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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Ansprache, Trost und hübschen Tapeten zivilisiert zu werden. Die emanzipierte Ehe geistig ebenbürtiger und partnerschaftlich die Pflichten teilender Menschen scheint doch nicht zu funktionieren.
    Unsere Ehe haben wir wie ein Unternehmen geführt, Sebastian und ich, haben uns als Aufsichtsräte abgesprochen, und waren wir uns uneinig, wurde er überstimmt. Keine langen Reden; ich hatte die Wahrheit gepachtet. Kein bißchen Demokratie und verdammt wenig Gefühl. Irgend etwas hat gefehlt, sonst würde er mir jetzt nicht fehlen. Undenkbar aber, selbst im Fegefeuer der frühen Morgenstunden, ihn zu bitten, zurückzukehren, wenn der Stolz einst das Rückgrat meines Selbst bildete, so krümmt sich dieses jetzt, und in meiner tiefen Einsamkeit bin ich auch in der Lage, die seine zu erkennen.
    Kreuzschmerzen, Herzschmerzen, Kopfschmerzen. Gestern morgen alles drei. Dazu die merkwürdige Gewißheit, von etwas anderem geweckt worden zu sein als nur vom Kater und der Übelkeit. Versuchte es mit einem Kissen überm Kopf, bis es hell wurde, gab gegen sechs Uhr auf und wankte unter dem Vorwand, arbeiten zu wollen, ins Arbeitszimmer. Mein Gott, was für eine Brüllhitze. Seit Wochen in Schweiß gebadet, alles grau verfärbt, durchs offene Fenster kriecht die Karikatur eines Lufthauchs herein, dampfend wie der Atem einer Kuh. Waschküche. Kein Laut auf der Straße. Als ich hinausblinzele, aus Neugier, ob um diese Zeit sonst jemand schon auf den Beinen ist, stutze ich. Dort übers Eisengitter vorm Haus der Allendales drapiert, mache ich eine Flagge oder etwas Derartiges aus. Schweres rotes Tuch, aufgespießt auf den Stäben vorm Küchenfenster. Der rote Teppich für den Einbrecher? Hübsch anzusehen. Aber wie merkwürdig! Noch halb schlafend recke ich mich, spähe, doch von diesem Standort aus sind die Fenster und die Haustür nur schlecht einzusehen. Und es rührt sich nichts. Nur der rote Stoff leuchtet dort wie ein Signal, und ich bin eigenartigerweise fast enttäuscht, keinen weniger harmlosen Anblick dargeboten zu bekommen.
    Das liegt wohl daran, daß es an einem nagt. So eine Familie, meine ich, die sich selbst genügt, die einen wie Luft behandelt, die die erste ist, die der verlassenen Ehefrau den Rücken kehrt. Ich kann den ersten Schritt nicht tun, nicht nach dem, was ich erfahren habe, doch 254
    ich warte darauf, daß einer von den beiden mir mit ausgestreckter Hand entgegenkommt, die Freundschaft anbietet, an der ihnen angeblich so viel liegt. Sie werden es nicht tun. Und dabei mochte ich die beiden auf die mir eigene Art und muß sie jetzt verachten, die sie mich verachten. Kaum zu glauben, daß ihre beiden Kinder fast zwei Jahre hier ein- und ausgegangen sind. In den wenigen Wochen seit der Annullierung der Abmachung kein Lebenszeichen. Ja, doch, David hat Mrs. Harrison ein finanzielles Zückerchen gegeben, ich weiß, aber deshalb müssen die Kinder doch nicht von heute auf morgen in der Versenkung verschwinden. Jeanetta mag Mark zwar auf die Nerven gegangen sein, nichtsdestotrotz schmollt er nun. Samantha auch. Natürlich verwirrt sie auch das Ausbleiben des Papas, egal wie selten sie ihn zu Gesicht bekommen haben. Von daher wären die Allendale-Blagen eine Hilfe gewesen; am wohltuendsten wirkt auf Kinder immer noch die Gegenwart anderer Kinder. Mist, verdammter! Verdammt, verdammt, verdammt. Ist ja gut, Sebastian, ich hab’s kapiert! Ich kann mich zwar nicht überwinden, dich anzurufen, aber ja, Liebster, ich geb’s zu: Es ist ein Unterschied, du hast weit mehr als ich getan, und du fehlst mir.
    Hast du denn mich geliebt, du mein Mann? Habe ich es versucht?
    Es lag an mir, nicht wahr? Und an dir, symbolisch verkörpert dort allein auf der Parkbank, einsam wie ein Tag in der Hölle.
    Bei unserer letzten Begegnung habe ich ihn angeschrien, aber ohne rechte Überzeugung, viel Lärm um nichts, und als er dann an der Reihe war, sprach er mit weit größerer Autorität, als ich ihm je zuge-traut hätte. So schöne Augen, der Kerl. Das Haar zerwühlt. Ich hätte gern darüber gestrichen, hätte mich so gerne geschlagen gegeben, hatte soviel Zeit zum Nachdenken gehabt, hatte so vieles begriffen, was ich gar nicht wußte. Wenn Leid die menschliche Seele läutert und adelt, dann kann ich nur sagen, lieber bliebe ich nieder und gemein! Es gibt kein simples Schwarz-Weiß mehr, nur Grau-in-Grau wie schmutzige Wäsche. Er sah schlanker aus, fitter, deshalb mußte ich ihn anschreien, deshalb noch mehr trinken, wohl wissend, daß

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