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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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Statt mit seinen Heldentaten zu prahlen, nahm er ihr gegenüber Platz, schlug ein Bein über das andere, so daß sein Stiefel auf einem Knie lag, und musterte sie schweigend.
    Seit dem Moment, in dem sie ihm ihre Hand beim Aufstehen in der Halle verweigert hatte, plagte Jenny das ungute Gefühl, daß er genau wußte, wie sehr sie auf ein Wunder hoffte, das sie davor bewahren würde, ihren Teil des Handels zu erfüllen, und daß er über ihr Benehmen keineswegs erfreut war. Sie sah ihn aus großen Augen an und verdoppelte ihre Anstrengungen, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. »Ist das wirklich wahr?« fragte sie übereifrig.
    »Was?« erwiderte er gleichgültig.
    »Daß Ihr nie aus dem Sattel geworfen wurdet.«
    »Nein.«
    »Ach«, rief sie aus. »Dann ... äh ... wie oft ist es passiert?«
    »Zweimal.«
    »Zweimal!« Selbst zwanzigmal wäre bei den vielen Kriegen, die er geführt hatte, eine äußerst geringe Quote gewesen! dachte sie und zitterte vor Angst um ihre Clansmänner, die ihm bald die Stirn bieten mußten. »Ich verstehe. Das ist bewundernswert, wenn man bedenkt, wie oft Ihr in all den Jahren auf dem Schlachtfeld gewesen sein müßt. In wie vielen Schlachten habt Ihr eigentlich gekämpft?«
    »Ich habe sie nicht gezählt, Jennifer.«
    »Vielleicht solltet Ihr das tun. Oh, ich habe eine Idee! Ihr erzählt mir von jeder, und ich zähle mit«, schlug sie ein wenig zu stürmisch vor. Ihre innere Spannung wuchs von Minute zu Minute, und seine knappen Antworten versetzten sie nur noch mehr in inneren Aufruhr. »Sollen wir gleich damit anfangen?«
    »Nein.«
    Jenny schluckte schwer - sie spürte, daß sich ihre Galgenfrist dem Ende zuneigte und kein Schutzengel in den Raum schweben würde, sie vor ihrem schlimmen Schicksal zu bewahren.
    »Was ... was ist mit den Turnieren? Seid Ihr bei Turnieren vom Pferd gestoßen worden?«
    »Ich habe mich nie auf Turnieren mit anderen Rittern gemessen.«
    Jenny war so erstaunt, daß sie momentan ihre eigenen Sorgen vergaß. »Warum nicht? Bestimmt wollen viele Eurer Landsmänner ihren Mut beweisen - hat Euch noch niemand herausgefordert?«
    »Doch.«
    »Aber Ihr habt die Herausforderungen nicht angenommen?« vergewisserte sie sich.
    »Ich kämpfe in Kriegen, nicht auf Turnierfeldern. Ein Turnier ist nichts weiter als ein Spiel.«
    »Das stimmt, aber denken die Leute nicht ... glauben sie nicht, daß Ihr Euch aus Feigheit verweigert? Oder daß Ihr in Wirklichkeit vielleicht gar kein so tapferer Ritter seid, wie man sich erzählt?«
    »Möglich. So, jetzt möchte ich Euch eine Frage stellen«, warf er unvermittelt ein. »Hat diese plötzliche Sorge um mein Kriegsgeschick und mein Ansehen als Ritter etwas mit unserer Abmachung zu tun? Kann es sein, daß Ihr hofft, jetzt noch einen Rückzieher machen zu können?«
    Statt ihn zu belügen, wie Royce es im Grunde erwartet hätte, überraschte sie ihn, indem sie hilflos flüsterte: »Ich habe Angst. Ich fürchte mich mehr als je zuvor in meinem Leben.«
    Der Verdruß, den ihre Verzögerungstaktik hervorgerufen hatte, löste sich im Nu in Luft auf, und als er sah, wie steif und aufrecht sie im Sessel saß, wurde ihm bewußt, daß er allen Ernstes erwartet hatte, daß diese entzückende Unschuld das kommende Ereignis so gelassen hinnehmen würde wie eine der erfahrenen Kurtisanen, die er sich bei Hofe in sein Bett geholt hatte.
    Er stand auf, streckte die Hand aus und forderte mit sanfter Stimme: »Komm her, Jennifer.«
    Ihre Knie waren butterweich, aber sie erhob sich und ging zu ihm. Dabei versuchte sie ihr Gewissen zu besänftigen und redete sich ein, sie würde durch diese Tat keine Sünde und keinen Verrat begehen. Sie opferte sich selbst, damit ihre Schwester gerettet wurde, und das war sehr nobel, sogar tugendhaft. In gewisser Weise ähnelte sie, wie Brenna gemeint hatte, tatsächlich Jeanne d'Arc, wenn sie dieses Martyrium auf sich nahm.
    Vorsichtig legte sie ihre eiskalte Hand in seine warme und sah zu, wie sich seine langen, sonnengebräunten Finger um die ihren schlossen. Seltsam, aber diese Berührung und sein zwingender Blick beruhigten sie etwas.
    Als er sie in die Arme nahm, sie an seinen muskulösen Körper zog und seine Lippen über ihren Mund strichen, verflogen ihre Gewissensbisse von einem Moment zum anderen. Dieser Kuß war ganz anders als die anderen, weil Royce diesmal wußte, wie seine Liebkosungen enden würden. Seine Zunge verschaffte sich mit gottloser Gier Einlaß und tauchte tief in die süße Wärme.

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