Bett, horchte angestrengt nach unbekannten Geräuschen und erhob sich um Mitternacht, um das Radio zu holen, ehe ihr einfiel, daß es weg war. Sie kochte Tee, ging etliche Male aufs Klo und blieb dort schließlich eine Stunde lang, denn hier hatte das Pack nicht gewütet, hier fühlte sie sich sicher. Das sollte sie sich merken, ein guter Trick für später: das Bad war offenbar das beste Versteck für das Silber.
Sie grübelte über Beträge, die die Versicherung erstatten müßte, konnte aber nicht klar genug denken. Und die ganze Zeit hatte sie das dringende Bedürfnis, ihren Sohn anzurufen, auch Katherine, eigenartigerweise. Der Stolz ließ es nicht zu, doch der Wunsch ließ sich nicht vertreiben. Dann kam ihr ein Schuß Zorn zu Hilfe. Er ist mein Sohn! Mein einziger Sohn! Sie ist meine Schwiegertochter! Ich bin eine alte Frau! Warum zum Teufel sollte ich nicht mitten in der Nacht anrufen dürfen? Zwei, laut Standuhr, die zu alt war, um Ignoranten wie Einbrechern interessant zu erscheinen. Sie wählte, legte aber nach dreimaligem Klingeln wieder auf. Vor ihrem inneren Auge sah sie den Apparat neben dem Ehebett läuten. Ach, und wenn Katherine sie doch nicht liebhatte? Sie legte auf, als am anderen Ende abgenommen wurde. Dann, nach einer weiteren Tasse Tee, meldete sich wieder die Wut. Um drei Uhr rief sie ein zweitesmal an. Diesmal wartete sie.
Sophie wartete mit zitternden Händen an ihrem Apparat darauf, mit ihrem Sohn sprechen zu können, hoffte, seine Frau möge abheben.
David mußte sich geirrt haben; Katherine hatte bestimmt nichts gegen das bißchen Unordnung, Katherine hatte das noch nie gestört.
Nach langem Warten, nach wievielmal Klingeln hätte sie nicht sagen können, aber sie blieb beharrlich am Hörer, als hinge sie an einer Rettungsleine, nach langem Warten erreichte Sophie eine Stimme aus dem Nichts. David meldete sich argwöhnisch, mit einer Zurückhaltung, die ein klein wenig schuldbewußt klang.
»Ja, wer ist da?« Also nicht die befürchtete erboste Reaktion.
»Mama.«
»Mama wer?«
»Deine Mutter!« brüllte Sophie, empört über sein befremdliches Benehmen.
»Ach so.«
250
»Hat aber lang gedauert, bis du abgenommen hast. Was soll denn das? Hoffentlich keine Alpträume?«
»Kein bestimmter Grund; ich habe geschlafen. Es ist mitten in der Nacht. Was willst du, Mutter? Bist du betrunken?«
»Bei mir ist eingebrochen worden.«
»Wann? Jetzt eben?«
Zeitpunkt und Ausmaß des Schadens zu übertreiben, wäre sicher wirkungsvoller, doch Sophie brachte es nicht fertig, zu lügen.
»Nein, heute nachmittag.«
»Hast du die Polizei benachrichtigt?«
»Ach, nein.«
»Dir ist aber nichts passiert?« Die Frage klang gelangweilt.
»Nein, alles noch dran, wenn du das meinst. Ich mußte nur dringend mit jemandem reden. Gibst du mir mal Katherine?« Er zögerte merklich.
»Nein, das geht nicht. Sie schläft. Es geht ihr
Weitere Kostenlose Bücher