Im Koenigreich der Traeume
zurück ins Kloster bringen werden. Ab jetzt kann ich es nicht mehr erlauben, daß Ihr bis zu ihrer Abreise allein mit ihr seid.«
»Aber warum nicht?« stieß sie hervor.
»Weil ich bezweifle, daß Eure Schwester den Verteidigungsanlagen von Hardin genügend Beachtung geschenkt hat, um Eurem Vater Einzelheiten darüber erzählen zu können. Ihr jedoch«, merkte er ironisch an, »habt kalkuliert, wie dick die Mauern sind und meine Wachen gezählt, als wir über die Zugbrücke ritten.« »Nein! Ich gehe nicht ohne dich!« rief Brenna, nachdem sie gehört hatte, daß sie ins Kloster zurückgebracht werden sollte. Sie heftete ihren Blick auf Lord Westmoreland. »Jenny muß mich begleiten«, brach es aus ihr heraus, »sie muß einfach!«
Jenny hätte schwören können, daß Brenna für einen unwirklichen Augenblick eher enttäuscht als ängstlich oder leidend aussah.
Eine Stunde später schwangen sich einhundert Ritter im Innenhof auf ihre Pferde und machten sich bereit, mit Stefan Westmoreland an der Spitze loszureiten.
»Paß auf dich auf«, sagte Jenny über Brenna gebeugt, die auf Kissen und Decken in einem Wagen lag.
»Ich dachte, er würde erlauben, daß du mich begleitest«, jammerte Brenna mit einem anklagenden Blick auf den Earl und hustete herzzerreißend.
»Sprich nicht so viel, das strengt dich zu sehr an«, ermahnte Jenny, während sie versuchte, die Daunenkissen hinter Brennas Kopf aufzuschütteln.
Als Royce den Befehl dazu gab, wurde die Zugbrücke an den rasselnden Ketten heruntergelassen. Sobald das große, mit Eisenspitzen versehene Tor geöffnet wurde, trieben die Männer ihre Pferde an. Jenny trat zurück, und die Karawane setzte sich in Bewegung. Am Anfang und Ende des Zuges flatterten blaue Banner mit einem Zähne fletschenden Wolf darauf im Wind. Die Insignien des Schwarzen Wolfs werden Brenna vor Schaden bewahren, bis sie die Grenze erreicht, dachte Jenny, danach genügt Brennas Name als Schutz, falls die Männer angegriffen werden.
Die Brücke wurde wieder hochgezogen und versperrte Jenny die Sicht. Royce umfaßte ihren Ellbogen, um sie in die Halle zurückzuführen. Jenny ging mit, aber ihre Gedanken waren noch bei den Bannern mit der Abbildung eines bösartigen Wolfs mit großen weiß blitzenden Fängen. Bis heute hatten die Männer Fahnen mit dem Wappen des Königs von England getragen -goldene Löwen und Kleeblätter.
»Falls Ihr Euch Sorgen macht, daß ich Eure Gegenleistung sofort einfordere«, sagte Royce, als er ihre finstere Miene sah, »kann ich Euch beruhigen. Meine Pflichten werden mich bis zum Abendessen in Anspruch nehmen.«
Jenny wollte nicht einmal mehr an diese unselige Abmachung denken, geschweige denn darüber sprechen, deshalb erklärte sie hastig: »Ich habe mich nur gefragt, weshalb die Männer jetzt Eure persönlichen Banner und nicht mehr die Eures Königs tragen.«
»Weil ich meine Ritter losgeschickt habe, nicht Heinrichs«, erwiderte er. »Sie haben mir und nicht dem König die Treue geschworen.«
Jenny blieb mitten im Hof stehen - König Heinrich hatte angeblich den englischen Adligen verboten, eigene Armeen zu unterhalten und Ritter zu ihrem persönlichen Schutz zu bewaffnen. »Aber ich dachte, das wäre den Edelmännern nicht mehr gestattet.«
»In meinem Fall hat Heinrich eine Ausnahme gemacht.«
»Warum?«
Er zog seine Augenbrauen hoch und sah sie spöttisch an. »Vielleicht, weil er mir vertraut?« spekulierte er, war jedoch nicht gewillt, ihr darüber hinaus noch mehr Klarheit über seine Beziehung zum König von England zu verschaffen.
Kapitel zehn
Nach dem Abendessen rekelte sich Royce neben Jennifer auf seinem Stuhl und legte den Arm auf ihre Lehne. Er beobachtete nachdenklich, wie Jenny die vier Ritter, die noch mit ihnen am Tisch saßen, bewußt bezauberte und in Verwirrung stürzte, um Zeit zu gewinnen. Es erstaunte ihn keineswegs, daß Eustace, Godfrey und Lionel noch lange nach dem Essen in der Halle herumlungerten: Zum einen sah Jennifer in dem himmelblauen Samtkleid mit den cremefarbenen Satinbesätzen hinreißend aus, zum anderen war sie mit einemmal ausgesprochen lebhaft, unterhaltsam und fröhlich geworden. Und heute abend lernten sie eine Seite an ihr kennen, die selbst Royce bis jetzt verborgen geblieben war. Sie erzählte lustige Geschichten über ihr Leben im Kloster und die französische Äbtissin, die unter anderem darauf bestanden hatte, daß Brenna und Jenny ohne schottischen Zungenschlag zu sprechen lernten.
Sie ließ mit
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