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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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lächelte, als sie das Hemd des Earls hochhob, auf dessen Rücken jetzt in schwarzer Stickerei ein Totenschädel und gekreuzte Knochen prangten. »Er sieht das nicht, wenn er es anzieht.« Jenny lachte, aber Brenna wurde plötzlich nachdenklich. »Gerade fällt mir der MacPherson wieder ein«, sagte sie, und Jenny sah sie interessiert an, denn Brenna war, wenn sie nichts in Angst und Schrecken versetzte, eine ausgesprochen vernünftige, klar denkende Person. »Ich glaube nicht, daß du ihn jetzt noch heiraten mußt.«
    »Was bringt dich auf diese Idee?«
    »Weil Vater bestimmt eine Nachricht an König Jakob schickt- vielleicht sogar an den Papst - und alle davon in Kenntnis setzt, daß wir aus dem Kloster entführt wurden. Die Neuigkeit verursacht wahrscheinlich einen solchen Aufruhr und ruft so große Entrüstung hervor, daß König Jakob sofort seine Streitkräfte nach Merrick schickt. Ein Kloster gilt als unangreifbar, und wir standen unter dem Schutz des Ordens und der Äbtissin. Wenn uns König Jakob zu Hilfe kommt, brauchen wir doch die Unterstützung des MacPherson-Clans nicht mehr, meinst du nicht?«
    Ein Hoffnungsschimmer glomm in Jennys Augen auf, verlosch aber wieder. »Ich glaube, wir befanden uns gar nicht mehr auf dem Grund und Boden des Klosters, als uns die beiden Unholde überrumpelt haben.«
    »Davon kann Vater nichts wissen, und er wird annehmen, daß wir in der Nähe der Abtei waren - genau wie jeder andere auch.«
    Royce stand mit tief gerunzelter Stirn im Freien und warf einen verwirrten Blick auf das kleine Zelt der beiden gefangenen Frauen am Rand des Lagers. Eustace hatte gerade Lionel abgelöst und stand jetzt Wache vor dem Eingang.
    Schwacher Schein von Kerzenlicht sickerte durch die Zeltleinwand und verriet Royce, daß die beiden Frauen noch wach waren. Jetzt, in der friedlichen, vom Mond erhellten Nacht, gestand sich Royce ein, daß er heute hauptsächlich aus Neugier in ihr Zelt gegangen war. Sobald er gehört hatte, daß Jennifers Gesicht sauber und gewaschen war, wollte er unbedingt wissen, wie sie aussah. Aber das genügte ihm noch nicht - jetzt überfiel ihn geradezu lächerlich die Neugier, welche Farbe ihr Haar hatte. Ihren grazil geschwungenen Augenbrauen nach zu schließen, mußte es entweder braun oder kastanienrot sein, während ihre Schwester eindeutig blond war - aber Brenna Merrick interessierte ihn nicht.
    Jennifer schon.
    Sie war wie ein Puzzle, dessen Stücke er nur nach und nach zu sehen bekam, und jedes Teil war noch überraschender als das letzte.
    Zweifellos hatte sie die üblichen Geschichten über seine angeblichen Greueltaten gehört, und trotzdem war sie nicht halb so furchtsam wie die meisten Männer, die mit ihm in Berührung kamen. Das war das erste und erstaunlichste Teil des Puzzles - das Wesen des Mädchens. Ihre Courage und Furchtlosigkeit.
    Dann waren da noch diese Augen - riesengroße, bezaubernde, tiefblaue Augen, die ihn an Samt erinnerten. Unglaublich aufrichtige und ausdrucksstarke Augen mit langen rostbraunen Wimpern. Diese Augen hatten den Wunsch in ihm geweckt, endlich ihr Gesicht anzuschauen. Und als er es heute ohne die gräßliche Schmutzschicht gesehen hatte, konnte er kaum glauben, wie sich das Gerücht, Lady Jennifer Merrick sei unscheinbar und nichtssagend, überhaupt verbreitet hatte.
    Sie war nicht im eigentlichen Sinn schön, und die Bezeichnung »hübsch« paßte überhaupt nicht zu ihr, aber als sie heute in dem kleinen Zelt zu ihm aufgeschaut hatte, war er überwältigt gewesen. Sie hatte hohe, wunderschön geformte Wangenknochen, ihre Haut war makellos wie Alabaster und mit einem zarten rosigen Hauch überzogen, ihre Nase war klein. Im Gegensatz zu diesen feinen Zügen wirkte ihr schmales Kinn eigensinnig und fast ein wenig grob, aber wenn sie lächelte, sah man - das hätte Royce beschwören können - zwei winzige Grübchen.
    Alles in allem war es ein faszinierendes, verlockendes Gesicht, entschied er, sehr verlockend - und noch hatte er sich nicht einmal gestattet, sich an ihre weichen, großzügigen Lippen zu erinnern.
    Er riß sich widerstrebend von dem Gedanken an Jennifer Merricks Lippen los, hob den Kopf und sah Eustace fragend an. Eustace verstand ihn auch ohne Worte. Er drehte sich leicht, so daß der Schein des Feuers sein Gesicht beleuchtete, und hob seine Hand, als steckte eine Nadel zwischen seinen Fingern, dann bewegte er den Arm gleichmäßig auf und ab und demonstrierte so, daß die beiden Mädchen noch immer

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