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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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nähten.
    Royce fiel es schwer zu begreifen, daß sie zu so später Stunde noch so fleißig waren. Seiner eigenen Erfahrung nach nähten wohlhabende Damen nur ganz spezielle Dinge für ihre Familien und ihr Heim, überließen jedoch das Stopfen und Flicken den Dienstboten. Während er vergeblich versuchte, Jennifers Umrisse hinter der schwach erleuchteten Zeltwand auszumachen, stellte er die Vermutung an, daß wohlhabende Damen auch nähten, um sich die Zeit zu vertreiben, wenn ihnen langweilig war. Aber nicht mitten in der Nacht und bei Kerzenlicht.
    Ungewöhnlich eifrig, diese Merrick-Mädchen, dachte er sarkastisch und ungläubig zugleich. Sehr freundlich von ihnen, daß sie ihren Entführern Beistand leisteten, indem sie ihre zerrissenen Kleider in Ordnung brachten. Ausgesprochen großzügig.
    Und ganz sicher nicht typisch für die beiden, besonders nicht für Lady Jennifer Merrick, deren Feindseligkeit er schon am eigenen Leib verspürt hatte.
    Royce schlenderte gemächlich durch die Reihen seiner erschöpften, von vielen Kämpfen gezeichneten Krieger, die sich auf dem Boden unter ihren Mänteln zusammengerollt hatten und schliefen. Als er dem Zelt der Frauen näher kam, fiel es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen - jetzt wußte er genau, warum die beiden Gefangenen Nadeln und Scheren verlangt hatten. Er unterdrückte einen wüsten Fluch und beschleunigte seine Schritte. Kein Zweifel, diese beiden dummen Mädchen zerschneiden alle Kleider, die man ihnen gegeben hat, dachte er wütend.
    Brenna stieß einen erstickten Angstschrie aus, als der Wolf die Zeltklappe aufriß und sich bückte, um hereinzustürmen, Jenny hingegen starrte ihn stumm an und erhob sich langsam, dabei stellte sie eine verdächtig freundliche Miene zur Schau.
    »Ich möchte mir ansehen, was Ihr heute getan habt«, fuhr Royce die beiden an. Er wandte den Blick von Brenna, die sich erschrocken an die Kehle faßte, ab und richtete ihn auf Jenny. »Zeigt es mir.«
    »Sehr gern«, entgegnete Jenny mit geheuchelter Unschuld. »Ich wollte mir gerade dieses Hemd vornehmen«, flunkerte sie, als sie ein Hemd von ihm, dessen Armlöcher sie bereits zugenäht hatte, sorgsam weglegte. Sie nahm eine Hose von dem Stapel Kleider, die sie und Brenna selbst tragen wollten, und gab sie ihm, damit er sie inspizieren konnte. Dabei deutet sie auf den ordentlich geflickten Riß auf der Vorderseite.
    Sprachlos vor Verblüffung starrte Royce auf die kaum sichtbare, feste Naht und die kleinen Stiche und mußte zugeben, daß diese stolze, hochmütige und eigensinnige Person tatsächlich geschickt war.
    »Ist die Arbeit zu Eurer Zufriedenheit erledigt, Mylord?« erkundigte sie sich mit kaum verhohlener Belustigung. »Dürfen wir damit rechnen, daß Ihr uns in Euren Diensten behaltet, Sire?«
    Wenn sie nicht seine Gefangene und die ungezogene Tochter seines Feindes gewesen wäre, dann wäre Royce in Versuchung geraten, sie in die Arme zu nehmen und ihr einen Kuß als Gegenleistung für ihre so dringend benötigte Hilfe zu geben. »Ihr habt großartige Arbeit geleistet«, bekannte er aufrichtig. Er wandte sich zum Gehen um und schlug die Zeltklappe zurück. »Meine Männer würden in ihren zerrissenen Kleidern frieren und wären für das kommende kalte Wetter nur unzureichend ausgerüstet. Sie sind bestimmt glücklich, wenn sie erfahren, daß ihre Sachen wenigstens tragbar sind, bis die Winterkleidung hier eintrifft.«
    Jenny hatte vorausgesehen, daß ihm früher oder später einfiele, welch schauderhafte Dinge sie und Brenna mit einer Schere anrichten könnten, und daß er kommen würde, um ihr Werk zu begutachten. Daher hatte sie sich gut darauf vorbereitet, ihn an der Nase herumzuführen. Dennoch hatte sie von ihm kein ehrlich gemeintes Kompliment erwartet und fühlte sich unwohl und sogar etwas beschämt, weil er so offen gezeigt hatte, daß doch ein Quentchen Menschlichkeit in ihm steckte.
    Als er gegangen war, sanken beide Mädchen erleichtert auf ihre Schlafstätten.
    »Liebe Güte«, hauchte Brenna ängstlich und warf einen Blick auf den Stapel Decken, die sie in Streifen geschnitten hatten. »Irgendwie habe ich die Männer hier gar nicht als ... als Menschen betrachtet.«
    Jenny wollte nicht eingestehen, daß ihr gerade etwas Ähnliches durch den Kopf gegangen war. »Sie sind unsere Feinde«, rief sie ihnen beiden ins Gedächtnis. »Unsere Feinde und Papas Feinde und die Feinde von König Jakob.« Trotz dieser mit Überzeugung vorgebrachten Bemerkung zog sie

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