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Im Königreich der Frommen (German Edition)

Im Königreich der Frommen (German Edition)

Titel: Im Königreich der Frommen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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das angekündigte ACPRA-Sit-in ins
Wasser, weil es das Innenministerium nicht erlaubte, aber es brachte
Frühlingswind in die Berichterstattung über das
Königreich.
    Fünfzehn der
neunzehn jungen Attentäter des 11. September 2001 waren Saudis.
In den Jahren nach dem Terror-Anschlag auf New York und Washington
D.C. waren die US-Medien voll mit Berichten über saudische
Organisationen, die Al Quaida gefördert hatten. Aber über
eine Menschenrechtsgruppe im Königreich las man nie.
    ACPRA gab weiter
keine Ruhe. Im Januar 2011 ließ die Organisation wieder einen
Testballon steigen. Menschenrechtsaktivisten im In- und Ausland und
politische Gefangene in Saudi Arabien rief ACPRA auf, in einen
48-stündigen Hungerstreik zu treten, wieder um gegen die
willkürlichen Verhaftungen im Königreich zu protestieren.
Nach ACPRAs Schätzungen, hieß es dazu in der
Pressemitteilung, gebe es in Saudi Arabien 30.000 politische
Gefangene. Zu den politischen Gefangenen zählte die
Organisation alle, die ohne ordentliches Verfahren inhaftiert waren.
    Was steckte bloß
hinter dieser oder diesem ACPRA? Gab es im Königreich wirklich
so eine Art Opposition? Das Land stand auf allen Listen die
politische Freiheit betreffend ganz, ganz hinten. Der saudische
Geheimdienst war berüchtigt, die religiöse Polizei
gefürchtet, kaum einer traute sich frei zu sprechen. Wieso dann
ACPRA?
    Ich fing an, nach
Kontaktdetails von ACPRA zu suchen. Während amerikanische
Medien über all diese Aktionen berichtet hatten, war in den von
der königlichen Familie kontrollierten saudischen Medien nichts
über die Organisation zu lesen. Also suchte ich im Internet.
Aber das war gar nicht so einfach. Zwar schien es schon Seiten von
ACPRA zu geben, meine Suchmaschine zeigte sie an, aber die Seiten
konnte ich nicht öffnen. Immer wieder besuchte mich der grüne
Freund – so nannte ich die Zensur-Seite der saudischen
Regierung bald.
    Während meiner
Zeit im Königreich war sie mir stets ein treuer Begleiter. Bald
kannte ich sie auswendig. In Arabisch und Englisch hieß es
dort: „Entschuldigung, aber die gewünschte Seite ist
nicht erhältlich.“ Und etwas darunter: „Wenn Sie
glauben, dass die gewünschte Seite nicht blockiert sein sollte,
klicken Sie HIER.“
    Na gut, so blöd
war ich dann auch wieder nicht, dass ich die Behörden auf meine
staatsfeindlichen Internet-Recherchen aufmerksam machte.
    Später habe
ich erfahren, dass sich ACPRA und die Internet-Zensoren des
Königreiches damals ein fröhliches Katz-und-Maus-Spiel
lieferten. Sobald neues Material auf ACPRAs Seite erschien, wurde
sie blockiert. Dann wechselte ACPRA zu einer neuen, leicht
veränderten Adresse, die die Behörden dann wiederum
blockierten. Im Januar 2011 war die Organisation bei www.acpra13.com angekommen.
    Heutzutage
erscheinen diese Kämpfe wie aus den Stummfilmzeiten des
Internets. Inzwischen kommuniziert ACPRA mit seinen Anhängern
vor allem über „Twitter“ oder veröffentlicht
Videos auf „Youtube“. Aber damals erschwerten die
Internet-Zensoren meine Arbeit ungemein.
    Endlich fand ich
jedoch ein pdf-Dokument, in dem die Verteidiger in einem
Strafverfahren gegen Suleiman Al Rashudi mit ihrer Telefonnummer
aufgelistet waren. Einer davon war der ACPRA-Vorsitzende Mohammed Al
Qahtani. Ihn rief ich an. Ich war gespannt.
    Es meldete sich ein
Mann mit einer hohen, lebendigen Stimme. Sein Englisch war
exzellent, aber schwer einzuordnen; ein bisschen war der Akzent
Arabisch, ein bisschen US-amerikanisch, dachte ich. Ich sagte, ich
wolle ihn treffen und bekam den nächstmöglichen Termin.
    Nur wo wir uns
treffen sollten, machte mir etwas Sorgen: in der Nähe des
Institutes für Diplomatische Studien in der Riader Innenstadt.
Qahtani wollte mich auf dem Parkplatz eines nahen Supermarktes
abholen. Durch die Eingangskontrolle des Institutes käme ich
nicht allein, sagte er. Ich suchte das Institut im Internet. Es
gehörte zum saudischen Außenministerium. Die ganze
ACPRA-Sache wurde immer kurioser. Arbeitete Al Qahtani für das
Regime?
    Als ich am Samstag
Morgen, dem saudischen Montag Morgen, auf dem Parkplatz vor dem
Supermarkt wartete, war ich nervös. Über die gesamte
Fassade des Institutes, direkt an der König Fahd Straße,
Riads zentraler Verkehrsachse, streckte sich ein Transparent: ein
milde grüßender König Abdullah. Sieben Stockwerke
hoch.
    Al Qahtani kam
etwas spät. Er saß in einem dickbauchigen Geländewagen,
dem japanischen Konkurrenzmodell zum „Hummer“. Noch

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