Im Koenigreich der Traeume
eine religiöse und keine weltliche Vorschrift hielt.
Jenny griff nach der Schüssel mit dem Porridge. »Ja.«
»Mir scheint«, bemerkte er scherzhaft, »daß eher Gefräßigkeit als Wollust den Sündenfall verursacht hat.«
In dem Bewußtsein, daß sie schon zweimal nach einer ähnlich unbeschwerten Unterhaltung in seine Arme gesunken war, weigerte sich Jenny schlicht, sich zu amüsieren oder schockiert über diese Ketzerei zu sein, und machte sich auch nicht die Mühe, etwas darauf zu erwidern. Statt dessen schnitt sie in gemäßigtem Ton ein anderes Thema an. »Würdet Ihr Eure Anweisung, daß meine Schwester und ich getrennt werden, noch einmal neu überdenken und eventuell zurücknehmen?«
Er zog argwöhnisch eine Augenbraue hoch. »Ist Eure Stimmungslage besser geworden?«
Seine aufreizende, unerschütterliche Ruhe und diese Arroganz erstickten sie beinahe. Sie schwieg lange und schluckte die Worte, die ihr über die Lippen sprudeln wollten, mühsam hinunter. Schließlich gelang es ihr, ein »Ja« zu flüstern.
Zufrieden drehte sich Royce nach der Magd um, die in der Nähe herumlungerte und trug ihr auf: »Sag Lady Brenna, daß ihre Schwester sie hier erwartet.« Dann wandte er sich wieder an Jennifer und erfreute sich an ihrem feingeschnittenen Profil. »Nur zu, eßt etwas.«
»Ich warte darauf, daß Ihr anfangt.«
»Reizend, aber ich habe keinen Appetit.« Noch vor einer Stunde wäre er fast vor Hunger gestorben, aber jetzt konnte er keinen Bissen hinunterkriegen, weil er nur noch Augen für Jenny hatte.
Vollkommen ausgehungert nach der selbstauferlegten Fastenkur, tat Jenny, was er ihr empfohlen hatte, und nahm einen großen Löffel Porridge. Doch schon bald machte sie sein nachdenklicher Blick unsicher. Sie schielte verstohlen aus den Augenwinkeln in seine Richtung. »Wieso beobachtet Ihr mich so genau?«
Welche Antwort er ihr auch immer darauf geben wollte, sie wurde von der Magd, die in hellster Aufregung auf Jennifer zustürmte, im Keim erstickt. »Es ist... Eure Schwester, Mylady«, rief das Mädchen außer sich. »Sie will Euch sehen. Sie hustet sich die Seele aus dem Leib, daß ich schon allein beim Zuhören eine Gänsehaut bekomme.«
Jenny wurde aschfahl. »Lieber Gott, nein!« hauchte sie und sprang auf. »Nicht jetzt - nicht hier!«
»Was soll das heißen?« Royce, der daran gewöhnt war, auf dem Schlachtfeld mit allen möglichen Notfällen und unvorhergesehenen Ereignissen fertig zu werden, hielt sie am Handgelenk zurück.
»Brenna hat seit ihrer Kindheit ein Lungenleiden«, erklärte Jenny verzweifelt. »Die Anfälle beginnen meistens mit einem starken, trockenen Husten, und später bekommt sie kaum noch genug Luft.«
Sie riß sich von ihm los, aber Royce blieb bei ihr und begleitete sie nach oben. »Es muß doch eine Arznei geben, die ihr hilft!«
»Nicht hier«, entgegnete Jenny so aufgeregt, daß sich ihre Stimme überschlug. »Meine Tante Elinor zu Hause braut immer eine Mixtur - sie kennt sich besser mit Kräutern und Heilmitteln aus als jeder andere in Schottland. Im Kloster steht noch eine Flasche der Medizin.«
»Woraus besteht sie? Vielleicht...«
»Ich weiß es nicht!« schrie Jenny und zerrte ihn beinahe die letzten Stufen der steilen Treppe hinauf. »Ich weiß nur, daß die Mixtur erhitzt werden muß, bis sich Dämpfe bilden. Wenn Brenna diese Dämpfe inhaliert, kann sie wieder durchatmen, und ihr Zustand bessert sich ziemlich rasch.«
Royce stieß die Tür zu Brennas Schlafzimmer auf, und Jenny lief zu dem Bett und betrachtete besorgt das kreidebleiche Gesicht ihrer Schwester.
»Jenny?« flüsterte Brenna und umklammerte Jennys Hand. Plötzlich wurde ihr Körper von einem so heftigen Hustenanfall geschüttelt, daß sich ihr Rückgrat durchbog. »Ich ... ich bin wieder krank«, keuchte sie schwach.
»Mach dir keine Sorgen«, besänftigte Jenny sie und beugte sich tief über das Bett, um Brenna die blonden Locken aus der Stirn zu streichen. »Hab keine Angst...«
Brennas gequälter Blick richtete sich auf die bedrohliche Gestalt, die auf der Schwelle stand. »Wir müssen nach Hause«, erklärte sie dem Earl mit dünnem Stimmchen. »Ich brauche die ...« Wieder hustete sie abgehackt und rang um Atem. »Ich brauche die Arznei.«
Mit ängstlich klopfendem Herzen sah Jenny Royce über die Schulter hinweg an. »Bringt sie nach Hause, bitte!«
»Nein, ich denke ...«
Jenny war außer sich vor Sorge. Sie ließ Brennas Hand los, eilte zur Tür und bedeutete Royce mit
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