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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Mittelschichtsfrauen-Gymnastik-Fron mitten am Nachmittag die Aussicht auf ein paar Gesprächsfetzen. »Du mußt deine Figur halten.« David hatte darauf 30
    bestanden und die Anmeldung gezahlt. Sie kontrollierte abermals ihre Tasche. Handtuch, eine kleine Menge aus der größeren Flasche abgefüllten Shampoos, Trainingsanzug – ausgeleiert zwar, aber immer noch vom gleichen frischen Rosa, das ihrem hellen Teint so schmeichelte.
    Sie hatte die Tasche bereits wieder geschlossen, so automatisch war die Überprüfung gewesen, ehe sie begriff, daß der Trainingsanzug gar nicht darin lag. Sie blieb stehen. Weg. Der zweite Beleg schon für ihr elendig unzuverlässiges Gedächtnis, der im Widerstreit lag mit der glasklaren Erinnerung an die Handgriffe, die den Anzug in die Tasche und das Geld ins Portemonnaie befördert hatten, und der sie zutiefst beunruhigte. Aber im hellen Sonnenschein gelang es, den Gedanken abzuschütteln. Sie würde sich im Center sicher einen Er-satzanzug leihen können. Los jetzt. Und das nennt sich ordentliche Hausfrau! Stehst hier untätig herum. Los, los. Bevor dich irgend jemand sieht.
    Das bißchen, das sie gegessen hatte, der kaum merklich gerundete Bauch, sie würden der bevorstehenden Aufgabe nicht im Wege sein.
    Trotzdem war ihr im Umkleideraum wohler als auf dem blanken Parkett des Tanzstudios, denn hier drängten sich halb bekleidete Frauen aller Größen und Formen, stöhnend, scherzend und lachend.
    »Hab mir den halben Tag ins Gewissen reden müssen, herzukommen«, gestand die eine. »Wie? Im Ernst?« lachte die andere. »Hallo, Katherine. Was für ein umwerfendes Kleid!« Hallo, hallo. Den regelmäßigen Teilnehmerinnen, die ihre straff organisierte Tagesroutine unterbrachen, um hier ihre nicht den Anforderungen entsprechenden Körper der Tortur der Übungen zu unterziehen und anschließend ihre Haare wieder zu richten, die zerdrückten Kleider zurechtzuzup-fen, die, wie sie sich einbildeten, gleich viel besser saßen, um dann wieder heimwärts oder ins Büro zu eilen, Frauen einer neuen Generation, schenkte sie ihr sonnigstes, warmherzigstes Lächeln. Doch auch hier gab es keine Vertraulichkeiten. Irgend etwas mache ich falsch, hatte Katherine lange vermutet, alle Zweifel aber um der Freude an der unverbindlichen Kameraderie willen verdrängt. Vielleicht bin ich diesem Sammelsurium von Fettpölsterchen auch einfach zu schlank, zu stromlinienförmig, zu schick. Die Vorstellung 31
    war nicht unangenehm. Pech: Sie hatte immer Wert auf ihr Äußeres gelegt, konnte nicht anders, als entweder makellos gekleidet aus dem Haus gehen oder gar nicht. Bei ihr gab es keine halben Sachen, kein Schummeln. Und an der Ernsthaftigkeit dieser Katherine Allendale, die niemand Kate rief, konnte in der Tat kein Zweifel bestehen. Da stand sie, aufrecht in der Mitte des Raums, schlank und durchtrainiert wie eine Ballerina, keine Spur von überflüssigen Pfunden, die beim Laufen hätten wabbeln können. Und sie lief mit mühelos zäher Ausdauer, bis ihr Schwanenhals vor Schweiß glänzte und Schweißperlen in die kleine Vertiefung ihres Ausschnitts rannen. Die Kursleiterin-nen wunderten und freuten sich über Katherine, diese Teilnehmerin, die so ganz bei der Sache war. Und mit welcher Hingabe! Jeder Anweisung – Springt höher! Dehnen! Los, preßt die Pobacken fester zusammen! – folgte sie so gewissenhaft, als hinge ihr Leben davon ab. Befahl man: »Strecken bis zur Decke!«, dann langte sie hinauf, als wollte sie diese wirklich und wahrhaftig berühren, mit unglaublich langen Fingern und Armen, wo die anderen sich mit der halben Anstrengung zufrieden gaben und niemals die Schmerzgrenze über-schritten. Um so liebenswerter, daß sie nicht tat, als wäre es ein Leichtes, nie behauptete, es wäre das Einfachste von der Welt. Ein Handtuch, eine Bürste, einen Kamm borgen? Bei Katherine kein Problem. Sie nahm sich sogar des Farns im Foyer an, goß ihn regelmäßig. Nur zum Kauf eines neuen Gymnastikanzugs konnte man sie partout nicht überreden. Zwar besah sie sich die angebotenen Bodys, strich gern über den glatten Stretchstoff, kaufte jedoch niemals einen neuen. Die Mähne streng zurückgekämmt und gebändigt, streckte und beugte und streckte und beugte sich Katherine, überließ ohne zu murren ihren Stammplatz einer anderen, die sich dort hingestellt hatte. Laß sie doch, was machte das schon. Sie war allseits beliebt.
    Vier Uhr. Höhe- und Tiefpunkt eines durchschnittlichen Tages. Katherine saß im

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