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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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den Schlafzimmern aus zur Halle führte, war steil und schmal, genau wie die in Merrick, und so konstruiert, daß mögliche Angreifer, die in die Halle eingedrungen waren und sich den Weg nach oben freikämpfen wollten, wegen der Wand auf der rechten Seite in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt waren, während die Verteidiger das Schwert ungehindert schwingen konnten. Anders als in Merrick hingen hier jedoch überall Spinnweben. Jenny lief ein Schauer über den Rücken, als sie an die langbeinigen Bewohner dieser Netze dachte, und sie beschleunigte ihre Schritte.
    Royce hatte sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt und beobachtete die Treppe. Er biß die Zähne zusammen und zählte in Gedanken die Minuten, bis ihre Zeit abgelaufen war. Die Halle war fast leer, bis auf ein paar der Ritter, die noch herumlungerten und Krüge mit Ale vor sich auf dem Tisch stehen hatten, und den Mägden, die die Reste des Frühstücks wegräumten.
    Die Frist war verstrichen! befand Royce zornig und stieß seinen Stuhl mit solcher Wucht zurück, daß er mit einem lauten Kratzen über den Steinboden rutschte. Plötzlich blieb der Earl wie angewurzelt stehen. Jennifer Merrick schritt in einem weich fließenden, sonnengelben Kleid mit hoher Taille die Treppe herunter. Aber sie war nicht mehr die bezaubernde Nymphe, an deren Anblick er sich gewöhnt hatte. Die junge Frau die auf ihn zukam, war eine Countess, die den größten und prachtvollsten Schlössern alle Ehre gemacht hätte. Ihr Haar, in der Mitte gescheitelt, floß wie eine rotgoldener Wasserfall über ihre Schultern und den Rücken, und an der Taille ringelte es sich zu dicken Locken.
    Das Kleid hatte einen spitzen Ausschnitt, der die Fülle ihrer Brüste betonte, und fiel dann in weichen Bahnen über ihre schmalen Hüften, die an den Handgelenken eng gerafften Ärmel waren so weit, daß die großzügigen Falten bis zu den Knien reichten.
    Royce hatte das eigenartige Gefühl, daß sie zu einer anderen Person geworden war, aber als sie näher kam, konnte kein Zweifel mehr bestehen - er sah die glänzenden blauen Augen und ihr entzückendes Gesicht.
    Sie blieb vor ihm stehen, und sein Wunsch, sie in Besitz zu nehmen, wurde zum unerschütterlichen Entschluß, egal wie viele Schwierigkeiten sie ihm bereitete. Ein bewunderndes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Ihr seid wie ein Chamäleon.«
    »Eine Eidechse?« fragte sie empört.
    Royce verbiß sich das Lachen und versuchte, den Blick von der verlockenden, weichen Haut über dem Ausschnitt loszureißen und sich daran zu erinnern, daß er allen Grund hatte, böse auf sie zu sein. »Ich meinte eigentlich«, führte er sachlich aus, »daß Ihr wandelbar seid.«
    Jenny hatte den eigenartigen Schimmer in seinen grauen Augen durchaus wahrgenommen, als er sie eingehend betrachtet hatte, aber im Augenblick beschäftigte sie seine beunruhigende Erscheinung zu sehr, als daß sie sich darauf hätte konzentrieren können. Er sah gut und sehr elegant aus in der dunkelblauen Jacke aus feinstem Tuch, die seine muskulösen Schultern noch unterstrich und deren bauschige Ärmel bis zu den engen Manschetten mit Silberfäden durchwirkt waren. Ein Gürtel aus silbernen Scheiben, an dem ein kurzes Schwert in mit großen Saphiren besetzter Scheide hing, zierte seine Hüften. Weiter als bis zur Gürtellinie wagte Jenny den Blick nicht zu senken.
    Ihr fiel auf, daß er ihr Haar ansah, und zu spät wurde ihr bewußt, daß sie keine Kopfbedeckung trug. Sie griff nach der weiten gelben Kapuze, die an ihrem Kleid befestigt war, und zog sie sich über die rotgoldene Haarflut.
    »Das ist hübsch«, stellte Royce fest, »aber mir wäre es lieber, wenn Euer Haar unbedeckt bliebe.«
    Heute ist er also wieder geneigt, seinen Charme spielen zu lassen, dachte Jenny mit sinkendem Mut. Es fiel ihr leichter, in offener Feindseligkeit als freundlich mit ihm umzugehen. Doch sie zwang sich, ein Problem nach dem anderen anzugehen, und befaßte sich erst einmal mit dem Vorschlag, die Kapuze wieder abzunehmen. »Wie Ihr sicherlich wißt«, erwiderte sie kühl, aber höflich, als er einen Stuhl für sie heranzog, »schickt es sich nur für ganz junge Mädchen und Bräute, sich ohne Kopfbedeckung sehen zu lassen. Eine Frau ist angehalten, ihre ...«
    »Reize zu bedecken?« beendete Royce den Satz für sie und musterte anerkennend ihr Gesicht und ihr Dekollete.
    »Ja.«
    »Weil Eva Adam mit dem Apfel verführt hat?« mutmaßte er und stellte damit klar, daß er diesen Brauch für

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