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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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voller Absicht ihren ganzen Charme spielen, und als Royce müßig den Stiel seines silbernen Weinkelchs zwischen den Fingern drehte, empfand er über ihren hilflosen Versuch, der unausweichlichen Begegnung mit ihm allein so lange wie möglich aus dem Weg zu gehen, sowohl Amüsement als auch Verärgerung.
    Sie hatte ein schillerndes Ereignis aus einer ziemlich faden Mahlzeit gemacht - es gab geröstetes Hammel- und Gänsefleisch, fettiges Stew und Pasteten, die mit etwas gefüllt waren, das Royce an braunen Haferschleim erinnerte. Das Essen in Hardin, dachte er angewidert, ist kaum besser als die Verpflegung auf dem Schlachtfeld.
    Wäre Jennifer nicht dazu entschlossen gewesen, so unterhaltsam zu sein, hätten die Ritter sicher nur genug gegessen, um sich die Mägen zu füllen, und sich ohne Zaudern zurückgezogen. Royce wußte natürlich, daß Jenny all ihre Anstrengungen nur unternahm, um nicht mit ihm nach oben gehen zu müssen.
    Sie brachte Godfrey, Lionel und Eustace gerade mit einer Anekdote zum Lachen, und Royce warf einen beiläufigen Blick auf Arik, der zu seiner Linken saß. Mit Vergnügen stellte er fest, daß Arik als einziger Mann an diesem Tisch Jennys Zauber nicht erlegen war. Er hatte den Stuhl nach hinten gekippt, fixierte Jenny aus leicht zusammengekniffenen Augen und verschränkte abwehrend die mächtigen Arme vor der breiten Brust. Seine Haltung machte deutlich, daß er sich nicht von ihrer zur Schau gestellten Leutseligkeit täuschen ließ und ihr nicht über den Weg traute.
    Eine ganze Stunde hatte Royce sie gewähren lassen und sich vorgenommen, ihre Gesellschaft und die Vorfreude auf das Kommende zu genießen. Aber jetzt konnte er sich mit der Vorfreude nicht mehr zufriedengeben.
    »Royce ...« Godfrey lachte herzlich, »war das nicht eine köstliche Geschichte?«
    »O ja«, stimmte Royce zu, und statt rüde aufzuspringen und die fröhliche Runde auf diese Weise zu sprengen, entschied er sich für eine subtilere Methode. Er bedachte Godfrey mit einem strengen Blick, der klarmachte, daß dieses Abendessen beendet war.
    Zu beschäftigt mit ihren eigenen Sorgen, um auf die vielsagenden Mienen der Männer zu achten, drehte sich Jenny mit einem strahlenden Lächeln zu Royce um und überlegte dabei fieberhaft, was ihr noch einfiel, um die Männer länger am Tisch festzuhalten. Aber ehe sie das Wort ergreifen konnte, schoben die Ritter ihre Stühle zurück und standen auf, wünschten hastig eine gute Nacht und ließen sich vor dem Kamin nieder.
    »Meint Ihr nicht, daß dieser plötzliche Aufbruch ein wenig seltsam ist?« fragte Jenny ratlos.
    »Ich hätte es weit seltsamer gefunden, wenn sie noch länger hiergeblieben wären.«
    »Wieso?«
    »Weil ich angeordnet habe, daß sie gehen sollen.« Er erhob sich ebenfalls, und der Moment, vor dem sich Jenny schon den ganzen Tag gefürchtet hatte, war da. Seine silbernen Augen blitzten gebieterisch, während er die Hand ausstreckte. Ihre Knie zitterten, als sie aufstand, und zaghaft reichte sie ihm ihre Hand, zog sie aber im letzten Augenblick zurück. »Ich ... ich habe nicht gehört, daß Ihr etwas zu ihnen gesagt habt«, murmelte sie.
    »Ich bin sehr diskret vorgegangen, Jennifer.«
    Oben blieb er vor seinem Zimmer stehen, stieß die Tür auf und ließ Jennifer den Vortritt.
    Im Vergleich zu ihrem Kämmerchen war dies ein geräumiges, verschwenderisch ausgestattetes Gemach. Außer dem riesigen Himmelbett standen hier noch vier bequeme Sessel und einige große Truhen mit Messingbeschlägen. An den Wänden hingen Gobelins, und vor dem gemauerten Kamin, in dem ein wärmendes, helles Feuer brannte, lag ein dicker Fellteppich. Mondlicht drang durch das Fenster; daneben befand sich eine Tür, die offensichtlich zu einem kleinen Balkon führte.
    Jenny hörte, wie die Tür hinter ihr mit einem gedämpften Laut ins Schloß fiel. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. In dem Bestreben, irgend etwas zu unternehmen, das Royce davon abhalten könnte, sein Vorhaben sofort auszuführen, flüchtete sie sich in den Sessel, der am weitesten vom Bett entfernt stand, und faltete sittsam die Hände im Schoß. Sie setzte ein freundliches Lächeln auf, während sie in aller Eile nachdachte, welches Thema ihn interessieren könnte. »Ich habe gehört, daß Ihr noch nie in einer Schlacht vom Pferd gestoßen wurdet«, sagte sie schließlich und beugte sich wißbegierig ein Stück vor.
    Ganz anders als seine Ritter kurze Zeit zuvor, fiel der Earl of Claymore nicht auf ihre List herein.

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